Bonus und Gutschriften: Ein Mietpreis-Paket nur für Wien

Bonus und Gutschriften: Ein Mietpreis-Paket nur für Wien
200-Euro-Bonus für rund 650.000 Haushalte. Für Bewohner im Gemeindebau gibt es Gutschriften. Ludwig bekräftigt Forderung nach Mietpreis-Bremse durch den Bund.

Die Episode ist symbolhaft für das (vorsichtig formuliert) etwas unkoordinierte Auftreten der SPÖ in der Öffentlichkeit: Bei ihrer Ansprache bei der Klubklausur der Wiener SPÖ im burgenländischen Frauenkirchen wetterte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner gegen die Einmalzahlungen der Bundesregierung im Kampf gegen die Teuerung. Diese hätten keinen Effekt.

Nur wenige Minuten später präsentierte der nächste Redner auf der Bühne, Bürgermeister Michael Ludwig, ausgerechnet ein Bündel an Einmalzahlungen, um Wienern zu helfen, die unter den explodierenden Mietpreisen zu leiden haben. Das Maßnahmenpaket, der inhaltliche Höhepunkt der diesjährigen Tagung, umfasst fünf Punkte. Insgesamt gibt die Stadt dafür rund 200 Millionen Euro aus.

Bonus über 200 Euro

Er orientiert sich am System des im Vorjahr beschlossenen Energiebonus. Im Sommer können Menschen, die bestimmte Einkommensgrenzen erfüllen, um eine Einmalzahlung von 200 Euro ansuchen. Die Limits sind ein Brutto-Jahreseinkommen von 40.000 Euro bei Einpersonen- bzw. 100.000 Euro bei Mehrpersonenhaushalten. Profitieren sollen von dieser Maßnahme bis zu 650.000 Haushalte. Unabhängig davon, ob sie sich in Miet-, Eigentums- oder Gemeindewohnungen befinden.

Sonderzahlungen

Ebenfalls im Sommer erhalten die 220.000 Mieter im Gemeindebau eine Sonderzahlung über die Hälfte einer Monatsmiete (Hauptmietzins ohne Betriebskosten und Umsatzsteuer). Dabei geht es im Schnitt um 120 Euro. Allein für diese Maßnahme sind rund 26 Millionen Euro vorgesehen. Ausgenommen von dieser Gutschrift sind die Mieter von Lokalen, Garagen oder Stellplätzen.

Gutschrift nach Mieterhöhungen

Ende des Jahres erhalten jene Gemeindebau-Mieter, die 2022/23 von einer Mieterhöhung betroffen waren, eine Gutschrift im Verhältnis ihrer Mietpreis-Erhöhung.

Erleichterungen bei Raten-Zahlungen

Bei Mietern, die in Zahlungsrückstand geraten sind, soll es massive Erleichterungen bei den Raten-Rückzahlungen geben. Aktuell werden Ratenvereinbarungen nur abgeschlossen, wenn im Rahmen einer Anzahlung 50 Prozent aller Rückstände zurückgezahlt werden. Viele Betroffene schaffen das nicht. Künftig soll daher eine Ratenzahlung bereits ab einer Anzahlung von 25 Prozent der Rückstände möglich sein.

Hilfe für Härtefälle

Wiener Wohnen wird der MA 40 (Soziales) zusätzliche Mittel für Mieter mit geringem Einkommen zur Verfügung stellen. Das Zusatzbudget soll Härtefällen im Gemeindebau zu Gute kommen.

Dass das Paket nicht ganz mit der Kritik an den Einmalzahlungen des Bundes zusammenpasst, scheint der Wiener SPÖ durchaus bewusst zu sein. Um den Widerspruch aufzuheben, schiebt man einmal mehr der Bundesregierung den Schwarzen Peter zu: „Natürlich handelt es sich bei dem Paket nur um die zweitbeste Lösung. Wir müssten in Wien aber nicht dauernd Einmalzahlungen durchführen, wenn der Bund eine Miet- oder Gaspreisbremse beschließen würde“, argumentiert Klubchef Josef Taucher.

"Es gibt neun Bundesländer"

Ähnlich argumentiert auch Ludwig. Der Bund würde, so ist er überzeugt, bloß aus einem Grund solche Maßnahmen verweigern: Wien mit seinem hohen Anteil an Gasversorgung und Wohnungen mit Richtwert-Mieten, würde davon besonders profitieren.

Geldsorgen
Mehr als 40 Prozent der Wiener würden aktuell mit den hohen Wohnkosten zu kämpfen haben. Das zeigt zumindest eine von der Wiener SPÖ beauftragte Umfrage

Geschlecht
Frauen, insbesondere im Alter von 30 bis 60 Jahren, sind häufiger betroffen. Bei den Männern sind es laut der Umfrage eher die Unter-30- und die Über-60-Jährigen

Bezirke
Die meisten Menschen, die unter hohen Wohnkosten zu leiden haben, leben in den klassischen Arbeiterbezirken Favoriten und Simmering 

„Die Regierung wird sich aber daran gewöhnen müssen, dass es nicht acht, sondern neun Bundesländer gibt“, poltert Ludwig. Nachsatz: „Wir sind Nettozahler im Bund und werden in den laufenden Finanzausgleich-Verhandlungen darauf auch hinweisen.“ Ludwig bekräftigt seine Forderung nach einem (zeitlich begrenzten) bundesweiten Mietpreisdeckel und einer Mietrechtsreform.

Doch warum beschließt Wien in seinen Gemeindewohnungen nicht einfach selber einen Deckel für die Richtwert-Mieten? Davon würden nur etwa 40 Prozent der dortigen Mieter profitieren, so Ludwig. Umgekehrt gebe es viele private Wohnungen mit Richtwert-Mieten. Diese würden dann leer ausgehen.

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