Britische Inkasso-Sheriffs treiben massenhaft kroatische Strafen ein

Die Eintreiber untermauern ihre Forderungen mit Fotobeweisen
Vermutlich Hunderte Österreicher erhalten Rechnungen für Jahre lang zurückliegende Parkvergehen.

Im Postkasten liegt ein Brief mit britischem Absender. Der Umschlag enthält eine "Zahlungsaufforderung" der Euro Parking Collection (EPC) in London. Im Namen von Zagrebparking werden rund 80 Euro für einen "Verstoss (sic!) gegen die Parkbestimmung" in der kroatischen Hauptstadt gefordert.

Als Beweis für das Vergehen sind zwei Fotos des eigenen Autos angefügt. Auf einem der Bilder ist ein Strafzettel hinter der Windschutzscheibe zu sehen. Und schon wird tief in den Erinnerungen gekramt: Habe ich bei dem Städtetrip 2012 einen Strafzettel bekommen und vergessen, ihn zu bezahlen?

Die Antwortet lautet: Vielleicht. Das angeblich Vergehen liegt doch fast fünf Jahre zurück. Und dann bleibt noch die Frage: Ist das eine Abzocktrick? Immerhin ist es höchst befremdlich, dass eine britische Firma kroatische Parkstrafen eintreibt. Offenbar kein Einzelfall. Ein Bekannter meldet sich, der ebenfalls einen solchen Brief bekommen hat.

"Es dürfte sich um eine neue Welle handeln", sagt ÖAMTC-Rechtsexpertin Veronika Pronebner. Sie kennt das Phänomen: "Viele kroatische Städte haben ihre Parkraumbewirtschaftung an private Unternehmen ausgelagert, die das Geld von darauf spezialisierten Inkassobüros eintreiben lassen." Die britische EPC ist so eines.

Der ÖAMTC wurde erstmals 2015 mit der Problematik konfrontiert. Hunderte Club-Mitglieder bekamen damals Schreiben eines slowenischen Anwalts, der Geldstrafen in Höhe von mindestens 140 Euro für Falschparken einforderte. Der ÖAMTC ging davon aus, dass Tausende solcher Briefe nach Österreich geschickt wurden.

"Seither passiert das immer wieder in Schüben", sagt Pronebner. Der ÖAMTC prüft Einzelfälle auf Anfrage und erkämpft in der Regel bei überhöhten Forderungen Nachlässe. "Wenn für ein Vergehen, das in Kroatien mit 20 Euro aus der Welt geschafft wäre, 150 Euro verlangt werden, ist das überzogen", sagt Pronebner.

Lassen nicht locker

Ist man der Ansicht, dass die Forderung zu Unrecht besteht, sollte man Einspruch erheben. Problematisch ist, dass die vermeintlichen Delikte wie auch im konkreten Fall oft lange her sind. Parksünder, die auf die Bezahlung der Strafe vergessen haben, sollten diese besser begleichen. Denn die Inkassounternehmen lassen in der Regel nicht locker. Und wie ein möglicher Rechtsstreit endet, ist laut Expertin ungewiss.

Prinzipiell verjähren die Ansprüche nach fünf Jahren. Im Gegensatz zu Polizeistrafen handelt es sich übrigens um zivilrechtliche Forderungen. Mitunter angedrohte Probleme an der kroatischen Grenze sind demnach in keinem Fall zu befürchten.

Um gar nicht erst mit derartigen Problemen konfrontiert zu werden, rät der ÖAMTC in kroatischen Kurzparkzonen immer Tickets zu lösen. Zudem sollten Auto- und Motorradfahrer einen Fotobeweis von Ticket und Fahrzeug machen und diesen dann bis zum Ablauf der Verjährungsfrist für Forderungen aufbewahren

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