Borkenkäfer-Alarm: Bedrohung durch verheerenden Baumtod

Durch das Südportal des Felbertauerntunnels geht es vom Dunkel hinaus ins Licht. Und schon ist man mittendrin in der imposanten Bergwelt Osttirols. Bäche rauschen von den steilen Flanken nahe der Straße. In der Ferne sind die Gletscher zu sehen. Es ist immer wieder beeindruckend.
Doch schnell wird das Bild auf der Fahrt Richtung dem rund 50 Kilometer entfernten Lienz getrübt. Auf der gesamten Strecke durch das Iseltal tun sich riesige braune Flecken in den ansonsten dichten Fichtenwäldern auf. Es sind abgestorbene Bäume, kreuz und quer liegendes Totholz oder kahl geschlagene Hänge.
Es sind die verheerenden Spuren des Borkenkäfers und des Kampfs gegen ihn, der nicht nur diesen Teil der Region prägt. Der ganze Bezirk ist eine einzige Krisenzone. Die Ausmaße des Baumsterbens sind schier unfassbar.
„Im vergangenen Jahr wurden rund 1,2 Millionen Bäume in Osttirol vom Borkenkäfer befallen. Heuer wird sicher wieder diese Dimensionen erreicht“, sagt Tirols Landesforstdirektor Josef Fuchs. Diese enormen Schäden lassen auch den Profi nicht kalt: „Ich bin immer wieder aufs Neue betroffen, wenn ich nach Osttirol komme und immer wieder neue Schadbilder sehe. Und es ist kein Ende in Sicht.“ Die Borkenkäfer fressen sich mittlerweile seit mehreren Jahren durch Osttirol.
Klimawandel in Echtzeit
Hier können die Auswirkungen des Klimawandels in den Alpen in Echtzeit beobachtet werden. Denn der bringt eine Zunahme von Extremwetterereignissen, der hier dem Schädling Tür und Tor geöffnet hat.
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Im Jahr 2018 fegte der Sturm Vaia durch die Osttirols Wälder und ließ die Bäume brechen, 2019 und 2020 brachten die Tiefdruckgebiete Ingram und Virpy erdrückende Schneemassen. Fast zwei Millionen Kubikmeter Schadholz fielen durch diese Ereignisse an.
Ein gefundenes Fressen für den Borkenkäfer. Inklusive der von ihm zerstörten Bäume sind inzwischen rund drei Millionen Kubikmeter Schadholz angefallen und so gut als möglich aus dem Wald gebracht worden. Trotz intensiven Einsatzes von Mensch und Maschine eine Sisyphusarbeit. „Wir haben alles versucht“, sagt Fuchs. Aber der Borkenkäfer wütet weiter.

Gefahr für Bevölkerung
Das massenhafte Baumsterben hat nicht nur die Landschaft Osttirols grundlegend verändert, es gefährdet auch die Bevölkerung. „Die Sicherheit ist das größte Problem, weil die Schutzfunktion des Waldes nicht mehr gegeben ist“, sagt Josef Mair, Bürgermeister von Außervillgraten – einer der besonders betroffenen Gemeinden.
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Er schätzt, dass etwa die Hälfte des Siedlungsgebiets in seinem Dorf bedroht ist. „Es ist wirklich eine Unsicherheit da bei den Menschen, niemand weiß, wie es weitergeht. Die braunen Flecken gehen immer weiter“, sagt Mair.
1,2 Millionen Bäume
wurden alleine im besonders extremen Schadjahr 2022 in Osttirol von den Borkenkäfern befallen. Heuer dürften es erneut so viele werden
3 Millionen Kubikmeter
Schadholz sind in dem Bezirk seit 2018 angefallen. Eine Serie von Naturkatastrophen hat zunächst zwei Millionen Kubikmeter Wald zerstört. Ein Einfallstor für den Borkenkäfer. Auf seine Kappe geht eine weitere Million Kubikmeter Schadholz – bisher
In Osttirol sind rund 80 Prozent der Wälder Schutzwälder, die Häuser, Straßen und andere Infrastruktur vor Lawinen, Muren und Steinschlag behüten.
Milder Winter als Glück
„Zum Glück hatten wir einen milden Winter“, sagt der Bürgermeister mit Blick auf die Lawinengefahr. Solche Witterungsverhältnisse begünstigen gleichzeitig aber auch die Ausbreitung des Borkenkäfers. „Da beißt sich die Katze in den Schwanz“, weiß auch Mair um das Dilemma.
Parallel zum Kampf gegen die Käfer läuft ein riesiges Programm zur Wiederaufforstung (siehe links). Je nach Hang- und Höhenlage kann es aber bis zu 50 Jahre dauern, bis die Schutzfunktion des Waldes wieder hergestellt ist. Enorm teure Schutzbauten müssen als Überbrückung errichtet werden. Denn: „Es darf nicht so weit kommen, dass abgesiedelt werden muss“, so Mair.
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