76-jähriger kassierte Rente der verstorbenen Mutter: 8 Monate Haft

Der ältere Unternehmer kommt ohne Rechtsvertretung ins Straflandesgericht in Wien. Er muss sich wegen schweren Betrugs verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, über knapp ein halbes Jahr die Pension seiner Mutter kassiert zu haben, nachdem diese im September 2019 verstorben war - etwas mehr als 11.000 Euro.
Kurios schon der Einstieg: Als der Richter fragt, ob der Angeklagte Vorstrafen habe, meint dieser: "Ich glaube nicht." Der Richter nimmt das Vorstrafenregister heraus und beginnt, vorzulesen. Sechs sind in Österreich registriert, sieben weitere in Deutschland. Dass es sich dabei um einen namensgleichen Mann mit gleichem Geburtstag handle, versucht der Angeklagte zu erklären. Der Richter geht nicht darauf ein.
Bei der Einvernahme durch den Richter bekennt sich der Pensionist nicht schuldig. Wortreich erklärt er seine Vorgeschichte: Er sei ein erfolgreicher Unternehmer gewesen, Tschernobyl und ein Börsencrash in New York hätten ihn um sein Vermögen gebracht. Darüber hinaus sei vor 15 Jahren sein Vater nach einem Brand des Adventkranzes verstorben, das habe ihn aus der Bahn geworfen. Der Richter bremst ihn ein, mahnt den Angeklagten, zum Thema zu reden.
Pension wurde nach Tod der Mutter weiterbezahlt
Was war passiert? Nachdem die Mutter verstorben war, hätte er alle Stellen darüber informiert. Auch die Bank mit dem betreffenden Konto, und die pensionsauszahlende Stelle, der Ärztekammer Wohlfahrtsfonds. Dieser überwies monatlich eine Witwenpension. Jedoch wurde weder die Auszahlung der Pension gestoppt, noch das Konto der verstorbenen Frau gesperrt.
Nach Abwicklung der Verlassenschaft erhielt der Pensionist die Information, dass er 4.000 Euro aus der Verlassenschaft erhalte - unter anderem für Begräbniskosten. Allerdings behob der Mann vom Konto der verstorbenen Mutter das gesamte verfügbare Geld - eben die nach dem Tod der Mutter weiterhin ausbezahlte Pension.
Konto geschlossen - Ärztekammer bemerkt Fehler
Danach wurde das Konto geschlossen - und weil das Geld nicht mehr am Konto landete, kam die Ärztekammer auf die fehlerhaft Auszahlung und forderte etwas mehr als 11.000 Euro zurück. Er habe im guten Glauben gehandelt, dass ihm das Geld zustehe, erklärt der Angeklagte in seiner abschließenden Stellungnahme, nicht vorsätzlich. Der Fehler liege bei der Bank und bei der Ärztekammer. Dem Vertreter der Ärztekammer, die den Fall zur Anzeige gebracht hat, wirft er "unglaubliches Verhalten" vor: "Sie haben sich durch den Unfall meines Vaters viel Geld erspart."
Dass er jetzt wegen dieser Summe strafrechtlich verfolgt werde, sei nicht in Ordnung. Woraus die Staatsanwältin doch zumindest einen möglichen Vorsatz ableitet, er habe sich nur das zurückgeholt, was ihm zugestanden sei. Sein Konter: "Wenn mir ein Jurist sagt, dass ich das Geld nicht rechtmäßig erhalten habe, bin ich bereit, es zurückzuzahlen." Der Richter dazu: "Hier sitzen drei Juristen." Die zählen für den Angeklagten nicht, es müsse "sein" Jurist sein.
Urteil: 8 Monate bedingte Haft
Der Richter verurteilt den nicht gerade unbescholtenen Mann - allerdings nicht wegen Betrugs, sondern wegen Anschluss-Unterschlagung, und zwar zu acht Monaten bedingter Haft auf drei Jahre. Der Richter ist am Ende überzeugt, dass der Mann die Ärztekammer nicht betrügen wollte. Die Staatsanwaltschaft gibt dazu keine Erklärung ab, der Mann kündigt volle Berufung an. Dazu will er sich allerdings einen Juristen als Beistand holen.
Kommentare