„Salzkammergut will 2024 Kulturhauptstadt werden“

Hannes Heide soll Josef Weidenholzer im EU-Parlament folgen
Hannes Heide. Der Bürgermeister von Bad Ischl will das Salzkammergut auf die europäische Bühne heben. Und sich selbst ins Europäische Parlament.

Hannes Heide (52) ist seit zwölf Jahren Bürgermeister von Bad Ischl. Er kandidiert am fünften Listenplatz der Sozialdemokraten für das Europäische Parlament, das am 26. Mai neu gewählt wird. Er soll die Nachfolge des bisherigen Abgeordneten Josef Weidenholzer antreten.

KURIER: Sie versprechen, sich für den ländlichen Raum stark zu machen. Wie wollen Sie das als einer von 750 Abgeordneten umsetzen?

Hannes Heide: Der einzelne Abgeordnete kann durchaus Akzente und Initiativen setzen. Ich bringe hier Kompetenz mit. Der Förderpolitik der EU kommt meist in den urbanen Zentren an. Es ist zum Beispiel für eine ländliche Region sehr schwierig ein Interreg-Projekt umzusetzen.

Im ländlichen Raum ist die EU-Skepsis am höchsten, der Nationalismus ist stärker als in den urbanen Zentren. Man muss Europa am Land spürbar machen.

Sie möchten Bad Ischl 2024 zur Europäischen Kulturhauptstadt machen. Nachdem sich das Land OÖ das Projekt vorerst offen hält, wird das Projekt schwierig zu realisieren sein, denn die Gemeinden werden das allein nicht stemmen können.

Nicht Bad Ischl will Kulturhauptstadt sein, sondern das Salzkammergut mit Bad Ischl.

Das Innere oder das gesamte Salzkammergut?

Die Gemeinden, die mitmachen wollen, haben bis Ende des Monats Zeit, sich anzumelden. Von zwölf Gemeinden liegen sie schon vor. Es sind das das gesamte Ausseerland und das Innere Salzkammergut, das Wolfgangseegebiet ist noch zurückhaltend. Es laufen derzeit zwei Prozesse. Wir machen Kulturentwicklung, bei der die drei Leaderregionen Inneres Salzkammergut, die vier Ausseer Gemeinden, und die Traunsteinregion dabei sind. Die Kulturhauptstadt ist eigentlich nur ein Ausfluss daraus.

Der Landeshauptmann sagt, dass Linz gezeigt habe, dass man 60 Millionen Euro für eine Kulturhauptstadt benötigt. Wir müssten zeigen, dass man auch mit unserem Minimalbudget von 21 Millionen Euro das Projekt realisieren kann.

21 Millionen sind wenig.

Kaunas in Litauen, das 2022 Europäische Kulturhauptstadt sein wird, kommt mit 21 Millionen aus. 21 Millionen Euro sind ein absolutes Minimum. Für die Aufteilung des Kosten gibt es eine klare Richtlinie: ein Drittel der Bund, ein Drittel das Land und ein Drittel die Region. Die Landesausstellung 2008 im Salzkammergut hat 21 Millionen Euro gekostet. Die Wertschöpfung betrug damals in der Region 130 bis 140 Millionen Euro.

Das EU-Parlament hat die Abgasgrenzwerte für Autos massiv verschärft, was auch die Pendler im Salzkammergut trifft. Der Unternehmer Rudolf Mark aus Spital am Pyhrn wirft der Politik vor, mit der Autoindustrie das beste Pferd im Stall zu schlachten.

Im Salzkammergut sind wir damit konfrontiert, dass es Abwanderung und viele Pendler gibt. Derzeit sind aber Arbeitsplätze frei. Die Chance Betriebe in die Region zu bringen ist nicht sehr groß, weil es an Grundstücken mangelt. Selbst das Land findet zwischen Ischl und Goisern keine geeignete Fläche für eine Straßenmeisterei. Das Handwerk ist für uns sehr wichtig. Vom nachhaltigen Tourismus können alle Branchen profitieren. Die Region zwischen Gmunden und Vorchdorf ist industriell sehr aktiv. Es gibt aber auch im Inneren Salzkammergut innovative Betriebe.

Was ist Ihre Position zur massiven Verschärfung der Abgaswerte für die Autos?

