Aus diesem Grund nahmen Mittwochnachmittag rund 400 Bürgermeister aus ganz Österreich bei einer Konferenz mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Gemeindebundpräsident Alfred Riedl, Bundeskriminalamt und DSN (Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst) teil. Bürgermeister sollen auf mögliche Konfliktsituationen vorbereitet werden. Sie werden in den kommenden Tagen von der Polizei kontaktiert und beraten.
Rote Linie
„Wenn rote Linien überschritten werden, durch Drohungen oder Aufmärsche vor Wohnhäusern von Bürgermeistern, müssen wir unseren Rechtsstaat und jene, die ihn wesentlich tragen, schützen und konsequent gegen die Straftäter vorgehen“, sagt Nehammer.
„Wir alle haben das Virus satt. Aber wir haben die Pandemie noch nicht überwunden. Wir stellen uns klar und deutlich schützend vor unsere Bürgermeister und alle, die sich in den Gemeinde für die Gemeinschaft engagieren“, erklärt Gemeindebundpräsident Riedl.
Extremismusforscher Stefan Goertz sieht ein weites Bedrohungsfeld: Beginnend von aggressiver Rhetorik in sozialen Netzwerken und bei Demonstrationen. Bei Anrufen oder via eMails. Corona-Demonstranten könnten vor Rathäusern, Impfzentren, Krankenhäusern oder öffentlichen Einrichtungen demonstrieren – oder schlimmer: Sie blockieren. Schon Mitte November sorgte eine Corona-Demo für Aufsehen, die ausgerechnet vor der Klinik Wels endete.
Buttersäure
Auch Sachbeschädigungen bis hin zu Brandanschlägen schließt Goertz nicht aus. Ebenso kann es zu körperlicher Gewalt kommen. In Deutschland etwa verschickten Impfgegner Büttersäure an einen Arzt.
Die Teilnehmer der Coronademos stammen aus unterschiedlichen Strrömungen. Ein harter Kern von Radikalen wird von einer unpolitischen Masse begleitet. „Doch die kann sich in dieser Pandemie durch radikale und extremistische Ideologie-Elemente und Verschwörungserzählungen individuell radikalisieren", befürchtet Goertz.
„Wir gegen die anderen“, lautet das Motto. In sozialen Netzwerken wird diese Stimmung aufgeheizt. Aktuell etwa wegen der Impfung von Kindern. Gewalt wird als notwendig und legitim dargestellt. Als im vergangenen September ein Tankstellen-Mitarbeiter von einem Maskenverweigerer erschossen wurden, wurde der Täter in Schutz genommen: „Kein Mitleid. Die Leute immer mit dem Maskenscheiß nerven“.
DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner bestätigt: "Die aktuellen Proteste und die Hasskriminalität sind für uns ein Riesenproblem." Die Corona-Maßnahmengegner seien momentan die größte Bedrohung.
Drohungen gegen die Familien
Manuel Scherscher, der stellvertretende Direktor des Bundeskriminalamtes, beobachtet: "Viele dieser Bedrohungen wandern über meinen Schreibtisch. Was an Beschimpfungen, Beleidigungen und persönlichen Drohungen passiert, hat es in dieser Qualität noch nicht gegeben." Bedroht werden nicht nur die Politiker, sondern auch deren Familien oder Kinder. Drohungen werden aber auch gegen Impfstraßen oder Krankenhäuser ausgesprochen.
Scherscher rät den Bürgermeistern: Bei Drohungen - Screenshots machen, Beweise sammeln. Und entsprechende Postings löschen lassen. Bei persönlichen Drohungen: "Nicht lange diskutieren, besser den Polizeinotruf wählen."
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