„Unsere Bauteile sparen Milliarden Liter Kerosin ein“

Machtlinger: „Wir sind unseren Mitbewerbern in der Regel um ein bis zwei Schritte voraus.“
Robert Machtlinger. Der Innviertler Hobbypilot ist mit FACC seit Unternehmensbeginn auf Wachstumskurs. 2030 soll der Umsatz zwei Milliarden Euro überspringen. Zukunftsfelder sind Lufttaxis und die Servicierung und Überholung von älteren Flugzeugen.

Robert Machtlinger ist Vorstandsvorsitzender des Flugzeugteileherstellers FACC. Der 49-Jährige ist in St. Martin/I. aufgewachsen und gehört dem Unternehmen seit 1989 an.

KURIER: FACC hat sich enorm entwickelt und beschäftigt derzeit 3400 Mitarbeiter. Wie haben Sie die Entwicklung erlebt?

Robert Machtlinger: Wir haben 1989 mit einer Halle von 1000 Quadratmetern begonnen. Wir sind mit den Aufträgen gewachsen, die wir akquiriert haben. 1998 waren wir ein Unternehmen mit 50 bis 60 Millionen Euro Umsatz. Da wurde beschlossen, neben Ried in Reichersberg ein zweites Werk mit 6500 Quadratmetern zu errichten. Das war ein Meilenstein. Anfang der 2000-er Jahre erhielten wir große Aufträge von Airbus für die Entwicklung des A 380. Mit der Boeing 787 haben wir zwei Jahre später den gleichen Schritt gemacht. 2005 haben wir entschieden, das Werk IV mit 24.000 Quadratmetern Fertigungsfläche zu errichten. Seit Anfang der 2000-er Jahre sind wir bei jedem Flugzeug, das neu entwickelt worden ist, mit Komponenten der FACC vertreten.

Warum läuft es so gut?

Die Luftfahrtindustrie ist ein stark wachsender Markt. Das Luftverkehrsaufkommen verdoppelt sich alle 15 Jahre. Das Wesentliche für uns ist die Innovationskraft des Unternehmens. Österreich ist in der Luftverkehrsindustrie ein überschaubares Land. Wir exportieren zu 100 Prozent. Wir leben allein von der Innovationskraft, von der hohen Effizenz und Qualität.

Worin liegt die Innovationskraft?

Wir kamen von der Skiindustrie, wir waren Teil von Fischer. Wir haben verschiedene Bauteile für den Sportartikelbereich verklebt. Genau diese Technologie, Materialien so zu kombinieren, um ein marktkonformes Produkt auf den Markt zu bringen, hat uns geprägt. Wir haben mit ganz neuen, distuptiven Ansätzen, die Dinge anders zu machen, die ersten Kunden begeistert. Wir kamen mit neuen Produktideen, mit neuen Materialpaarungen, mit neuen Prozessen und waren dadurch leichter und schneller als der Mitbewerb. Wir waren Spezialisten im Leichtbau. Diese FACC-DNA haben wir uns von Anfang an bis heute bewahrt. Wir sind in der Regel unseren Mitbewerbern ein, zwei Schritte voraus.

Was sind Ihre Hauptprodukte?

Unser größtes Produktsegment sind Strukturkomponenten, also alles, was am Flugzeug außen ist. So zum Beispiel die Winlets. Das sind die äußeren Teile des Flügels, die hochgebogen sind. Sie sind wichtig, um Treibstoff einzusparen. Wir haben die Boeing 737 damit ausgestattet, rund 10.000 Flugzeuge, und haben damit 30 Milliarden Liter Treibstoff gespart. Das Gleiche finden Sie nun auf der A 320, der A 350 und auf Business-Jets. Wir produzieren Steuerflächen, also alles, was den Flieger in der Luft bewegt. Das sind Landeklappen, Bauteile am Flugzeugheck, Seiten-und Höhenruder.

Der zweitgrößte Bereich sind Innenausstattungen. Wir liefern Gesamtkabinenkonzepte. Von der Cockpitverkleidung bis hin zur Hauptkabine. Von der Klimaluft- und Sauerstoffversorgung, von Leselampen, Gepäckablagen bis zu Seitenverkleidungen.

