Mit Erfolg: Am 30. September konnte verkündet werden, dass die neue Netzkarte vom Start weg in ganz Österreich gültig sein wird. Von ihrem ursprünglichen Plan eines 1-2-3-Tickets (ein Bundesland um einen, zwei um zwei, ganz Österreich um drei Euro pro Tag) hatte sich Gewessler da ohnehin schon verabschiedet.
Mangelnde Infrastruktur
Klar ist aber auch: leistbare Tickets sind das eine, attraktive Verbindungen das andere. Im ländlichen Raum sieht es teilweise noch düster aus; hier rächt sich die jahrzehntelange Vernachlässigung des öffentlichen Verkehrs. Zwar wird mittlerweile ein Infrastrukturpaket nach dem anderen präsentiert, doch die Umsetzung vieler Maßnahmen braucht Zeit.
So werden auch die ÖBB nicht müde, sich über den – auch durch das Klimaticket induzierten – Fahrgastzuwachs zu freuen, gleichzeitig aber darauf hinzuweisen, dass die Produktion neuer Züge eben eine Angelegenheit von Jahren, nicht von Monaten sei.
Insbesondere die Abdeckung der letzten Meile erfordert zudem den Mut, mit verschiedenen Mikro-ÖV–Modellen wie etwa Anruf-Sammeltaxis zu experimentieren. Hier muss man die Menschen im wahrsten Sinn des Wortes abholen, will man sie dazu bringen, auf das Auto zu verzichten – unumgänglich für jegliches Klimaziel und schlussendlich der Hauptgrund für die Einführung des Klimatickets.
Weiterentwicklung
Entwicklungspotenzial gibt es zudem in einigen Teilbereichen, von der Fahrradmitnahme bis zu digitalen Angeboten. Die noch vor einem Jahr zu hörende Kritik, man müsse erst das Angebot ausweiten, bevor man ein günstiges Ticket anbiete – sozusagen die Klimaticket-Variation des Henne-Ei-Problems – ist jedoch verstummt.
Michael Schwendinger vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) plädiert überhaupt dafür, die Sache von der anderen Seite zu betrachten: „Das Klimaticket war der notwendige Schub, der erst dazu geführt hat, dass alle Verkehrsverbünde und Stakeholder miteinander reden müssen.“
Aus einer Hand
Vernetzung ist auch das Stichwort, wenn es um das wohl größte Problem des Klimatickets geht: den Zugang zu unterschiedlichen Mobilitätsangeboten aus einer Hand. Die Menschen erwarten sich heute zurecht Niederschwelligkeit. Das bedeutet auch, sich nicht für den öffentlichen Verkehr, die Fahrradbox am Bahnhof, Bikesharing, E-Carsharing und den Gemeindebus jeweils extra registrieren zu müssen.
Das Klimaticket hätte das Potenzial, in weiterer Folge zu dieser alles umfassenden Mobilitätskarte zu werden – bei entsprechendem politischen Willen und Verhandlungsgeschick. Das wäre auch die Vision Schwendingers: Wie die E-Card heute der Schlüssel zur Gesundheitsvorsorge ist, soll das Klimaticket morgen der Schlüssel zur Mobilität werden.
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