Arzt erfand Online-Rechner zur Einstufung für das Pflegegeld

Wilhelm Margula hat einen Pflegegeldrechner entwickelt
Wiener Mediziner glaubt, dass viele Bedürftige Zuschuss herschenken, weil System kompliziert ist.

Pflegebedürftigkeit ist kein Einzelfall. 5,34 Prozent der Bevölkerung haben im Juli in Österreich Pflegegeld bezogen. 446.794 Menschen, an deren Schicksal andere Anteil nehmen – Kinder, Geschwister, Freunde.

Wilhelm Margula, Arzt für Allgemeinmedizin und Geriatrie in Wien, vermutet, dass es noch mehr sein könnten: "Vielen älteren Leuten ist es unangenehm, Geld vom Staat zu verlangen. Außerdem ist das System kompliziert." Er war selbst jahrelang Pflegegeld-Gutachter, bloggt auf aelterwerden.eu zum Thema. Mit einem Informatiker hat er nun einen Online-Rechner entwickelt: Auf pflegestufen.at soll man sich in wenigen Minuten zur richtigen Einstufung klicken können. Zielgruppe: Vor allem die Angehörigen von potenziell pflegebedürftigen Personen.

In sieben Stufen ist das Pflegegeld gegliedert – wie viel überwiesen wird, entscheidet sich danach, wie hoch der Pflegebedarf in Stunden ist. "Darunter können sich die Menschen wenig vorstellen. Was heißt 60 Stunden Bedarf?", so Margula. Sein Rechner fragt nach praktischen Tätigkeiten: Kann man selbst Brot einkaufen? Kann man alleine Staub wischen? Auch im Verfahren zur Zuerkennung wird ein entsprechender Fragebogen verwendet. "Das Ergebnis beim Rechner ist natürlich abhängig von der Ehrlichkeit", meint der Arzt. Wer korrekt antwortet, dem verspricht Margula eine zu 99,7 Prozent sichere Auskunft, ob er einen Anspruch hat oder nicht – ganz ohne Begutachtung. 1300 Tests hat er nach eigenen Angaben durchgeführt. "Es steckt extrem viel Fachwissen drin", meint Margula mit Erfinderstolz.

2,4 Milliarden Euro

199.000 Anträge auf Pflegegeld wurden im Vorjahr eingebracht, 93.000 davon Neuanträge, 106.000 auf Erhöhung. Mit 58.000 wurden knapp 30 Prozent der Anträge abgelehnt. Das System wurde in den letzten Jahren schlanker: Aus 300 auszahlenden Stellen wurden sieben, statt 78 Mitarbeitern sind für die Verwaltung 53 zuständig, und das Verfahren ist mit 57 Tagen relativ kurz. 2,4 Milliarden Euro betragen die jährlichen Gesamtkosten immer noch.

Im Sozialministerium will man den Rechner nicht weiter kommentieren, sieht aber keinen großen Bedarf. Das Informationsangebot sei ausreichend. "Es gibt zur Information das Pflegetelefon, für die Beurteilung an sich ist natürlich eine Begutachtung durch einen Arzt nötig", erklärt ein Sprecher. Das System funktioniere. "Österreich ist weltweit das Land mit den meisten Beziehern, das siebenstufige System ist vorbildlich."

Ziel

Mehraufwand, der durch Pflegebedürftigkeit entsteht, abdecken. Pflegegeld gebührt unabhängig von Einkommen/Alter.

Pflegestufen

Die erste beginnt mit einem Bedarf von mehr als 60 Stunden/ Monat, Stufe sieben steht im Wesentlichen bettlägrigen Personen zu. Das Pflegegeld reicht von 154 bis 1655,80 Euro.

Verfahren

Der Antrag wird formlos beim Versicherungsträger eingebracht, etwa bei der PVA.

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