Im Triebswerksbereich haben wir zwei große Gruppen. Die eine ist das Innere des Triebwerks, alles, wo sich etwas dreht und die Luft nicht heiß ist. Das zweite ist der Triebwerkseinlauf, Wartungsklappen bis hin zur Schubumkehr. Und die äußere Hülle für die Triebwerke.

Sie sind mit Aufträgen von rund 6,5 Milliarden Dollar für die nächsten sieben Jahre völlig ausgelastet. Wie kann ein so junges Unternehmen so viele Aufträge verkraften?

Wir müssen zu Beginn viel Geld in die Entwicklung neuer Technologien investieren. Aber wir haben den Vorteil, dass wir einen Auftrag, den wir gewinnen können, in der Regel für die Lebenszeit eines Flugzeuges haben. Das sind 15 bis 25 Jahre.

Wir haben in den vergangenen neun Jahren 450 Millionen Euro in Anlagen, Gebäude, Prozeß- und Programmentwicklung investiert.

Wo wird FACC in zehn Jahren stehen?

Die Strategie 2020 geht inRichtung von einer Milliarde Umsatz. Wir sind hier sehr gut auf Kurs. Zum einen mit den Hauptstandorten in Österreich und zum anderen mit 13 weltweit verbundenen Entwicklungs- und Fertigungsstandorten. Die Strategie für 2030 ist sicherlich weiteres Wachstum, eine Verdoppelung auf zwei Milliarden Euro. Unser Hauptfokus ist die Luftfahrt. Wir steigen vermehrt ein in das Servicieren und Reparieren bzw. Ersetzen von Flugzeugkomponenten. Das ist derzeit ein Markt von jenseits 60 Milliarden jährlich.Wir wollen Airlines helfen, Flugzeuge bei der Wartung schnell zu reparieren. Wir wollen hier 2022 rund 100 Millionen Euro Umsatz machen.

Unser fünftes Element ist zukünftige Mobilität. Hier geht es um Lufttaxis. Sie werden sich in den großen Städten etablieren. 2025 wird diese Mobilität wahrscheinlich im asiatisch-pazifischen Raum starten: Hongkong, Peking, Schanghai. Fünf Jahre später wird sie nach Nordamerika und Europa kommen. Wir wollen hier einfach ein Vorreiter sein.

Werden Sie komplette Flugtaxis produzieren?

Wir sehen uns nicht als Anbieter von Flugtaxis, sondern als Ermöglicher von Technologie. Wir werden hier mit anderen Anbietern kooperieren, die auf den Markt drängen. Als Technologiepartner im Bereich der Struktur, der Antriebstechnik und der Innenausstattung. Wir wollen aber selbst kein Fluggerät bauen und vertreiben. Diese Flugtaxis müssen extrem leicht und extrem sicher sein, gut performen und leistbar sein.

Was darf so ein Flugtaxi kosten?

Es wird bei 200.000 Euro beginnen und bis zu einer Million gehen. Die kleineren werden zwei Personen transportieren, die größeren sechs bis acht.

FACC beschäftigt derzeit rund 3400 Mitarbeiter. Die Konkurrenz durch andere erfolgreiche Industrieunternehmen ist auch im Innviertel groß. Glauben Sie, dass Sie noch genügend gute Mitarbeiter finden?

Wir haben am Standort die Erfahrung gemacht, dass es schwieriger ist, hochqualifzierte Kräfte ins Innviertel zu bekommen. Aber vor zehn Jahren war es sogar noch schwieriger. Wir haben dann begonnen, in Wien ein Büro zu errichten. Zwei Jahre später haben wir einen Entwicklungsstandort in Bratislava eingerichtet. Das Innviertel hat sich in den vergangenen zehn Jahren sehr gut entwickelt. Wir haben hier 38 Nationen beschäftigt. Es gelingt derzeit sehr gut, Mitarbeiter aus Linz, Wien, Graz, oder Kärnten hieher zu holen. Wir kooperieren mit der HTL in Ried, mit Fachhochschulen und Universitäten. Es gibt den HTL-Standort in Andorf.

Wir brauchen die besten Köpfe, um den Standort innovativ zu halten.

Kommentare