85 Verkehrstote im heurigen Sommer: Sechs mehr als im Vorjahr

85 Verkehrstote im heurigen Sommer: Sechs mehr als im Vorjahr
Anteil tödlich verunglückter Pkw-Insassen besonders hoch. Rückgang bei den tödlich verunglückten Motorradfahrern.

In den Sommermonaten Juli und August kommt es aufgrund des höheren Verkehrsaufkommens jedes Jahr zu einem Anstieg bei den Unfallzahlen und bei der Anzahl der Verkehrstoten, resümiert der ÖAMTC. "Gerade heuer führte das langanhaltende Schönwetter zu verstärktem Ausflugs- und Reiseverkehr", sagt ÖAMTC-Verkehrstechniker Felix Etl. "Besonders tragisch war das verlängerte Wochenende von 13. bis 15. August, wo zwischen Freitag und Montag allein elf Menschen tödlich verunglückten." Insgesamt starben im Juli und August 85 Personen. Im Vergleichszeitraum 2021 waren es 79, 2020 72 Verkehrstote. Im letzten Jahr vor der Corona Pandemie (2019) waren mit 93 Verkehrstoten jedoch mehr Opfer zu beklagen.

Die bisherige Unfallbilanz 2022 zeigt weiters: Von 1. Jänner bis 31. August sind auf Österreichs Straßen 273 Menschen tödlich verunglückt. Gegenüber 2021 ist das ein Anstieg um 19 Prozent, dennoch liegt der Wert immer noch um sechs Prozent unter dem aus dem Jahr 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie.

Pkw-Insassen stark gefährdet

Rund die Hälfte der im Sommer 2022 tödlich Verunglückten saß in einem Pkw. Besonders häufig starben die Insassen bei Alleinunfällen (38 Prozent) sowie bei Frontalkollisionen (35 Prozent). "Bei den meisten dieser Unfälle war nicht das Tempo die Hauptunfallursache, sondern Unachtsamkeit und Ablenkung", berichtet Etl. "Hier braucht es einerseits weitere Verbesserungen an Infrastruktur und Technik, vor allem aber muss das Sicherheitsbewusstsein der Lenker gestärkt werden. In ihrer Verantwortung liegt es, eine angepasste Geschwindigkeit zu wählen sowie riskante Fahrmanöver und ablenkende Tätigkeiten zu unterlassen."

VCÖ fordert Maßnahmen wie in der Schweiz

Der VCÖ - Verein Zukunft Mobilität fordert angesichts der hohen Todeszahlen auf Österreichs Straßen rasche Maßnahmen, wie etwa das "Abschaffen der zu hohen Toleranzgrenzen beim Überschreiten von Tempolimits nach Schweizer Vorbild" sowie Tempo 80 auf Freilandstraßen und Tempo 30 im Ortsgebiet. Schweizer Vorbild deshalb, weil dort laut VCÖ im Jahr 2021 200 Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen sind, während Österreich 362 Tote zu verzeichnen hatte. "In der Schweiz gilt auf Freilandstraßen Tempo 80, auf Autobahnen Tempo 120, in den Städten und Gemeinden gibt es viel Verkehrsberuhigung. Allein Bern hat mehr als 100 Begegnungszonen. Vor allem aber gibt es im Unterschied zu Österreich de facto keine Toleranzgrenze beim Überschreiten von Tempolimits", nennt VCÖ-Sprecher Gratzer relevante Unterschiede. In Österreich hingegen wird etwa auf Autobahnen und Schnellstraßen je nach Bundesland eine Toleranz von 10 bis 15 km/h gewährt. Deshalb werde von kaum einem Lkw das Tempolimit von 80 km/h eingehalten, erläutert Gratzer.

30 Jahre Tempo 30

Und der VCÖ erklärt weiter: Auf den Freilandstraßen würde Tempo 80 statt 100 sowie verstärkte Kontrollen die Verkehrssicherheit erhöhen. Im Ortsgebiet bringt großflächiges Tempo 30 statt 50 eine Reduktion der Verkehrsunfälle, wie auch die Stadt Graz zeigt. In Graz trat heute vor 30 Jahren großflächig Tempo 30 in Kraft, nur auf den Hauptrouten gilt Tempo 50. Die Zahl der Verunglückten ging um 20 Prozent zurück. "Vor allem für die Sicherheit von Fußgängerinnen und Fußgängern, insbesondere für Kinder und ältere Menschen bringt Tempo 30 statt 50 einen enormen Sicherheitsgewinn", betont VCÖ-Sprecher Gratzer. Ein Pkw, der bei Tempo 30 einen Anhalteweg (Reaktionsweg plus Bremsweg) von 11 Metern hat, hat bei Tempo 50 einen Anhalteweg von 24 Metern. Nach elf Metern hat das Auto noch eine Geschwindigkeit von 49 km/h, informiert der VCÖ. Wird ein Fußgänger mit diesem Tempo angefahren, ist das Risiko schwerster Verletzungen extrem hoch.

85 Verkehrstote im heurigen Sommer: Sechs mehr als im Vorjahr

Weniger Biker verunglückt 

Vergleichsweise positiver stellt sich die Bilanz der tödlich verunglückten Motorradfahrenden dar: Mit 14 waren es heuer trotz häufigen Schönwetters rund halb so viele Tote wie noch in den Jahren 2015 bis 2021, in denen durchschnittlich 29 Biker tödlich verunglückten. "Ob der heurige Sommer nur ein statistischer Ausreißer oder eine tatsächliche Trendumkehr ist, muss sich jedoch erst zeigen", stellt der ÖAMTC-Experte klar.

ÖAMTC warnt vor Herbstunfällen

Im Sommer 2022 sind zwar weniger Radfahrende und Fußgängerinnen zu Tode gekommen als in der Vergangenheit. Die gefährlichste Zeit steht mit Herbst und Winter und der damit einhergehenden Dunkelheit jedoch erst bevor. Der ÖAMTC-Experte empfiehlt daher, sich als Fußgängerin unbedingt hell zu kleiden oder reflektierende Materialen zu tragen, um besser von anderen Verkehrsteilnehmenden erkannt zu werden.

An Fahrzeuglenkerinnen appelliert der ÖAMTC, mit einer vorsichtigen und defensiven Fahrweise unterwegs zu sein. Gerade im Herbst lauern Gefahren wie vermehrter Wildwechsel, tiefstehende Sonne, Nebel oder laubverschmierte Fahrbahnen. Derartige Situationen können plötzlich und unerwartet auftreten. Mit einer aufmerksamen und an die Bedingungen angepassten Fahrweise können Unfälle vermieden werden. Zusätzlich wird es früher dunkel, was die Erkennbarkeit von Fußgängern und Radfahrenden erschwert.

Verkehrstote im Sommer nach Bundesländern:

Niederösterreich: 23 (2021: 21), Oberösterreich: 18 (18), Steiermark: 16 (13), Tirol: 9 (7), Salzburg: 7 (4), Kärnten: 5 (10), Burgenland: 3 (4), Vorarlberg: 2 (2) und Wien: 2 (4) (Quelle: Statistik Austria, BMI, ÖAMTC)

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