„Wir sind zutiefst soziale Wesen“

„Wir sind zutiefst soziale Wesen“
Familie: Eltern sollen unaufgeregt und gefiltert mit ihren Kindern über Corona und die Maßnahmen sprechen

Das Bussi beim Begrüßen, die Umarmung beim Verabschieden oder das gemeinsame Geburtstagslied im engen Kreis. Derzeit alles ein absolutes No-Go. Aber wie erklärt man Kindern kindgerecht, warum Abstandhalten, Hygiene und Co. derzeit ein Muss sind?

Vorübergehend

Adrian Kamper, Leiter der Psychosomatik für Kinder und Jugendliche am Klinikum Wels-Grieskirchen hält fest: „Grundsätzlich ist es schon so, dass die Idee eines sozialen Lebens nicht verloren gehen darf. Denn wir Menschen sind durch und durch soziale Wesen.“ Es gehe also vor allem darum, sich auf die neue – vorübergehende – Situation einzustellen. Und das machen Kinder, in dem sie sich an ihren Bezugspersonen orientieren: „Wenn also Eltern ängstlich reagieren, wird sich das auf die Kinder übertragen. Aber natürlich genauso, wenn die Eltern ruhig und gelassen reagieren,“ so der Grieskirchner Kinder-Primar.

Spielerisch lernen

Langfristig brauchen wir den Beziehungs-Modus, Austausch, Nähe und Wärme für die psychische Gesundheit. „Von Krabbelstuben- und Kindergartenkindern kann man Abstandhalten und Distanz wirklich nicht verlangen. Diese Altersgruppe versteht das überhaupt nicht. Diese positive Gefühl, dass bei Zuneigung und Körperkontakt entsteht, soll plötzlich falsch sein. Diese Zurückweisung macht etwas mit den Kindern.“Im Volksschulalter gestalte sich die Sache anders, weiß Kamper: „Dort kann ich Abstandhalten und Hygieneregeln einfordern. Das kann ja auch spielerisch passieren.“

„Wir sind zutiefst soziale Wesen“

Adrian Kamper, Leiter der Psychosomatik für Kinder und Jugendliche am Klinikum Wels-Grieskirchen

Eigeninitiativ auf seine Kinder zugehen und Veränderungen ansprechen, sei auf jeden Fall gefragt. „Wir können Kindern alles erklären, wenn wir ruhig bleiben und nicht in eine polarisierende Stimmung kommen. Also, alle Themen, die mit Corona zusammenhängen, kommunizieren Eltern am besten so, wie sie bisher auch mit ihren Kindern kommuniziert haben. Dabei heißt es filtern, denn nicht alle Informationen sind für jedes Alter geeignet. Und Kinder bitte nicht in Überlegungen und Diskussionen das Covid-Thema betreffend einbeziehen, das wäre bestimmt eine Überforderung. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen.“

Rituale beibehalten

„Geburtstags- und Familienfeiern sollte man nicht gleich unterlassen, sondern man kann sie kleiner und anders gestalten“, rät Kamper. Das erfordere natürlich mehr Planung und Einsatz vonseiten der Eltern, „aber es ist zum Beispiel möglich, Familienmitglieder oder Freunde online dazuzunehmen. Da ist jetzt wirklich Kreativität gefragt.“

Wer zu Info-Zwecken unterstützend auf Angebote aus dem Internet zugreifen will, „kann das natürlich tun. Es gibt mittlerweile sehr viele sinnvolle, wirklich gut gemachte Erklär-Videos zum Corona-Thema – auch für die verschiedenen Altersgruppen“, weiß der Mediziner, aber: „Ein Video kann natürlich niemals ein persönliches Gespräch ersetzen.“

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