Aktivisten räumten besetzte Oligarchenvilla am Attersee wieder

Derzeit nicht bewohnte Villa wurde mit Transparenten bepflastert
Spektakuläre Protestaktion gegen die Krieg in der Ukraine, aber auch für freien Zugang zum Attersee.

Die Besetzung einer feudalen Villa im Salzkammergut, die dem russischen Ex-Vizepremier Igor Schuwalow zugeschrieben wird, stellte Samstag einmal mehr die Besitztümer der russischen Oligarchen in Österreich und den Protest gegen den Krieg in der Ukraine ins Rampenlicht.

Es dauerte einige Zeit, bis die illegale Aktion in dem verschlafenen Winkel des Atterseegebiets überhaupt entdeckt wurde. Erst am Nachmittag trafen dort erste Polizeikräfte ein. Weil sie ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine und gegen das Oligarchentum setzen wollten, hatte sich eine namenlose Gruppe junger Aktivisten schon im Morgengrauen auf das Areal des sogenannten Waldschlössls geschlichen.

Die prachtvolle, aber abgelegene und in einem 2,5 Hektar großen Park  versteckte Schuwalow-Residenz beim Ort Schlössl in der Salzburger Grenzgemeinde St. Gilgen-Burgau soll derzeit unbewohnt sein. Laut Medienberichten hatte der mächtige Politiker, Bank-Vorstand  und Putin-Freund die Villa im Frühjahr geräumt. Er gehört zur Gruppe der Oligarchen, die nach dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine von der EU auf die Sanktionsliste gesetzt wurden.

Zugang verschafft

In der Morgendämmerung verschafften sich die Aktivisten dann auch Zugang in das Hausinnere. Dass das Gebäude eingerüstet ist, weil die Villa offenbar gerade einer Renovierung unterzogen werden soll, kam den Hausbesetzern dabei gerade recht. So konnten sie bequem auf mehreren Ebenen ihre Transparente platzieren.   Darauf waren Appelle wie  „Solidarity with all refugees and deserters“ oder „Sabotage war everywhere“ zu lesen. In einem auf Social Media veröffentlichten Statement übten die Hausbesetzer  Kritik am Krieg in der Ukraine und fordern die Nutzung privatisierten Leerstandes für Geflüchtete, Deserteure und Wohnungslose. Der Attersee stünde schon seit einigen Jahren im öffentlichen Interesse, da mittlerweile fast alle Seezugänge im privaten Besitz seien, beklagten die Hausbesetzer weiters. „Wir fordern deshalb auch freien Seezugang“, sagte die Sprecherin der Gruppe im KURIER-Gespräch.

Aktivisten räumten besetzte Oligarchenvilla am Attersee wieder

Transparent der Besetzer zum Seezugang

Diese Forderung wurde auch mithilfe eines großen Transparents kundgetan, dass direkt über dem malerischen Seezugang zwischen den Bäumen angebrachte worden war. Die Aktivistin, die anonym bleiben wollte,  versicherte auch, dass bei der Besetzung und auch dem Eindringen in das Gebäude kein Schaden angerichtet wurde.

Lose Gruppe

Die Größe ihrer Gruppe gab sie mit „30  bis 40 Personen“ an. Gruppennamen gebe es keinen, „wir sind ein loses Bündnis anarchischer Aktivistinnen und Aktivisten“, erklärte sie. Gefordert wird die Enteignung des russischen Besitzers. Mit der kürzlichen Besetzung eines leer stehenden Hauses des Ski-Asses Marcel Hirscher in der Stadt Salzburg gebe es keinen Zusammenhang, versicherte die Sprecherin. Mit der Salzburg-Aktion erkläre man sich aber solidarisch, erklärte die Frau, die am Vormittag die Lage am besetzten Areal als sehr entspannt beschrieb.

Keine Verhaftungen

Die Spannung stieg dann, als am Nachmittag Salzburger Polizisten, die von oberösterreichischen Kollegen unterstützt wurden, zu Land und zu Wasser eintrafen. Die Polizei  gab an, dass sich zehn Besetzer im Haus befänden. Diese ließen ausrichten, dass nur der Eigentümer Schuwalow eine Räumung anordnen könne, verließen das Haus dann aber doch freiwillig.  
Fünf der zehn Personen wurden dabei von Beamten zwecks Identitätsfeststellung angehalten, fünf konnten flüchten. Die Einvernahme stellte sich jedoch wegen fehlender rechtlicher Grundlagen als „nicht gewinnbringend“ dar. Über Anordnung der Verwaltungsbehörde ließ man die Aktivisten ziehen. Sachschaden am Haus entstand nicht.

 

Die Villa Waldschlössl am Ufer des Attersees samt 2,5 Hektar großem Grundstück soll einem Liechtensteiner Treuhandfonds gehören, hinter dem angeblich die Familie von Igor Iwanowitsch Schuwalow steckt. Igor Schuwalow, der Oligarch, hat eine beachtliche Polit-Karriere hinter sich. Er war von 2003 bis 2008 Vizechef der Präsidialverwaltung von Wladimir Putin, danach zehn Jahre lang russischer Vize-Ministerpräsident. 2018 wurde er Chef der Vneschekonombank, der staatlichen Bank für Außenwirtschaft. Schuwalow ist einer von jenen knapp 600 Personen der russischen Elite, die auf der Sanktionsliste der EU stehen.

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