Amtsmissbrauch: Nach Freispruch von Arzt wollen die Opfer den Richter anzeigen

Eduard L. beim Prozessauftakt am 13. Jänner
Eduard L. soll seine vier Kinder jahrelang psychisch gequält haben. Die Staatsanwaltschaft entscheidet am Montag, ob sie gegen das Urteil berufen wird.

Der überraschende Freispruch des steirischen Arztes Eduard L. , der seine vier Kinder jahrelang psychisch gequält haben soll, sorgte auch am Tag nach dem Urteil für heftige Reaktionen. Die mutmaßlichen Opfer des Arztes sollen am Freitagabend nach der Urteilsverkündung zusammengebrochen sein. Zwei hätten sich in der Nacht sogar noch ins Krankenhaus begeben müssen, teilten ihre Vertreter am Samstag mit.

Unterdessen kündigten sie rechtliche Schritte gegen Richter Andreas Rom an. Von einer "enorm einseitigen Prozessführung" sprach Andrea Peter, Anwältin der vier Kinder L.s. Der Richter sei der Verteidigungslinie des Anwalts von L. gefolgt, "der immer wieder von einem ,Rosenkrieg‘ gesprochen" habe. Strafbare Handlungen erkannte Rom nicht. "Beweisanträge, die den Arzt belasten, wurden vom Richter mehrfach abgelehnt. Die Gutachterin, die beim Arzt keine Persönlichkeitsstörung erkannt haben will, wurde gar nicht zur Gerichtsverhandlung geladen", kritisierte Peter.

Für die Opfer sei das Urteil außerdem "politisch motiviert" – L. ist der Bruder eines heimischen Spitzenpolitikers. Richter Rom hatte das bei seiner Urteilsverkündung entschieden zurückgewiesen. Er sei unparteiisch.

Man wolle nun eine Sachverhaltsdarstellung wegen Amtsmissbrauchs gegen Richter Rom bei der Staatsanwaltschaft einbringen, kündigte Peter an. Außerdem hoffen die Opfervertreter, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch berufen wird. Die Anklagebehörde hatte nach dem Urteilsspruch keine Erklärung abgeben. Am Montag solle es Klarheit geben, ob Rechtsmittel eingelegt werden, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz am Samstag mit.

"Justiz in der Steinzeit"

Kritik am Urteil übte auch der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (VAÖF), der in einer Aussendung den Freispruch Eduard L.s als "ein Schritt in die juristische ,Steinzeit‘" anprangerte. Geschäftsführerin Maria Rösslhumer sprach von einem "absolut rückschrittlichen" Urteil. "Diese Menschen haben ein Martyrium durchgemacht und trauen sich erst nach Jahren das anzuzeigen und an die Öffentlichkeit zu gehen. Und dann wird der Typ freigesprochen."

Rösslhumer ortet generell ein Problem in der Justiz im Umgang mit Gewalt gegen Frauen und Kinder. "Es zeigt, dass Gewalt in der Familie von der Justiz nach wie vor nicht anerkannt wird", meinte Rösslhumer. Sie fordere daher ein verpflichtendes Praktikum von angehenden Richtern und Staatsanwälten in Opferschutzeinrichtungen. "Man muss das wissen, was sich da abspielt."

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