Auf der Suche nach der Muldentiefe
War es ein echtes Loch? Oder doch nur eine Mulde? Eine Einkerbung oder eine Vertiefung? Der Schadenersatzprozess einer Salzburger Mountainbikerin gegen die Tennengauer Gemeinde Abtenau am Mittwoch am Bezirksgericht Hallein hatte straßenphilosophisch großes Potenzial.
Es ging aber um einen ernsten Hintergrund. Wie vom KURIER berichtet, verklagte eine Mountainbikerin die Gemeinde nach einem Sturz bei einem Schlagloch im Juni 2017 auf knapp 5000 Euro Schadenersatz. Die Salzburgerin hatte sich bei dem Sturz überschlagen und dabei die Hand gebrochen. Sie wirft der Gemeinde als Straßenerhalterin grob fahrlässiges Verhalten vor.
In erster Instanz wies das Bezirksgericht die Klage ab, die Berufung der Mountainbikerin war erfolgreich, sodass sich die Parteien am Mittwoch zur weiteren Beweisaufnahme neuerlich am Bezirksgericht trafen.
Holz-Lkw als Ursache
Dort wurde sehr ausführlich über die Beschaffenheit des Straßenschadens debattiert. War es nun ein „scharfkantiges Loch“ wie Leopold Hirsch, Anwalt der Klägerin, behauptete oder „schon mehr eine Mulde“, wie der den Unfall aufnehmende Polizist als Zeuge aussagte? Laut einer Zustandserhebung war die Einkerbung 4,5 cm tief, Hirsch bestand auf der ursprünglichen Schätzung des Polizisten nach dem Unfall von fünf cm.
Immerhin der Ursprung des Schlaglochs konnte in der Verhandlung geklärt werden. „Ein Holztransporter ist dort bei Schneefall hängen geblieben“, sagte eine Straßenanrainerin als Zeugin aus. Das Missgeschick des Lkw-Fahrers dürfte kabarettistische Züge gehabt haben. Selbst im Ort sei der Rauch zu sehen gewesen, der Vorfall sei im Ortsteil für mehrere Tage Gesprächsthema gewesen, sagte die Zeugin. Aus diesem Grund habe sich die Stelle im Gedächtnis der Frau auch eingebrannt.
Zur Frage, wie gefährlich der Schaden war, gab es vor Gericht unterschiedliche Ansichten. „Das war eine markante Stelle. Ich bin beim Nordic Walken immer ausgewichen“, sagte die Zeugin. Ein anderer Anrainer, der mit seinem Motorrad kurz nach dem Unfall vorbeikam, sagte dagegen: „Es kann leicht sein, dass ich drübergefahren bin. Es ist mir nicht wirklich als Gefahrenstelle vorgekommen.“
Das Loch fiel nicht auf
Der Zeuge konnte sich auch nicht erinnern, den Schaden der Gemeinde gemeldet zu haben, wie das der Ehemann der Klägerin behauptete. Die Verhandlung brachte auch Licht in die Frage, wieso der Schaden zunächst unentdeckt blieb. Abtenaus Amtsleiter berichtete, dass die Gemeinde einen eigenen geringfügig beschäftigten Mitarbeiter habe, der sich um die betreffende, lange Straße kümmere und Schäden melde. Hätte dieser die Einkerbung als Gefahr erkannt, hätte er sie auch gemeldet, so der Amtsleiter.
Der betreffende Mitarbeiter sagte dagegen aus, er sei nur für die Wasserabläufe zuständig. Der Straßenschaden sei ihm erst durch die Polizeimarkierungen aufgefallen. Da die Gemeinde keine Kontrolle auf Frostschäden durchgeführt habe, liege grob fahrlässiges Verhalten vor, argumentierte der Anwalt der Klägerin. Als völlig schuldlos sah sich die Mountainbikerin nicht mehr an. Sie lasse sich 50 Prozent der Haftung anrechnen, sagte ihr Anwalt.
Der Anwalt der Versicherung der Gemeinde meinte, dass keine Gefahrensituation vorlag. „Ein gefahrloses Durchfahren der Vertiefung wäre möglich gewesen“, sagte der Rechtsvertreter. Das Urteil in der Causa ergeht in den nächsten Wochen schriftlich.
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