Bausünden werden korrigiert: Die Grazer Burg wird aufpoliert

Bausünden werden korrigiert: Die Grazer Burg wird aufpoliert
Historische Teile der ehemaligen Habsburgerresidenz wurden zweckentfremdet. Nach der Revitalisierung sind auch Besucher willkommen.

"Manches wurde über die Jahrzehnte in unrühmlicher Manier als Rumpelkammer verwendet", konstatiert Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und wirft einen Blick auf das, was noch von einer gotischen Säulenhalle übrig ist: Sie diente als Abstellraum, in den lieblos alte Türen oder Röntgenaufnahmen verfrachtet wurden.

Ab 1438 errichtet und einst Residenz der Habsburger, ist die Grazer Burg in ihrem derzeitigen Zustand jedoch kein Glanzlicht von Führungen. Touristinnen und Touristen – aber wohl auch Grazerinnen und Grazer – kennen sie kaum. Der Amtssitz der Landeshauptleute ist nämlich öffentlich wenig zugänglich, sieht man einmal von der Doppelwendeltreppe aus 1499 ab, die in jedem Reiseführer steht, oder dem Weißen Saal bei Veranstaltungen. Aber das war es dann auch schon. Gotische Kapelle? Gotische Hallen und ein Trakt aus der Renaissance mit zweigeschoßigen Säulenarkaden? – Der Allgemeinheit wenig bekannt.

Das soll sich ändern, ein Stück Stadtgeschichte "erlebbar gemacht werden", wie Drexler versichert: Mit Kosten von 30 Millionen Euro ist die Revitalisierung der Burg veranschlagt, die Ende 2024 beginnen und 2028 fertiggestellt sein soll. 20 Teams reichten bei EU-weiten Architekturwettbewerb ihre Ideen ein, ausgewählt wurde das Projekt von Valentin Spiegel-Scheinost, Tobias Brown, Bernhard König, Lisa Enzenhofer, die in Wien und Graz tätig sind.

Ein kleiner Stadtwald

Ihre Adaptierung schließt auch die drei Höfe ein, wobei die beiden hinteren die größte Änderung erfahren: Hof zwei soll zum kleinen Stadtwald werden, er wird mit Kiefern, Ahorn oder Eichen bepflanzt. Hof 3 bekommt ebenfalls Bäume, der Großteil der bisher dort vorhandenen Parkplätze verschwindet.

"Wir wollen behutsam freilegen, was vorhanden ist", beschreibt Architekt Spiegel-Scheinost. Im 19. Jahrhundert hatten die Bauherren weniger Fingerspitzengefühl: Der im 15. Jahrhundert unter Kaiser Friedrich III. begonnene Teil samt später entstandener Prunkstiege existiert heute nicht mehr – er wurde abgetragen, das war billiger als eine Sanierung. Damit wurde die Hälfte der Burg zerstört. Heute steht dort ein in der Mitte des 20. Jahrhunderts errichtet mehrgeschoßiger Bürobau, die „Neue Burg“.

Achtlos herumgebaut

An der historischen Burg – so genannt, weil Residenzen der Habsburger stets als (Hof)Burg bezeichnet worden sind – wurde aber schon zuvor achtlos herumgebaut und zweckentfremdet, und das über Jahrhunderte. So wurde etwa die hohe gotische Kapelle zweigeteilt, indem eine Zwischendecke eingezogen wurde – Akustik hinüber, Lichteinfall ebenso.

Bausünden werden korrigiert: Die Grazer Burg wird aufpoliert

Die Burghöfe sollen viel Platz zum Verweilen bieten

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde am sogenannten Registraturtrakt aus dem 16. Jahrhundert Hand angelegt – und die Arkaden im zweiten Stock zugemauert. Diesen Fehler wollen die Architekten jetzt korrigieren.

Blick auf die Stadtmauer

Auch die Zwischendecke der gotischen Kapelle wird entfernt, die durch Mauern getrennten beiden gotischen Hallen wieder vereint. Das bietet auch die Möglichkeit, den Blick auf die Stadtmauer freizulegen: Die Burg wurde entlang der mittelalterlichen Mauer errichtet. Auch Barrierefreiheit ist gewährleistet, das ohnedies ungleiche Raumniveau wird mit einer Rampe ausgeglichen.

Kommentare