Bienentierärzte: Wenn die Kleinsten Hilfe brauchen

Vor allem Prävention und Problembewusstsein liegt Bienentierärzten am Herzen.
Von der Amerikanischen Faulbrut bis zur Varroamilbe – auch Bienen können krank werden. Seit 2018 gibt es 23 „Bienentierärzte“.

Katzen, Hunde, Hamster, Kühe, Schweine, Pferde – sie alle haben eines gemeinsam: Geht es ihnen nicht gut, greifen die Besitzer zum Telefon. Ein Anruf genügt und der Termin beim Tierarzt ist fix. Die Tiere danach hoffentlich geheilt. Doch was, wenn die ganz Kleinen unseres Ökosystems krank sind? Etwa Bienen?

Seit sieben Jahren gibt es dafür eine Fachausbildung für fertige Tierärzte. Seit drei Jahren nun 23 ausgebildete „Bienentierärzte“. Doch nach wie vor wissen viele Imker nichts von ihrer Existenz.

Drei Jahre dauert die Ausbildung zum Fachtierarzt für Bienen. Zum Untersuchen hätten die ausgebildeten Bienentierärzte in Österreich genug.

420 Tausend Bienenvölker gibt es in Österreich. Die meisten davon, nämlich 80.000, in Oberösterreich.

32 Tausend Imker betreuen diese in etwa. 90 Prozent von ihnen betreiben das  als Hobby.

12 Bienenstöcke betreut ein Hobbyimker in etwa im Durchschnitt.

 

Tierarzt Vinzenz Loimayr von Ternberg (Steyr-Land, OÖ) hat so eine Fachausbildung gemacht. Normalerweise behandelt er Großvieh. Seit 2018 untersucht er nebenbei hin und wieder Bienenstöcke. Die Betonung liegt auf „hin und wieder“. Und das obwohl er drei Jahre dafür investiert hat, denn so lange dauert die Zusatzausbildung der Tierärztekammer vom Tierarzt zum „Fachtierarzt für Bienen“, wie es korrekt heißt.

Neben Fallberichten, theoretischen Fächern einer Abschlussarbeit und -prüfung vor einer Expertenkommission gehört auch ein Jahr Praxis bei einem Imker dazu – sofern der Tierarzt nicht schon seit drei Jahren selbst Imker ist. Bezahlt wird die Ausbildung vom Tierarzt selbst.

In Kinderschuhen

Das Problem: „In Österreich besteht eine Struktur, die schwer aufzubrechen ist“, sagt Loimayr. Es gibt den Dachverband Biene Österreich, Landesverbände, Ortsgruppen – und alle haben Experten. „Das Projekt steckt aber auch erst in Kinderschuhen“, so Loimayr.

Stefan Mandl, Obmann-Stellvertreter des Dachverbands Biene Österreich, schätzt dennoch ihren Einsatz: „Wir freuen uns sehr, dass die Tierärzte da aktiv sind. Wir müssen schauen, wie man das sinnvoll zusammenbringt.“ Teilweise habe man sie auch schon integriert: „Grundsätzlich gibt es für Imker ein Bienengesundheitsprogramm. Da können auch Fachtierärzte beraten“, ergänzt Geschäftsführer Christian Boigenzahn. Er sieht die Chance für Bienentierärzte bei Erwerbsbetrieben. In etwa 450 gibt es davon in Österreich. „Fachtierärzte sind für große Betriebe spannend. Kleine Imker haben ihre Stöcke meist sowieso im Griff.“

Hemmschwelle

Damit fällt jedoch der größte Markt für Bienentierärzte weg: 32.000 Imker gibt es in Österreich. Die meisten, 90 Prozent, besitzen im Schnitt 10 bis 12 Bienenvölker. „Bienenhaltung in Österreich liegt zum überwiegenden Teil im Hobbybereich“, sagt Mandl. Dazu kommt, dass sich Imker bei Problemen oft lieber an erfahrenere Kollegen aus der Umgebung wenden – die Hemmschwelle sei einfach geringer, so Boigenzahn.

An Erfahrung würde es Loimayr nicht fehlen. Er selbst hat Bienen daheim. So auch sein Kollege Robert Fink, Gründervater der Ausbildung und nun Leiter der Fachtierarztkommission Bienen. Dass sie damit nie das große Geld machen werden, ist ihnen aber bewusst: „Wir verdienen uns damit keine goldene Nase. Der Hintergrund ist vor allem Interesse“, sagt Fink. „Fachtierärzte für Bienen sind Menschen, denen in ihrer täglichen Erwerbsarbeit und darüber hinaus Nachhaltigkeit, Natur, und Kreisläufe am Herzen liegen“, so Loimayr.

Prävention

Ziel sei es daher schon, direkte Ansprechpartner für Imker und Behörden zu sein. „Fachtierärzte für Bienen sind nicht die besseren Imker, haben aber die medizinische Expertise. Es gibt viele Aufgaben, die diese Personengruppe in Angriff nehmen kann“, stellt Loimayr klar. Etwa Forschung, Seuchenbekämpfung oder Prävention, wie Monitoring und Stärkung von Problembewusstsein – auch bei kleinen Imkern.

Zu kämpfen haben Bienenvölker in Österreich etwa mit der Amerikanischen Faulbrut und mit der allseits bekannten Varroamilbe.

Jeder Imker kennt diese Probleme: Mit der Varroamilbe hat er jährlich zu kämpfen, vor der Amerikanischen Faulbrut wird er gewarnt. Beides kann für Bienenvölker ein Todesurteil sein.

Varroamilben sind circa 1,7 Millimeter klein und gelten als Mitverursacher des Bienensterbens. Die Milbe  greift Bienen auf verschiedene Arten an  und kann  über den Winter ganze Völker ausrotten. Die Milbe ernährt sich vom Blut der Bienen. Sie saugt sich an den erwachsenen Arbeiterbienen fest, nistet sich aber auch in die Brut ein und schädigt damit das Volk nachhaltig.

Amerikanische Faulbrut ist eine ansteckende Seuche und damit – bei Ausbruch oder Krankheitsverdacht – anzeigepflichtig.  Das Bakterium tritt als Spore in der Bienenbrut auf, kann aber durch die Aktivität des Volkes   übertragen werden. Schließlich können alle Teile des Bienenvolkes und des Stockes  verunreinigt sein, sodass immer wieder ganze Stöcke verbrannt werden müssen.

Seit 2019 befinden sich wieder etwa 20 Tierärzte in der Ausbildung zum Fachtierarzt für Bienen. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Ausbildungskurs jedoch unterbrochen. Im Herbst soll er weitergeführt werden. Somit werden wohl auch sie in näherer Zukunft nicht mehr nur Schafe, Meerschweinchen und Co. verarzten.

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