Alice Schwarzer zu Moser-Pröll: "Ich weiß, dass Sie lügen"

Schwarzer kritisiert Moser-Pröll scharf.
Österreichs Rekordsiegerin verteidigt den ÖSV gegen Missbrauchsvorwürfe. Nun kontert die deutsche Feministin.

Alice Schwarzer hat in einem offenen Brief Österreichs Ski-Legende Annemarie Moser-Pröll der Lüge bezichtigt. Generell geht es im Brief darum, wie Moser-Pröll nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe im ÖSV Trainer und Betreuer deutlich in Schutz nahm.

"Was Ihre Kolleginnen da über die Zustände in den Trainingslagern zu berichten haben, bezeichnen Sie als 'üble Nachrede'", schreibt Schwarzer. Es sei gewiss schwierig, von Helden Abschied zu nehmen. "Aber es ist offensichtlich noch schwerer, die Wahrheit zu sagen. Oder haben Sie ein so schlechtes Gedächtnis bzw. eine so blühende Fantasie?", meint Deutschlands bekannteste Feministin in dem offenen Brief

Alice Schwarzer zu Moser-Pröll: "Ich weiß, dass Sie lügen"

Den Vorwurf der Lüge unterstrich sie folgendermaßen: Schwarzer habe Anfang der 1970er-Jahre der damaligen aktiven Rennläuferin keine Briefe geschickt, wie von dieser jüngst behauptet wurde. "Ich jedenfalls weiß, dass Sie lügen", schreibt Schwarzer.

"Jeden Monat einen Brief"

Schwarzer stößt sich an einer Behauptung, die Moser-Pröll in der Vorwoche in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung aufstellte. "Als ich 1971 an die Weltspitze fuhr, bekam ich jeden Monat von Alice Schwarzer einen Brief. Sie suchte Prominente, damit sie in Sachen Gleichberechtigung unterstützt wird", erklärte die 62-fache Weltcupsiegerin dort. Es ist eine Aussage, die Moser-Pröll in ähnlichem Wortlaut übrigens schon 2013 in der Kleinen Zeitung getätigt hatte.

Schwarzer fordert Richtigstellung

Eine Richtigstellung sei für Schwarzer nun unumgänglich. "Sie lügen einfach zu dreist", schrieb die 76-Jährige. Und weiter: "Denn erstens ist es nicht meine Art, 'Prominenten' zu schreiben, damit sie meine Sache unterstützen. Und zweitens und vor allem war ich 1971 ganze 28 Jahre alt, lebte in Paris und hatte gerade erst gelernt, dass man Feminismus mit F schreibt. Und außerdem kannte ich Sie überhaupt nicht."

In der Frage der Missbrauchsvorwürfe im österreichischen Skisport hatte Moser-Pröll erst kürzlich wieder betont, dass ihr keine Fälle bekannt seien. Schwarzer ("Sie kennen sicherlich die Volksweisheit: Wer einmal lügt ...") zog das in Zweifel: "Sie aber wollen von alldem nichts gewusst und auch nie etwas gemerkt haben. Und Ihnen selber ist sowieso nie etwas passiert. Wenn das wirklich so wäre, das wäre schön. Für Sie."

Werdenigg löste Debatte aus

Im November 2017 ging die Tiroler Ex-Skiläuferin Nicola Werdenigg mit einem Vergewaltigungs- und mehreren Missbrauchswürfen gegen ÖSV-Funktionäre an die Öffentlichkeit. Die Verbrechen seien in den 1970er-Jahren passiert. In der Folge berichtete eine weitere Ex-Skiläuferin, die anonym bleiben wollte, dem Standard von wiederholtem Missbrauch im ÖSV. "Wir waren ja Freiwild", sagte die anonyme Ex-Athletin. 

Werdenigg betonte damals auch, das Thema betreffe nicht nur die ferne Vergangenheit. Ein Missbrauchsfall soll nur rund zwölf Jahre zurückliegen, also im Jahr 2005 geschehen sein.

Der ÖSV setzte daraufhin unter anderem einen Expertenbeirat unter Führung der ehemaligen steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic ein.

Offener Brief von Alice Schwarzer an Annemarie Moser-Pröll

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