Mit 14 begann der Angeklagte, Suchtgift zu konsumieren, mit Cannabis hat es begonnen, später kamen Kokain, Heroin und andere Substanzen dazu. Auch die erste Vorstrafe wegen gefährlicher Drohung.
Mutter hielt zu ihrem Sohn
Die Mutter habe immer zu ihm gehalten. „Ob das gut war, ist heute nicht Thema“, räumt der Staatsanwalt ein, der Vater wollte ihm „die Wadln viere richten“, wie man auf Innviertlerisch sagt: „Deshalb musste er wohl auch sterben.“
Der Angeklagte hat Raubüberfälle begangen – einmal mit einer Axt. Im Mai 2022 wurde er bedingt aus der Haft entlassen – nach zwei Verurteilungen zu je zwei Jahren Haft.
Gewaltvorfälle in der Familie
Der Sohn wurde auch schon mehrmals weggewiesen, zuletzt am 9. Jänner, 10 Tage vor dem Tod des Vaters. „Der Vater hat ihn wieder reingelassen, nachdem er eine Nacht im Auto geschlafen hatte“, erinnert sich der Staatsanwalt.
„Das war kein Sohn, wie man ihn sich vorstellt“, sagt Ebner. Dass der Vater Alkoholiker sei, habe auch zur Verschärfung des Konfliktes zwischen den beiden geführt.
Kombinierte Persönlichkeitsstörung
Gerichtsgutachtern Heidi Kastner habe ein kombinierte Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, führt Ebner aus: „Diese hat ihn gefährlich gemacht für dritte Personen.“ Andauernde Verantwortungslosigkeit, niedrige Schwelle für aggressives Verhalten, keine Regeln, geringe Frustrationstoleranz, nimmt er das Gutachten vorweg.
In der betreffenden Nacht sei das zum Tragen gekommen. Nach einem Streit habe der Vater hat eine Waffe geholt, nachdem der Sohn nicht das Haus verlassen wollte. „Er wollte ihn damit aus dem Haus vertreiben“, ist der Staatsanwalt überzeugt. Zwei Mal habe der Mann geschossen – ohne auf jemanden gezielt zu haben.
Jausenmesser als Tatwaffe
Das Jausenmesser liegt im Wohnzimmer, das habe sich der Sohn genommen, stürmt ins Vorhaus und beginnt, auf seinen Vater einzustechen, rekonstruiert Ebner.
Neunmal, tief, in die Schulter, in den Rücken, in den Bauch. 14 bis 16 Zentimeter in den Körper, bei einer Klingenlänge von zehn bis zwölf Zentimetern. Der Mann verblutet und stirbt im Krankenhaus.
Anwalt "Mir tut er leid"
Sein Anwalt zeichnet ein völlig anderes Bild. "Ich frage mich, ob wir den gleichen Akt gelesen haben.“ Diesen Prozess wolle er unbedingt gewinnen, „weil er mir leid tut. Wenn man hinter diese tätowierte Fassade schaut, ist da ein großes Kind dahinter“, sagt der Anwalt, „er ist auf dem Level eines 13-Jährigen“.
Und der Anwalt ist überzeugt: „Wäre das mein Sohn, hätte er keine Peckerl im Gesicht und er würde neben mir sitzen und mich unterstützen." Dieses Glück habe der Angeklagte nicht gehabt: „Er ist ein Dummerl, ohne ihn beleidigen zu wollen.“ Der nie gefördert worden sei.
Vater war ein "Ungustl"
Vom Vater zeichnet er das Bild eines „Ungustls“, die Mutter, Juristin, habe ihm nie die Stirn geboten: „Dazu war sie zu schwach.“
Sie selbst habe als Leiterin eines Frauenhauses vielen geholfen, zu Hause war es anders. Der Sohn habe ein Leben lang „um die Anerkennung und die Liebe des Vaters“ gekämpft. Sein größtes Tattoo sei das Geburtsdatum des Vaters auf der Brust.
Wortreich erklärt der Anwalt die Tat, dass die Stiche die einzige Chance gewesen sei, seinen Vater mit dem Messer „zu entwaffnen“: Deshalb seien sieben Stiche in den rechten Arm gegangen.
"Das war kein Mord"
Als der Vater die Waffe ausgelassen hat, habe der Sohn aufgehört, auf ihn einzustechen. „Wenn das ein Mord ist, höre ich als Anwalt auf.“ Sprachs, und setzt sich nieder, nachdem er den Geschworenen erklärt hatte, dass es sich dabei um Notwehr oder eine Körperverletzung - mit Todesfolge - gehandelt habe.
Bei seiner Einvernahme sagt der junge Mann deutlich: "Ich bin nicht schuldig.“ Dann erzählt er von seinem Vater: "Wenn der Papa betrunken war, war er unberechenbar."
"Wenn er nicht getrunken hat, war er nicht schlecht"
Der Vater wollte nie etwas mit ihm machen: „Einmal hat er mich mit dem Lastwagen nach Italien mitgenommen.“ Er habe immer versucht, eine Bindung aufzubauen: „Wenn er nicht getrunken hat, war er nicht schlecht.“
Die Tatnacht
Er sei spät nach Hause gekommen, dann "gab es eine Streiterei in der Küche“, erinnert er sich. Der Vater habe ihn gepackt, der Sohn habe ihn deshalb geschubst. Dann habe er dem Vater zwei Ohrfeigen gegeben.
„Wenn man die ganze Zeit traktiert wird, hält man es einfach nicht mehr aus“, rechtfertigt sich der 22-Jährige.
Nach dem ersten Schuss habe er das Messer genommen und versteckt: "Dann kam der Schuss genau dorthin, wo ich gesessen bin. Ich habe Angst um mein Leben gehabt."
Dann habe er zugestochen: „Fertig. Ich habe zugestochen, bis die Waffe weg war. Dann habe ich nicht mehr zugestochen. Jetzt finde ich es schade, dass er tot ist.“
Prozess vertagt
Nach der Einvernahme des Angeklagten standen Zeugenaussagen am Programm - dabei sollte auch die Mutter befragt werden.
Deren Anwalt forderte aufgrund einer Sozialphobie der Frau den Ausschluss der Öffentlichkeit. Diesem Ansuchen wurde nach einer Beratung stattgegeben. Die Zeugin wird nun im Laufe des Nachmittags hinter verschlossenen Türen befragt.
Auch das psychiatrische Gutachten wird erörtert.
Der Prozess wurde am Donnerstagabend vertagt. Am 17. Dezember wird es auf Antrag der Verteidigung einen Lokalaugenschein geben. Wann die Verhandlung im Gerichtssaal fortgesetzt wird, war vorerst unklar.
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