In 30 Jahren wird es keinen Gletscher mehr am Dachstein geben. Es ist Zeit zu handeln. Ob nun der Klimawandel vom Menschen verursacht ist oder nicht, man muss reagieren. Ich bin mir sicher, dass sich die europäischen Autohersteller mit Alternativen auseinandersetzen. Man wird sehen, ob die Fristen dann so eingehalten werden können. Es kann nicht sein, dass die Parkgebühr am Salzburger Flughafen teurer ist als der Flug nach London.

Sind Sie für eine -Steuer?

Grundsätzlich ja.

Es gibt eine Diskussion über die Erdgasleitung North Stream 2 von Russland nach Deutschland. Die deutsche Regierung befürwortet das Projekt, an dem auch die OMV beteiligt ist. Manfred Weber, der Spitzenkandidat der Konservativen, der auch Kommissionspräsident werden soll, ist nun dagegen. Was ist Ihre Position?

Ich habe mir noch keine Meinung gebildet. Für mich ist das jetzt eine spannende Erfahrung. In dem Moment, in dem die Kandidatur bekannt wird, bekommt man sofort unzählige Mails und man soll zu allen möglichen Themen Stellung nehmen. Die Zigarrenraucher waren die ersten, die sich gemeldet haben. Ich bekam sofort hundert Mails für den Stopp der Kinderarbeit. Ich bin der Bürgermeister für Europa. Ich will meine Kompetenz einbringen.

Sind Sie ein Putin-Versteher?

Putin-Versteher ist falsche Begriff. Es wäre für mich unverständlich, wenn die SPÖ einen Freundschaftsvertrag mit der Putin-Partei abschließen würde. Ich halte es aber für wichtig, mit der Russischen Föderation und ihrem Präsidenten im Gespräch zu bleiben. Einige Entwicklungen halte ich für sehr gefährlich. Zum Beispiel die politischen Morde. Es gefällt mir nicht, wenn Russland Wahlen in anderen Ländern zu beeinflussen versucht. Ich fahre im Juni selbst nach Kasan, wo eine Vorstandssitzung der Liga historischer Städte stattfindet.

Die Chinesen bauen ihre weltweiten Positionen aus und forcieren nun die Seidenstraße. Brauchen wir diese Straße wirklich?

Es ist ein Beleg, dass die EU von großer Bedeutung ist und dass der Einigungsprozess vorangetrieben werden muss. Das ist ein Argument gegen die Renationalisierung. Solchen Entwicklungen kann man nur gemeinsam entgegentreten. Ich finde es interessant, dass ich als Bürgermeister einer 14.000-Einwohner-Stadt bereits zweimal zu Seidenstraßen-Konferenzen in China eingeladen worden bin. Es belegt, welche Power hier dahinter steckt. Es gibt sogar Interesse der Chinesen, beim Ennshafen einzusteigen.

Vor allem die südlichen Länder Europas sind schwer verschuldet. Zum Beispiel Griechenland oder Italien. Soll man diesen Ländern die Schulden erlassen?

Ich bin bei Schuldenschnitten sehr zurückhaltend. Die Wirtschaftsentwicklung ist derzeit nicht so schlecht. Als Kommunalpolitiker muss ich sagen, dass die niedrigen Zinsen Vorteile bei Investitionen bieten. Griechenland ist ein Beispiel dafür, dass man hätte sorgsamer umgehen müssen. Andere Länder wie Irland oder Portugal haben die Krisen bewältigt.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig lehnt eine Koalition mit der FPÖ ab, Hans Peter Doskozil im Burgenland und Klaus Luger in Linz arbeiten mit ihr zusammen. Wie halten Sie es mit den Freiheitlichen?

Ich eiere hier nicht herum. Ich bin 2007 mit den FPÖ-Stimmen zum Bürgermeister gewählt worden. Ich habe dort Menschen mit Handschlagqualität gesehen. Wenn Menschen aber Aussagen tätigen, die nicht entsprechen, würde ich keine Zusammenarbeit eingehen. Es hängt davon ab, mit welchen Repräsentanten man eine Koalition abschließt. Auf Bundesebene sehe ich derzeit keine Möglichkeit einer Zusammenarbeit.

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