Baustellen: Ein gefährlicher Arbeitsplatz

Wie in Oberösterreich sind auch in Niederösterreich künftig Deutschkenntnisse notwendig, um Wohnbauförderung zu erhalten
25 Menschen starben im Vorjahr. Arbeitsinspektor hat ein Ziel: „Dass die Leute gesund heimkommen“

Dietmar Haslinger hat viel gesehen. Der Arbeitsinspektor macht seinen Job seit 24 Jahren. Doch noch immer erlebt er Situationen, die ihn sprachlos machen. „Verwunderlich“, nennt er das dann höflich. Verwunderlich findet er es etwa, wenn ein Arbeiter auf einer Baustelle einen schweren Unfall erleidet und eine Behinderung droht. „Und wenn man zwei Wochen später bei der Baustelle vorbeischaut, besteht das Problem noch immer“, sagt er und schüttelt den Kopf. „Dabei wissen die doch, welche Folgen das haben kann.“

Baustellen: Ein gefährlicher Arbeitsplatz

 Dietmar Haslinger hat früher selbst am Bau gearbeitet.

Haslingers Büro befindet sich im ersten Wiener Gemeindebezirk. Nur mit Sicherheitscode kommt man hinein. Wenn er über seine Arbeit spricht, kommt er an Paragrafen und Gesetzestexten nicht vorbei.

Vorschriften-Dschungel

Und das ist ein Problem. Nicht für ihn. Er beherrscht den Vorschriften-Dschungel. Es ist eines für die Arbeitgeber. Und am Ende dann doch wieder für ihn. Dann nimmt er das Nachschlagewerk „Sicherheit am Bau“ zur Hand. Da wird mit Bildern erklärt, welche Vorschriften einzuhalten sind.

5.000 Baustellen werden seinem Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten jährlich gemeldet. „Es wird viel gebaut aktuell. Wir kümmern uns um ganz Wien und große Teile Niederösterreichs“, sagt er. 12 Leute hat die Abteilung. Täglich ist man auf Baustellen unterwegs. „Es geht darum, dass die Leute am Abend wieder gesund heimkommen“, erklärt Haslinger.

Doch das ist nicht immer der Fall. Laut AUVA verunglückten im Vorjahr 25 Personen auf Baustellen tödlich. 17.993 Unfälle gab es insgesamt, die meisten davon im Hochbau. Am häufigsten trifft es Maurer, Bauspengler und Installateure. In 220 Fällen verloren Bauarbeiter dabei Körperteile.

Im heurigen Jahr dürften die Zahlen steigen. Die Wiener Berufsrettung verzeichnete einen Anstieg der Einsätze auf Baustellen um 13 Prozent.

Die Gründe sind vielfältig. Oft sind es Zeit- und Gelddruck bei den Unternehmen, oft aber auch schlicht Verständigungsprobleme. „Es arbeiten so viele Nationalitäten am Bau, da ist es oft schwierig, Unterweisungen durchzuführen“, weiß Haslinger, der selbst in der Branche tätig war. „Und dann haben wir bei Großbaustellen natürlich auch das Thema der vielen Subunternehmen. Manche Arbeiter wissen gar nicht, für welche Firma sie arbeiten.“

Die Verantwortung für die Sicherheit haben die Bauleiter und Poliere. Wenn etwas passiert, ist der Weg zum Gericht oft unausweichlich.

Zwei Verfahren

Aktuell laufen im Landesgericht für Strafsachen in Wien zwei Verfahren wegen grob fahrlässiger Tötung auf Baustellen.

In einem Fall lösten sich bei einer Baustelle in Wien-Leopoldstadt die Ankerstäbe der Arbeitsbühne. Ein 42-jähriger Bauarbeiter stürzte zehn Meter in die Tiefe und starb. Angeklagt ist ein Geschäftsführer einer Baufirma.

In einem anderen Fall stürzten Stiegenteile auf einer Baustelle in Wien-Floridsdorf ein und begruben einen Arbeiter unter sich. Angeklagt sind neben dem Bauleiter auch der Baumeister und der Architekt.

„Im Nachhinein ist es oft schwer, zu entwirren, wer zuständig war“, sagt Haslinger, der auch als Sachverständiger bei Gerichtsverfahren hinzugezogen wird.

Aus seiner Erfahrung weiß er: „Die meisten Probleme könnte man mit Planung im Vorfeld lösen. Da geht es um grundsätzliche Fragen wie: Welches Gerüst wird gebraucht? Welche Sicherungen sind nötig?“

Tödliche Fehler

Bei Kontrollen sind es dann tatsächlich fehlende Absturzsicherungen, die am häufigsten beanstandet werden. Oder es fehlen die Stützen bei Baugruben. „Speziell bei Erdarbeiten kann ein einziger Fehler tödlich sein“, warnt Haslinger.

Unverbesserliche trifft er immer wieder. Findet er schwere Mängel vor, greift er auch zur härtesten Sanktion, die ihm zur Verfügung steht: Er sperrt Teile der Baustelle oder Arbeitsbereiche. Mehrere Male pro Woche wird diese Notbremse gezogen.

Aber auch Geldstrafen sind möglich. Beim ersten Mal belaufen sich die auf 166 bis 8.324 Euro. Bei Wiederholungstätern verdoppeln sich diese Strafen.

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