Billige Implantate: Die Angst bleibt

Gerichtsentscheid: Firmengründer Jean-Claude Mas hat Patientinnen ...
Vier Jahre Haft für französischen Firmenchef. Betroffene Frauen sind erleichtert.

Karin Gasser muss ihr Leben lang mit möglichen Konsequenzen leben. Die Friseurin aus Lieserbrücke in Kärnten ist eine von 400.000 Frauen, denen billige PIP-Brustimplantate eingesetzt wurden. Bei der Kärntnerin wurden sie undicht, rannen aus. Sie hat das billige Industriesilikon für immer im Körper. Das kann Entzündungen, im schlimmsten Fall aber auch Krebs verursachen.

Am Dienstag wurde PIP-Gründer Jean-Claude Mas in Frankreich zu vier Jahren unbedingter Haft, 75.000 Euro Geldstrafe plus Berufsverbot verurteilt; nicht rechtskräftig. „Genugtuung ist das keine“, sagt Gasser. „Aber zumindest zeigt das, dass man damit nicht ungestraft davonkommt.“

73 Österreicherinnen

Rund 7400 Frauen hatten sich bei dem Verfahren in Marseille als Privatbeteiligte angeschlossen. 73 davon aus Österreich – der Verein für Konsumenteninformation (VKI) vertrat sie. Schadenersatz haben sie bis heute keinen bekommen. Die Firma PIP ist pleite, der Firmengründer angeblich ebenso. Die Versicherung sträubt sich – ein Rechtsstreit mit dem VKI läuft.

Karin Gasser geht’s nicht ums Geld. „Es geht um die Gesundheit“, sagt sie. Nach einer Schwangerschaft hatte sie entschieden, sich die Brust machen zu lassen. „Die erste Operation war ein optischer Verhau“, sagt sie. „Dann bin ich auf Empfehlung nach Karlsruhe gegangen. Das optische Ergebnis war super, aber es war das falsche Produkt“, erinnert sie sich. Dass sie PIP-Implantate hat, wusste sie gar nicht. „Ich habe davon in den Medien erfahren, hab mir noch gedacht: Die armen Frauen.“ Ein Blick in den Implantate-Pass machte allerdings klar: Auch sie gehört dazu. Was sie besonders ärgert: „Dass die Implantate ein TÜV-Siegel hatten.“

Auch die Grazer Beamtin Marie-Claude Putier ist eine Betroffene. Das Urteil gegen den Firmenchef nahm sie mit Genugtuung auf. „Er verdient’s, er ist zur Rechenschaft gezogen worden.“ 2009 musste ihr nach der Krebsdiagnose die rechte Brust abgenommen und durch ein Implantat ersetzt werden. Doch wie sich herausstellte, war auch bei ihr eines von PIP verwendet worden.

Im Jänner 2011 wurde die damals 44-Jährige deshalb erneut operiert, um das Implantat auszutauschen. „Gott sei Dank war es aber in Ordnung, es war in intakt, es ist nicht gerissen“, erinnert sich Putier. Ihr Schicksal ist einer jener drei Fälle, die vom VKI für eine Musterklage ausgewählt wurden. Die rechtlichen Fragen rund um Schadenersatz werden vom Verein geregelt, aber es ginge nicht in erster Linie um finanzielle Wiedergutmachung, betont Putier. „Die Nervensache kann man mit Geld nicht aufwiegen. Es geht um Gerechtigkeit. Es kann doch nicht sein, dass jemand etwas billig verkauft, das gesundheitsschädlich sein kann.“

Der 74-jährige Jean-Claude Mas hat gegen das Urteil übrigens berufen. Er sei „enttäuscht, aber nicht überrascht“, sagte sein Anwalt Yves Haddad. Der Firmenchef bleibt vorläufig auf freiem Fuß.

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