Ausgeschenkt is’: Urteil im Grazer Bierprozess gefallen

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Elf von 15 Angeklagten wurden schuldig gesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Seit Monatsbeginn dreht sich im Grazer Straflandesgericht mehrmals wöchentlich alles um Bier: (Ex-)Mitarbeiter der Brau Union sollen zwischen 2009 und 2017 Ware im Wert von 1,7 Millionen Euro aus deren Grazer Brauerei gestohlen haben, vorzugsweise der Marke Puntigamer. „Zuerst fladern, dann alle anderen anpatzen“, kommentiert einer der Verteidiger die Beweislage im Grazer Bier-Prozess. Die Anklage stütze sich nur auf einen Belastungszeugen – der selbst zugegriffen habe, und das nicht zu knapp.

Das Bier sollen die Angeklagten weiterverkauft und sich jeweils bis zu 400 Euro monatlich dazu verdient haben. Aufgeflogen ist die Bierbande erst Ende 2019 nach einem anonymen Hinweis an die Firmenleitung. Ermittelt wurde erst gegen 51 Verdächtige, angeklagt wurden 24. Zum Prozessauftakt am 2. Mai kamen 23. Am Mittwoch, dem letzten Prozesstag, sind nur noch 15 Angeklagte da, die Verfahren der Übrigen wurden schon beendet oder werden extra geführt, weil es sich nur um Finanzvergehen handelt.

Also noch 15, die in der Brauerei in Graz-Puntigam gearbeitet und stibitzt haben sollen, angeklagt ist schwerer Diebstahl. Der Staatsanwalt merkt an, dass es die Firma den Angeklagten zu leicht gemacht habe. „Es gab ein Kontrollversagen der Brauerei“, moniert er in seinem Schlussplädoyer am Mittwoch. „Aber das rechtfertigt nicht jahrelangen Diebstahl.“

Die Brau Union gestattet ihren Mitarbeitern, sogenannte „Bruchware“ mit heim zu nehmen. Das passiert, wenn etwa ein Stapler zu heftig in die Bierpaletten fährt: Flaschen sind angeknackst, aber noch gefüllt. Diese Ware dürfen Mitarbeiter nehmen, allerdings muss der Schaden dem Kellermeister gemeldet werden.

"Unternehmen im Unternehmen"

Daraus sollen die Angeklagten aber ein System entwickelt haben, das immer mehr ausuferte. Es soll deshalb auch so gut und so lange gelaufen sein, weil Angestellte aus verschiedenen Bereichen mitgespielt hätten, so der Staatsanwalt. Ein Zeuge beschrieb das im Prozess das so: „Kellermeister haben Buchungen fingiert, Hallenverantwortliche machten mit. Mitarbeiter im Selbstbedienungsshop auch.“ Das sei als „Unternehmen im Unternehmen“ zu betrachten. Nachdem die Tricksereien bekannt wurden, sei ein Sechs-Augen-Prinzip in der Brauerei eingeführt worden.

Die Angeklagten sind zwar großteils geständig, wollen aber nur geringe Mengen Bier gestohlen haben. Die Brauerei fordert im Verfahren jedenfalls Schadenersatz von 2,6 Millionen Euro: So viel kosteten Bier, Steuern, Detektiv und Wirtschaftsprüfer.

Schuld- und Freisprüche

Der Strafrahmen beträgt je nach Schadenshöhe bis zu drei Jahre oder bis zu zehn Jahre Haft (bei einem Schaden ab 300.000 Euro). Der Schöffensenat reizt das aber am Mittwoch nicht aus, elf Angeklagte werden schuldig gesprochen. Sechs von ihnen erhalten wegen schweren Diebstahls Haftstrafen zwischen 15 und 24 Monaten, jeweils ein Drittel davon unbedingt, also fünf bis acht Monate. Fünf Angeklagte kommen mit Geldstrafen davon, sechs Schuldsprüche. Es gibt vier Freisprüche für jene, denen „nicht nachgewiesen werden kann, dass sie wussten, dass das Bier gestohlen war“, begründet der Richter.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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