Rote Karte für den Schutz der heimischen Artenvielfalt
Der österreichische Biodiversitätsrat hat am Mittwoch ein Barometer präsentiert, welches die Maßnahmen und Einhaltung beschlossener Ziele bewertet. Drei Jahre nachdem die Regierung Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität vereinbart hat, wurden diese nun von den Wissenschaftern in fünf Kernforderungen und 19 Indikatoren aufgeteilt und bewertet. Die mit Ampelfarben und Pfeilen bewerteten Kriterien verdeutlichen den großen Aufholbedarf Österreichs in Sachen Biodiversität.
Schutzfond mit einer Milliarde gefordert
Die erste Kernforderung verlangt, die "Biodiversitätskrise zu stoppen". Dafür sollte ein nationaler Biodiversitätsfond eingerichtet, der Stopp des Artenrückgangs im Regierungsprogramm und Biodiversitätsschutz und nachhaltige Nutzung in allen politischen Handlungsfeldern verankert werden. Dem Rat zufolge sollte dieser Fond mit zumindest einer Milliarde Euro ausgestattet sein, wovon bisher nicht einmal ein Zehntel verfügbar ist.
Auch die anderen beiden Punkte seien noch nicht zufriedenstellend erfüllt, weshalb alle Unterpunkte der ersten Kernforderung sowohl verbesserungswürdig als auch stagnierend bewertet wurden.
Internationale Abkommen einhalten
Kernforderung zwei drängt darauf, bestehende Verpflichtungen einzuhalten. Während die Erarbeitung und Umsetzung einer nationalen Biodiversitätsstrategie immerhin auf verbesserungswürdigen Niveau stagniert, ist der Rat mit der Einhaltung internationaler Übereinkommen und EU-Direktiven so wie deren regelmäßige Überprüfung und Veröffentlichung der Ergebnisse eindeutig unzufrieden, und Verbesserung ist nicht in Sicht.
Die dritte Kernforderung fordert von der Gesellschaft, naturverträglicher zu werden. Obwohl bei der Verabschiedung eines Transparenzgesetzes zur Überprüfung der Auswirkungen von Investitionen und Gesetzen auf die Biodiversität trotz schlechter Bewertung keine Verbesserung in Sicht ist, wird beim ebenfalls noch roten Bundesrahmennaturschutzgesetz zumindest eine Verbesserung erwartet.
Einziges Lob für Steuerreform
Die Umsetzung einer sozial-ökologischen Steuerreform hingegen ist bereits im Gange, und auch die Forderung nach einem eigenständigen Umweltministeriums wurde bereits erhört und mit der einzigen grünen, guten Bewertung geehrt.
Die vierte Kernforderung verlangt danach, die Wissenschaft und Bildung im Bereich der Biodiversität zu stärken. Während die Einrichtung eines nationalen Zentrums für Biodiversitätsdokumentation noch in den Sternen steht, gibt es Verbesserungen beim Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Politik. Bei der Einrichtung eines nationalen Biodiversitätsforschungsprogramms und biologische Bildungsinitiativen in allen Ausbildungsstufen bleibt noch Verbesserungspotenzial.
Artenschutz in weiter Ferne
Die letzte Kernforderung ist für Österreich besonders relevant: Sie fordert, biodiversitätsfördernde Landnutzung und Grüner Infrastruktur mehr Raum zu geben. Hierbei haben die Wissenschafter jedes einzelne Kriterium negativ bewertet. Die Umsetzung nationaler und regionaler Artenschutzprogramme und verbesserte Finanzierung von Schutzgebieten sowie Planung und Ausbau einer flächendeckenden ökologischen Infrastruktur sind sogar in noch weitere Ferne gerückt.
Franz Essl vom Österreichischen Biodiversitätsrat vergleicht die aktuelle Lage im Land mit einem Team-Laufbewerb: Es gäbe gute Trainingspläne, aber an der Bereitschaft, die Probleme anzugehen und gefundene Lösungen umzusetzen, mangelt es. Im Dezember werden im kanadischen Montreal konkrete Ziele für die globale Biodiversitätspolitik bis 2030 ausgehandelt werden. Ob diese dann aber auch eingehalten werden, ist angesichts des vernichtenden Urteils der Wissenschafter fraglich.
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