Asylskandal: So wurde für den syrischen General interveniert

Rakka
Bizzare eMails zwischen den Beteiligten. Nach KURIER-Bericht prüft Innenministerium nun dienstrechtliche Maßnahmen.

„Gibt es inzwischen (...) eine Entscheidung, ob eine Vorreihung des Aktes möglich ist?“, schreibt ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes ( BVT) per Mail an den zuständigen Kollegen im Bundesasylamt (BFA). Der schreibt gleich weiter an seinen Koordinator: „Bezüglich des Generals, wos mochma?“ Und dann erhält er die Antwort: „Na – ob wir den typen vorreihen kann ich noch net sagen – Eigentlich gilt – die ältesten akte zuerst – ich mach mich schlau.“

Der Mailverkehr rund um den syrischen Brigadegeneral Khalid H. ist teils bizarr. Wie berichtet, wird gegen den früheren Staatssicherheits-Chef der Stadt Rakka in Paris und Wien wegen Verdachts der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Folter) ermittelt. Er selbst bestreitet die Vorwürfe.

Asylskandal: So wurde für den syrischen General interveniert

BVT intervenierte

Brisant ist, dass H. zunächst in Frankreich um Asyl angesucht hatte und als er offenbar bemerkte, dass er keines erhält, fuhr er mit dem Zug Mitte Juni 2015 nach Wien und übernachtete in einem Hotel. Erst am nächsten Tag fuhr er per Taxi zielstrebig ins Flüchtlingslager Traiskirchen (NÖ) und stellte einen Asylantrag. Ob er dabei Helfer hatte, ist unklar.

Seit 2016 aktenkundig

Relativ rasch wurde sein Akt in Österreich als „mit BVT-Relevanz“ eingeordnet. Doch neben dem BVT schaltete sich „noch eine ausländische Institution ein“. Deshalb wurden „seitens des BVT organisatorische Maßnahmen gesetzt“

Interessantes Detail: Bereits 2016 wird ein Ermittlungsakt von der Staatsanwaltschaft Wien angelegt, doch diese Aktenzahl wird – im heurigen Sommer – auf das Jahr 2018 abgeändert.

Doch 2016 wurde schon ein dicker Zeugenbericht der Menschenrechts-Organisation CIJA der heimischen Justiz übermittelt, wie ein Insider dem KURIER erzählte. Doch damals sollen die Vorwürfe gegen H. noch zu „unkonkret“ gewesen sein.

Folter, Elektroschocks

Die französische Asylbehörde zeigte Khalid H. hingegen auch wegen des CIJA-Berichts in Paris bei Gericht an. Sie hegt den Verdacht, dass H. „an repressiven Aktivitäten wie Folter mit Elektroschocks, Vergewaltigungen und weiterer psychischer und sexueller Misshandlungen seiner ihm unterstellten Einheiten teilgenommen“ haben dürfte.

Seine Angaben im Asylverfahren halten die Franzosen für wenig glaubwürdig: „Auch wenn er beteuert, in ideologischer Hinsicht der Opposition nahe gestanden zu sein und während seiner Tätigkeit (…) in Rakka nur ganz wenige Verhaftungen vorgenommen zu haben, so ist diese Behauptung nicht kompatibel mit seinem Aufstieg innerhalb der hierarchischen Rangordnung im Staatsschutzapparat. Seine Angaben zu diesem Thema sind sehr vage.“

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Internes BFA-Mail

Die Tatsache, dass er erst zwei Jahre nach Ausbruch der Gewalthandlungen in Syrien und erst kurz vor dem Vorstoß der Rebellen nach Rakka, „seinen Dienst quittierte, zieht die wahren Beweggründe für seine Desertion in Zweifel“.In Österreich ist die Sache anders. Das Asylverfahren im Eiltempo wurde laut dem KURIER vorliegenden Mails von der Direktion des BFA abgesegnet. Noch am selben Tag wurde dem General der positive Bescheid ausgestellt und wenig später erhielt er den Konventionspass.

Die Oberstaatsanwaltschaft Wien bestätigt, dass gegen Khalid H. wegen Folter-Verdachts ermittelt wird; und zugleich gegen Beamte des BVT und BFA wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. „Wir sind aber erst ganz am Anfang“, sagt Erster Oberstaatsanwalt Michael Klackl zum KURIER.

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Der österreichische Pass des Generals

Im Innenministerium wird betont, dass das BVT im August 2018 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet hat. „Auf Grund der neuen Informationslage haben wir am Mittwoch Unterlagen für eine dienst- und disziplinarrechtliche Prüfung angefordert. Eine solche wird nach Erhalt unverzüglich durchgeführt werden“, sagt Ministeriumssprecher Christoph Pölzl. Der Aufenthaltsort des Generals sei aktuell unbekannt.

„Keinerlei Bedenken“

Heftige Kritik übt Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper: „Es ist nicht nur bemerkenswert, dass das BVT keinerlei Bedenken gegenüber Khalid H. hatte, sondern auch, dass BVT-Beamte auffällig oft Beamte des BFA kontaktierten“, sagt Krisper. „Einer der Hauptzeugen in der BVT-Causa, der vom Innenministerium der Justiz zugeführt wurde, bestätigte mit seiner Unterschrift die vermeintliche Ungefährlichkeit jenes Generals, gegen den nun wegen des Verdachts Kriegsverbrechen ermittelt wird.“

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Krisper

Krisper will nun eine parlamentarische Anfrage zu den Hintergründen des Asylskandals stellen: "Auf der einen Seite wird nach teilweise haarsträubenden Glaubwürdigkeitsprüfungen und langen Verfahren wahrlich Schutzsuchenden kein Asyl gewährt. Auf der anderen Seite erhält - nach nur kurzem Verfahren und entgegen aller Regeln - ein syrischer Geheimdienst-General Asyl, gegen den nun die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Kriegsverbrechen ermittelt. Das ist völlig absurd."

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