Gutachter schätzt umstrittenes Haus am See auf 4,4 Millionen Euro
Dieser Prozess schlägt auch in der Anwaltsszene hohe Wellen. Eine lokale Maklerin, eine bekannte Anwältin und ihr Mann, ein in der Region hoch angesehener Immobilienentwickler, ein befreundeter Notar, der Anwaltskollege der Anwältin und ihr Bruder, ebenfalls in der Immo-Branche tätig, stehen in Wels vor Gericht.
Sie sollen der früheren Besitzerin der Pension Neuwirth, Gertrude Neuwirth, ihr Haus am Traunsee um 750.000 Euro "abgeluchst" haben. Schwerer Betrug, sagt die Staatsanwaltschaft Wels dazu, weil das Haus wesentlich mehr wert sei, und brachte das Sextett vor Gericht.
Dort haben sie allesamt eine Erklärung verlesen, auf Fragen der Staatsanwaltschaft antworteten sie nicht. Dennoch wird es - zumindest für den Anwalt, die Anwältin, den Notar und die Maklerin - noch ungemütlicher.
Denn die Staatsanwaltschaft hat gegen diese vier Personen die Anklage ausgedehnt - und zwar auf falsche Zeugenaussage. Das bestätigte Johannes Huber, Sprecher des Landesgerichts Wels.
Demnach hätten die Angeklagten bei den beiden Zivilprozessen zur Rückabwicklung des Verkaufs als Zeugen wissentlich unterschiedlich ausgesagt - etwa bei der Tippgeberprovision und zum Ablauf des Vertragsabschlusses.
Was Tochter und Enkel sagen
Beim Prozess wurden auch Martina Dimas, die Tochter der früheren Besitzerin, und das beim Verkauf anwesende Enkelkind als Zeugen befragt. Auch die Enkeltochter stellte die Situation des Vertragsabschlusses völlig anders dar als die Angeklagten.
Für Martina Dimas war der Auftritt vor Gericht neuerlich schwierig: "Man geht rein und weiß, was die getan haben."
Aber sie bekomme viele Rückmeldungen und Unterstützung, dass sie sich das Haus über einen Zivilprozess mit Hilfe ihres Anwalts Christoph Mizelli von der Kanzlei mit dem klingenden Namen "Traunseelaw" wieder zurückgeholt hat: "Das soll als warnendes Beispiel in Zukunft gelten, dass niemandem wieder so etwas passiert, wie meiner Mutter."
Ihre Mutter habe voll darauf vertraut, dass die Maklerin ("mein Schutzengel") und die Käufer ("das sind alles Anwälte, da brauch ich keinen eigenen") auch ihre Interessen vollinhaltlich wahren würden. Dimas: "Aber die haben ganz bewusst nur darauf geschaut, dass sonst niemand dabei ist. Meine Tochter war dann beim Vertragsabschluss ein großer Störfaktor."
Der letztlich auch dazu geführt hat, dass der Verkauf gerichtlich rückabgewickelt wurde und die Armada von Anwälten gegen die Erben der verstorbenen Pensionsbetreiberin das Nachsehen hatten.
Der Strafprozess betreffe sie nur noch am Rande, sagt Dimas: "Da geht es jetzt aber um die Gerechtigkeit." Mittlerweile ist bekannt, dass zwei weitere Prozesstage zur Klärung des Sachverhalts nötig sein werden.
4,4 Millionen Euro Verkehrswert
Als "Wieder-Eigentümerin" des Lebenswerks ihrer Mutter will Dimas nun endgültig abschließen und das Haus verkaufen. Zu einem vernünftigen Preis, wie sie betont. Ein Gutachter vom Attersee schätzt das Haus samt Bootshaus und Seegrund auf 4,4 Millionen Euro.
Um vier Millionen Euro könnte das Haus über den Ladentisch gehen, ist Dimas überzeugt. Was um mehr als drei Millionen Euro mehr bedeuten würde, als ihre Mutter von den honorigen Immobilienentwicklern und der Anwältin erhalten hat.
Nun ermittelt die nächste Staatsanwaltschaft
Der Prozess ist übrigens nicht der einzige, in dem zumindest vier der hier betroffenen Angeklagten Ungemach droht. Denn in einer Immobiliensache in Pasching und Hackendorf ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStaA) gegen vier Verdächtige, die in Wels schon vor Gericht sitzen.
Hier soll es um einen Betrug mit einem Schaden von mehr als fünf Millionen Euro gehen. Nähere Details gab die Medienstelle der WKStA nicht bekannt.
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