"Das Thema pfeift durch Europa", schmunzelt Planaibahnen-Chef Georg Bliem und wahrlich: Auch internationale Journalisten wollen am Mittwoch dabei sein, als die Arbeiten auf Österreichs höchst gelegener Baustelle starten – am Gletscher des Dachsteins in rund 2.700 Meter Höhe.
Bergstation und angeschlossenes Restaurant auf dem Berg in der steirisch-oberösterreichischen Grenzregion werden nach mehr als 50 Jahren in Betrieb runderneuert.
Das herausfordernde 15-Millionen-Euro-Projekt benötigte eine dreijährige Planung, denn für eine Baustelle in dieser Höhe brauche man "schon Firmen, die sich das zutrauen, auch von den Mitarbeitern her. Diese Baustelle spielt ja quasi in der Champions League“, begründet Bliem. "Da geht es ja neben der Baustelle teilweise 500, 600 Meter in die Tiefe, das muss man sich einmal vorstellen.“
Das setze Fachkräfte voraus, die sich am Berg auskennen und mit entsprechenden Sicherungsmaßnahmen vertraut sind. "Wir haben Firmen gefunden, zum Großteil auch aus der Region, die Bergsteiger unter ihren Mitarbeitern haben“, betont der Planaibahnen-Geschäftsführer, zu denen Restaurant und Bergstation gehören.
Das unkalkulierbare Wetter
Mit der Höhe kommt das Wetter, das launisch sein kann, schließlich befinden sich die je nach Projektphase bis zu 90 Mitarbeiter auf einem Gletscher. Am Mittwoch beim Baustart war es strahlend schön und sonnig, aber im Hochgebirge kann sich so etwas rasch ändern. "Wind bis zu 80 km/h, ein Meter Schnee“, beschreibt Bliem.
Da brauche es Leute, die das Wetter einschätzen können, aber "auch dem Wetter trotzen“, betont er: Wenn einmal das Dach abgetragen sei, müsse das Gebäude "so schnell wie möglich wieder abgedeckt werden. Sonst hast bei Schneefall das ganze Lokal mit Schnee voll, nach einem Tag ist der dann hart wie Beton.“ Im Advent soll das Gebäude aber bereits wieder dicht sein. "Die Errichtung der Bergstation war eine großartige Pionierleistung“, erinnert die steirische ÖVP-Tourismuslandesrätin, Barbara Eibinger-Miedl. "Deshalb gilt es umso mehr, dieses besondere Bauwerk behutsam weiterzuentwickeln.“
Dicht gedrängt ist jedenfalls der Zeitplan. Als Erstes werden die Innenausstattung entfernt und die Ummantelung sowie das Dach abgetragen. Die Firma Liebherr stellt dafür einen 43 Meter hohen und 44 Tonnen schweren Kran, den sie eigens für die Dachsteinbaustelle adaptierte und bereits im Juli in 35 Einzelteile zerlegte, die dann von einem Helikopter auf den Gipfel geflogen und dort wieder zusammengesetzt wurden. "So ein Einsatz ist auch für uns außergewöhnlich“, gesteht Projektleiter Reinfried Prugger ein. „Jeder Schritt muss da genau abgestimmt sein.“
100 Tonnen Stahl
Bis zu 30 Personen sind für die Logistik auf der Höhenbaustelle zuständig. Von der alten Station am Gletscher bleibt nur "das Skelett“, wie sich Bliem ausdrückt: Als sie Ende der 1960-er Jahre errichtet wurde, sind fast 100 Tonnen Stahl in ihr verbaut worden. Dieser Teil bleibt, alles andere wird erneuert – vom Dach bis zu den Mauern.
Apropos Mauern: Vier Fünftel werden mit Photovoltaik-Modulen bestückt, auf 633 Quadratmeter Fläche werden 338 Paneele installiert. Das soll pro Jahr etwa 100.000 Kilowattstunden Strom bringen und damit 80 Prozent des Energiebedarfs decken, den der Betrieb der Bergstation benötigt.
Die Seilbahn fährt während der Bauarbeiten zwar weiter, aber nur für den Transport: Neues Baumaterial wird mit den Gondeln nach oben gebracht, das abgetragene Material der alten Bergstation mit der Materialseilbahn zur Talstation geliefert und dort in 15 Container zur Verwertung aufgeteilt.
Skibetrieb auf dem Gletscher des Dachsteins gibt es keinen mehr, bereits im März wurden die Stützen des Skiliftes abmontiert. Der Rückgang des Gletschers gibt Skifahren dort nicht mehr her, auch nicht im Winter. Binnen weniger Jahren schmolz die Schneedecke am Gipfel um 30 Meter, im vergangenen Winter fielen statt wie üblich acht Meter Neuschnee drei.
Während der Bauarbeiten ist aber auch Langlaufen nicht möglich. Ausgenommen davon sind bloß Profisportler nach Voranmeldung. Auch die Dachstein-Attraktionen wie die "Treppe ins Nichts“ und der 2007 errichtete Eispalast bleiben geschlossen. Eine Ausnahme wird nur während Weihnachtsferien in Erwägung gezogen, so es die Bauarbeiten zulassen, Besucherinnen und Besucher könnten dann für diese zwei Wochen wieder die Seilbahn benützen.
Landesgrenze läuft durch Lokal
Bereits im Mai soll die runderneuerte Bergstation samt des ausgebauten Lokals mit 230 Sitzplätzen dann wieder in Vollbetrieb gehen. Ein ambitionierter Zeitplan, überlegt Bliem, aber "das muss halten, davon gehen wir aus“. Da sich am Grundriss des Gebäudes nichts ändert, bleibt auch ein Kuriosum erhalten – die Landesgrenze zwischen Oberösterreich und der Steiermark führt mitten durch. Das war nicht immer so, erst 2013 wurde das bei einer Neuvermessung der Landesgrenze entdeckt.
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