Bioethik-Vorsitzende Druml: "Pandemie ist keine Privatsache"

CORONAVIRUS: PK "PRO UND CONTRA ZUR ÖFFNUNGSSTRATEGIE": DRUML
Christiane Druml stößt sich an der "Eigenverantwortung". Sie hätte zumindest die Masken in den Öffis beibehalten

Christiane Druml, die Vorsitzende der Bioethik-Kommission, ist mit den neuen Regeln, die ab dem 1. Juni gültig sind, nicht sonderlich zufrieden. Ginge es nach ihr, hätte die Maskenpflicht vor allem in den Öffis weiterhin gültig sein sollen. "Ich hätte eine differenzierte Anwendung vorgezogen, aber durchaus in gewissen Bereichen, wie dem öffentlichen Verkehr, die Maske belassen", sagt sie im Ö1-Morgenjournal.

Druml versteht, dass "die Leute nicht gerne eine Maske tragen, wenn es draußen heiß ist. Es ist für niemanden angenehm, aber der Nutzen der Maske, die ja doch das gelindeste Mittel ist, der ist nicht bestritten." Für sie bleibt aber vor allem eine Gefahr für den Herbst: "Wenn sie (die Maskenpflicht, Anm.) von einem Tag auf den anderen generell wegfällt, dann ist die Frage, wie man die Leute im Herbst wieder motiviert, wenn man dann mehr in Innenräumen ist oder es eine gefährlichere Variante gibt."

"Eigenverantwortung nur mit Solidarität"

Die viel zitierte Eigenverantwortung, die auch von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bei der Pressekonferenz am Dienstag ins Treffen geführt wurde, ist für die Bioethik-Expertin nicht klar definiert: "Man sollte sich den Begriff Eigenverantwortung noch einmal genau ansehen. Ich bin selbst im Stande unvernünftig zu handeln. Das ist dann meine Eigenverantwortung. Das hat aber dann nichts mit Solidarität mit anderen Menschen zu tun. Also Eigenverantwortung ja, aber nur mit Solidarität gemeinsam." 

 

Ob und wann wir einen vierten Stich brauchen ist noch unklar. Rauch hatte am Dienstag angekündigt, dass es im Herbst eine Aufforderung zur Auffrischung geben werde. Die Impfpflicht bleibt aber weiterhin ausgesetzt. Zumindest in manchen Bereichen ist das ein Fehler, wie Druml meint.

Sie spricht sich auf für eine Impfpflicht in Gesundheitsberufen aus, denn "diese Menschen haben eine gewisse Verantwortung gegenüber anderen Personen. Und dementsprechend sollten sie auch selbst geschützt sein. Damit sie selbst nicht erkranken und auch andere nicht anstecken. Das schlägt die Bioethik-Kommission schon seit langen Jahren vor, auch für andere Krankheiten, doch das ist bisher nicht geschehen."

"Pandemie ist keine Privatsache"

Die Vorsitzende jener Bioethik-Kommission spricht sich auch für eine Impfpflicht für Menschen über 60 Jahren aus: "Eine Pandemie ist keine Privatsache. Wir sind alle in einer Gesellschaft und hier müssen wir an verschiedene Dinge denken. Und wenn ich selbst gefährdet bin, dann muss ich mich selbst schützen, damit das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Und in einer Situation wie jetzt in einer Pandemie, kann einem der Staat diese Entscheidung aus der Hand nehmen."

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