Mehrere Vorstrafen
Andauernde Verantwortungslosigkeit, niedrige Schwelle für aggressives Verhalten, keine Regeln, geringe Frustrationstoleranz, zitierte er aus dem Gutachten. Der junge Mann wurde darüber hinaus kurz zuvor wegen gewalttätiger Übergriffe auf den Vater weggewiesen, er hat eine ganze Reihe an Vorstrafen, etwa wegen eines Raubüberfalls mit einer Axt.
Der Vorfall an diesem 19. Jänner ist für die Staatsanwaltschaft ein glatter Mord, Ebner will, dass der junge Mann in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen wird.
Um das zu verhindern, hat der Linzer Anwalt Andreas Mauhart die Verteidigung übernommen und einen Prozesstag direkt in jenes Haus, in dem der Vater seines Mandanten gestorben ist, verlegt.
"Müssen sich ein Bild machen können"
"Die Geschworenen und der Schussgutachter müssen sehen, wie es in dem Haus aussieht", betonte Mauhart, "damit sie sich ein Bild über den Ablauf machen können."
Das ist diese Woche passiert. Die beengten Verhältnisse in dem Haus lassen aus Sicht des Verteidigers keinen anderen Schluss zu als jenen, dass der Vater, "erst auf seine Frau und dann auf den Sohn" geschossen habe. Dann sei der Mann in Notwehr getötet worden - oder an den Folgen der Körperverletzung gestorben.
"Wie Mäuse in einem Loch"
Das hat der Anwalt beim Lokalaugenschein versucht, den Anwesenden ("Wir sind wie Mäuse in einem kleinen Loch gesteckt") klarzumachen: "Der Vater ist über die enge Stiege herunter gekommen, hat sich um 180 Grad nach links gedreht und in den Raum hineingeschossen, und zwar genau auf jene Stelle, an der sein Sohn sonst immer gesessen ist."
An der Stelle stand zu der Zeit ein weißes Sofa. Direkt über Platz, in Kopfhöhe des Angeklagten, war das Einschussloch zu sehen.
Nur zufällig sei der Sohn an einem anderen Platz gestanden, eine Fluchtmöglichkeit habe der 22-Jährige nicht gehabt. "Und in diesn beengten Verhältnissen dieses kleinen Hauses einen Warnschuss mit so einem großen Kaliber abzugeben, ist wahnwitzig", sagt der Anwalt, der von der Tötungsabsicht des Getöteten überzeugt ist.
Warnschüsse oder Mordversuch?
In Richtung Mutter soll der Mann zuvor vom oberen Stockwerk herunter geschossen haben. Die Spuren sind im Stiegenabgang zu sehen, der Querschläger landete in der weißen Kommode im engen Stiegenhaus.
Eine Türe führt ins Wohnzimmer, die andere in die Küche. Dort, neben dem grünen Kachelofen, soll die Mutter Schutz gesucht haben. Eine Flucht ins Freie? Unmöglich bei den beengten Verhältnissen, am bewaffneten Mann vorbeizukommen, ist sich der Anwalt sicher.
Das Haus wurde nach der Tat ein wenig renoviert, die Einschusslöcher sind verspachtelt, auch die Couch ist neu. "Man sieht noch, wo das Loch zugespachtelt wurde", beschreibt Mauhart den Zustand des alten Hauses und betont erneut, dass an der Lage des Loches die Tötungsabsicht nachzuvollziehen sei.
Er betont zudem, dass der Sohn, um seine Mutter und sich zu schützen, so gehandelt habe, dass er jetzt als mutmaßlicher Mörder vor Gericht sitzt und in eine forensisch-psychiatrische Anstalt eingeliefert werden soll.
Was der Anwalt verhindern will, der schon beim ersten Prozess gemeint hatte: "Wenn das ein Mord ist, höre ich als Anwalt auf."
Jetzt ist ein Schieß-Sachverständiger am Zug, der sich auch beim Lokalaugenschein einen Eindruck von der Örtlichkeit machen konnte. Er muss darlegen, ob die Schüsse gezielt oder zufällig abgegeben worden sind.
Die nächste Verhandlung findet - frühestens Ende Febraur - wieder am Landesgericht Ried statt.
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