Bergunglücke: Sportlern fehlt "Know-how"
Es waren extreme Bedingungen, unter denen sich rund 30 Bergretter Montagfrüh im Warscheneckgebiet bei Spital am Pyhrn (OÖ) auf die Suche nach zwei Tourengehern, die seit Sonntagnachmittag vermisst waren, aufmachen mussten. Die Abgängigen – der 24-jährige Niederösterreicher Markus M. und der 23-jährige Wiener Stefan L. – konnten gefunden und geborgen werden, bezahlten ihren riskanten Skiausflug abseits der Piste aber mit dem Leben. In Salzburg konnten zwei Deutsche gerettet werden.
„Sie dürften gravierende Planungfehler gemacht haben“, erklärt der Bergretter und Lawinenexperte Helmut Steinmaßl aus Windischgarsten. Er kennt das Gebiet wie seine Westentasche und war elf Stunden bei der Suchaktion in 1800 Meter Höhe im Einsatz. „Die beiden sind bei Lawinenwarnstufe vier und schlechter Sicht ins freie Gelände losmarschiert, es gab mehr als einen Meter Neuschnee und sie sind viel zu spät von der Piste weggekommen“, sagt Steinmaßl.
Risikosport
Eines zeigt sich einmal mehr: Bergsport ist auch ein Risikosport. Jährlich ereignen sich laut dem Kuratorium für Alpine Sicherheit zwischen 280 und 350 tödliche Unfälle in den Bergen. Mitgezählt wurden auch Notfälle, wie Herz-Kreislauf-Versagen. „Die Zahl ist relativ konstant“, sagt Michael Larcher, Sachverständiger für Alpinunfälle und Leiter der Bergsportabteilung beim Österreichischen Alpenverein. Man müsse dazu die stetig steigende Zahl an Outdoor-Sportlern in Relation setzen. „In den letzten 15 Jahren hat sich ihre Anzahl verdreifacht“, erklärt Larcher. Die Unfallstatistik führen Bergsteiger und Bergwanderer an, gefolgt von Skifahrern und Tourengehern. Unfallursachen gibt es laut Larcher viele. „Bei den Faktoren Selbsteinschätzung, Ausbildung und Tourenplanung passieren die meisten Fehler. Es fehlt an Know-how.“
Ausbildungen
Für Tourengeher seien etwa nicht nur das Wetter, sondern auch die Schneeverhältnisse wichtig. Ein und dieselbe Tour kann an einem Tag harmlos sein, jedoch tags darauf eine tödliche Falle. Larcher rät zu „Ausbildungen“. „Der wichtigste Punkt ist es, den Sportlern das Know-how weiterzugeben.“ Der Alpenverein hat eine eigene Akademie gegründet und setzt auf Aufklärung – vor allem für seine 415.000 Vereinsmitglieder.
Die zwei Freunde bezahlten ihre Tour mit ihrem Leben. Nach mehr als sechs Stunden Suche fand Steinmaßls Gruppe zufällig einen der Vermissten: „Ich hab in 70 Meter Entfernung zwei Hände im Schnee gesehen, die sich bewegt haben.“ Die Retter versuchten 45 Minuten lang, den Mann zu reanimieren.
Drei Mal musste ein Hubschrauber wegen der schlechten Witterung abdrehen. Erst einem Militärhelikopter gelang die Landung. Der Geborgene starb im Spital. Der zweite Vermisste lag 20 Meter entfernt, er war bereits tot.
In Perchtoldsdorf in NÖ, der Heimat von Markus M., herrscht Fassungslosigkeit: „Es fehlen einem die Worte“, sagt Bürgermeister Martin Schuster.
Kommentare