Ahnenforschung: Auf der Jagd nach der Familiengeschichte
Oft hat man das Hochzeitsfoto der Ur-Oma schon betrachtet, außer, dass sie die Mama vom Opa ist, weiß man nicht viel über die Frau. Wo kommt sie her? Was hat sie erlebt? Wer waren ihre Eltern und damit die eigenen Ur-Ur-Großeltern?
Schnell wird klar: Es gibt viele offene Fragen in der Familiengeschichte und damit oft unentdeckte Familiengeheimnisse. Irgendwann keimt der Wunsch auf, mehr über die eigenen Vorfahren zu erfahren. Um die Spur aufzunehmen, muss man sich in die Ahnenforschung begeben.
Einer, der weiß, wie so etwas geht, ist Genealoge Felix Gundacker aus Niederösterreich.
Er hat nicht nur seine eigenen Wurzeln – bis zurück zu Michael 1566 – erforscht, sondern auch die altösterreichisch-jüdischen von Ex-US-Außenminister John Kerry in Niederösterreich aufgespürt oder die Verwandtschaft zwischen Altlandeshauptmann Erwin Pröll und der Ehefrau des ersten südkoreanischen Staatspräsidenten Rhee Syng-man.
"Auftragsjäger"
Er „jagt“ Ahnen seit er 14 Jahre alt ist, vom „Hobbyjäger“ wurde er zum „Berufs- und Auftragsjäger“. Er erforscht Ahnenlinien von Prominenten, aber auch von Privatpersonen, die zum Beispiel etwas über die Wurzeln des in Stalingrad gefallenen Vaters herausfinden wollten.
Prinzipiell kann laut Gundacker aber jeder in Österreich „relativ leicht“ Ahnen erforschen und Lücken in Stammbäumen schließen.
Zwei Dinge braucht es dafür: Man muss einen Internetbrowser bedienen und Kurrentschrift lesen können. Und beides kann man lernen. Sehr nützlich seien aber auch Tschechischkenntnisse. „Bei jeder dritten meiner Forschungen führt die Ahnenlinie nach Tschechien“, erzählt Gundacker.
Die wichtigsten Quellen für die Ahnenforschung seien die Kirchenaufzeichnungen und Grundherrschaftliche Einträge.
Da Österreich laut dem Forscher „die Weltspitze bei der Digitalisierung von historischen Quellen“ ist, sind umfassende Aufzeichnungen bereits online zugängig. Wenn man einen Namen, einen Ort und ein Datum hat, sei es relativ wahrscheinlich, fündig zu werden.
"G'schichtl, das die Oma erzählt"
Außer etwas stimmt nicht. Die zwei häufigsten Fehler auf der Jagd nach der Geschichte: „Hudeln und überlieferte Geschichten als Geschichte nehmen – oft ist es aber nur ein G’schichtl, das die Oma erzählt“, sagt er.
Datenbanken
www.matricula-online.eu: Kirchenbücher aus Ö, D, LUX, SLO
www.genteam.eu: kostenlose Datenbank mit über 21 Millionen Einträgen, darunter Ortsverzeichnis von Ö, CZ, SK, SLO, Südtirol, mit alten und heutigen Namen; Tauf-, Trauungsindex von Wien; Verlustlisten des Ersten Weltkriegs Österreich-Ungarns
Erfahrungsaustausch
www.genbuch.eu: Genealogische Bücher
www.genealogiekurse.at: Seminare und Workshops
www.oefr.at: Verein ÖFR bietet eine Wissensplattform mit wertvollen Tipps und Stammtische (immer mittwochs über zoom, nach Corona wieder Präsenzstammtisch in Wien, in NÖ in Krems und Mistelbach)
Solche G’schichtln haben ihn auch selbst schon oft vor Herausforderungen gestellt – etwa als er für einen Kunden herausgefunden hat, dass sein Vater nicht – wie ihm seine Mutter sein Leben lang erzählt hat – in Stalingrad ums Leben kam, sondern noch lebt, verheiratet ist und sie jahrelang seine Geliebte war.
Detektivische Arbeit
„Es ist eine detektivische Arbeit, die spannend ist und auch sehr viele bewegende Momente mit sich bringt.“ Seit vielen Jahren wird Gundacker gefragt, ob denn das Interesse an Ahnenforschung steigt und jedes Mal lautet seine Antwort: „Ja“.
Als er 1988 angefangen hat, habe er den Berufsstand der Ahnenforscher ins Leben gerufen. „Durch die Digitalisierung ist auch das Interesse gewachsen, man kann es zu jeder Zeit machen, sich vor den Computer setzen und sich durch Archive graben.“
Früher musste man sich noch einen Tag freinehmen, Termine vereinbaren mit Pfarrern, Ämtern und Archivaren – dicke Bücher wälzen, wo man teilweise am Ende doch mit leeren Händen zurückkehrte. Auch in seinen Kursen, die er seit zwölf Jahren gibt, sei der Altersdurchschnitt gesunken, viele sind zwischen 30 und 40 Jahre alt. „Es ist kein Hobby für Nickelbrillenträger“, betont er, seine eigene, randlose liegt vor ihm auf dem Schreibtisch.
Kommentare