Auszeit von der Wohnung: Mini-Urlaub für eine Nacht
Espresso im Kaffeehaus in einer Tasse statt im Pappbecher im Gehen?
Ja, das war am Mittwoch schon schön. Das Abendessen im Restaurant noch besser doch es gibt eine Steigerungsstufe von Kaffeehaus und Lieblingslokal. Die heißt Hotel.
Seit 3. November blieb den meisten Österreichern der Anblick eines Hotelzimmers verwehrt. Nur wer auf Geschäftsreise war, durfte sich einmieten. Und alle Übrigen? Durften das rund 200 Tage lang nicht.
Bis Mittwoch: Für zwei KURIER-Redakteure griff in der ersten möglichen Nacht im Hotel eine eigene „3 G“-Regel gebucht, gepackt und am Abend ins Hotelzimmer gesiedelt.
Ganz wie früher ist es noch nicht: Nur einer darf rein. Zumindest in die Bio-Sauna und das Aroma-Dampfbad im Hotel Innsbruck in der Tiroler Landeshauptstadt. Die finnische Sauna dürfen aufgrund der Covid-Auflagen vier Personen gleichzeitig nutzen.
Aber ganz ehrlich: Nach Monaten des Lockdowns und des Abstandshaltens ist es zunächst schon ein befremdliches Gefühl, in einer abgeschlossenen Kabine neben nur einer fremden Person zu sitzen und zu schwitzen.
Die Entspannung kommt erst danach auf der kleinen Terrasse des Wellnessbereichs im sechsten Stock. Über die Dächer der Altstadt geht der Blick auf die Berge der Nordkette, wo sich die Wolken gerade so weit verziehen, um den Blick auf frischen Schnee freizugeben. Kein Wunder, dass das Touristen fasziniert.
Unerwarteter Ansturm
Unten in den historischen Gassen klirrt und klappert es aus den wiedereröffneten Gastgärten hoch. Die sind in der ersten Nacht nach Monaten ohne Wirtshaus – den klammen Temperaturen zum Trotz – bestens gefüllt. Das kann auch Stefan Ischia für sein Hotel behaupten: „Mit so einem Ansturm haben wir nicht gerechnet.“
Bereits in den Tagen vor den Lockerungen hat sich das Aufkommen an Geschäftsreisenden, für die das Hotel Innsbruck bereits seit Februar offen war, erhöht. Und auch Touristen durfte der 28-Jährige, der das Hotel in vierter Generation führt, gleich zum Start begrüßen. Richtung Pfingstwochenende sieht es richtig gut aus: „Am Sonntag sind wir praktisch voll“, freut sich Ischia über ein nun bald wieder ausgebuchtes Haus.
Szenenwechsel. Statt auf hohe Berge schauen Saunierer im Hotel Weitzer auf das Grazer Wahrzeichen, den Schloßberg samt Uhrturm. Die gebürtige Grazerin und bekennende Schloßberg-Liebhaberin macht dann etwas, was in der Sauna absolut tabu ist Handy zücken und knipsen.
Als Erinnerung an einen denkwürdigen Tag, denn Florian Weitzer sperrte seine Hotels (er besitzt unter anderem auch das Grand Ferdinand in Wien) erst am 19. Mai wieder auf, im Gegensatz zu Kollegen, die während des Lockdowns Geschäftsreisende aufnahmen „Wir sind ein Gesamtkonzept, sind nicht nur Hotel“, verweist der Grazer Unternehmer auf die Kombination mit Restaurants. „Wir wollten nicht das eine ohne das andere öffnen.“
An diesem Mittwochabend haben nur wenige Gäste eingecheckt, doch der Chef macht sich keine Sorgen, dass das Geschäft für die stärker geplagte Stadthotellerie nicht wieder ins Laufen kommen würde. „Heuer geht es uns besser als im Vorjahr“, sagt Weitzer. „Die Infektionen gehen zurück, der Impffortschritt setzt ein. Und es gibt den Druck der Menschen, die sagen: ,Ich will irgendwohin fahren‘.“
Die Grazer Stadthotellerie ist nicht so stark auf internationale Gäste ausgerichtet – und unterscheidet sich damit etwa von Wien. „80 Prozent der Gäste sind internationale Gäste“, beschriebt Michaela Reitterer, Sprecherin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). „Auch die Hotelkapazitäten sind darauf ausgelegt.“
Erholung 2023
Sie schätzt, dass sich die reine Stadthotellerie wohl erst 2023 erholt haben wird, denn vor allem Wien fehlt in den kommenden Jahren noch die Klientel aus den USA, den Arabischen Emiraten, aus Israel. „Großartig viel werden wir heuer nicht verdienen“, bedauert Reitterer. „Mit einer Auslastung von 40 Prozent kann man ein Hotel nicht gewinnbringend führen. Aber damit müssen wir leben.“ Denn schließlich fehlten die Gäste auch aus Asien fehlen komplett, daran dürfte sich in nächster Zeit wenig ändern.
„Wir haben normal sehr viele Gäste aus den USA. Aber wir versuchen das mit Gästen aus Österreich zu kompensieren“, sagt der Tiroler Hotelier Ischia zu diesem Problem. Das habe bereits im ersten Corona-Sommer 2020 ganz gut geklappt, das Minus habe sich in Grenzen gehalten. „Einmalig einheimisch“, etwa nennt sich ein 3-Tages-Paket, mit dem gezielt „Nahurlauber“ angesprochen werden, die Innsbruck „ohne das sonst übliche internationale Touristenaufkommen“ genießen könnten, wie es heißt.
Sein Grazer Kollege Weitzer plant keine eigenen Schmankerln für den Hotelurlaub in der Stadt. „Unser Vorteil ist, dass wir ohnedies nicht auf eine Gästegruppe fixiert sind, also nicht nur auf die Individualreisenden oder die Geschäftsreisenden.“ Geschäft macht Weitzer auch mit seinen Restaurants: Jenes im Hotel Weitzer und das im benachbarten Grand Hotel Wiesler, ebenfalls ein Weitzer-Haus beide sind Mittwochabend ausreserviert.
Der Tag Null
Dem Sommer blicken der junge Tiroler Hotelier wie der Grazer Kollege optimistisch entgegen. „Innsbruck ist auch eine Destination für Durchreisende. Und die Deutschen wollen wieder nach Italien. Es wird heuer weniger Flugreisen geben. Ich erwarte einen sehr guten Sommer.“
Den Lockdown-Winter hat Ischia genutzt, um im Untergeschoss seines Hauses einen „Golden Pool“ – in Anlehnung an das Goldene Dachl – bauen zu lassen. Die Entscheidung, so eine Investition mitten in der Krise zu treffen, habe ihn „viele schlaflose Nächte gekostet“, gesteht der Hotelier. Aber er ist überzeugt, dass es nun wiederaufwärts geht.
Florian Weitzer in Graz drückt das so aus: „Heute ist Tag Null. Diese sechs Monate sind Vergangenheit.“
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