Pühringer nun 70: „Mit dem Kopf voraus, mit den Füßen am Boden“

Josef Pühringer feiert heute, Sonntag, mit seinen Freunden seinen 70. Geburtstag
Sein Terminkalender ist ähnlich voll wie zu seinen Zeiten als Landeshauptmann. Neben den Senioren engagiert sich Josef Pühringer für die katholische Kirche.

Josef Pühringer war von 1995 bis 2017 Landeshauptmann von Oberösterreich. Heute feiert er mit Freunden im Stadlerhof von Wilhering seinen 70. Geburtstag, den er am Mittwoch begangen hat.

KURIER: Kürzlich hat einer in einer Runde pensionierter Politiker gemeint, oben fit und unten dicht, mehr wünscht man sich im Alter nicht. Geht es Ihnen auch so? Josef Pühringer: Das sind zwei Voraussetzungen für ein gutes Leben, aber noch nicht für ein erfülltes. Es müssen vor allem drei Dinge gegeben sein: eine Familie, sinnvolle Aufgaben, und die Übergabe sollte funktioniert haben. Alle drei Bedingungen sind Gott sei Dank gegeben.

Sind Sie immer noch so unruhig?

Das ist eine kreative Unruhe. Ich will sie mir auch bewahren, denn sie hängt mit Temperament und Emotion zusammen. Wenn man emotionslos wird, ist das Ende nahe. Marc Aurel hat gemeint, solange man Visionen hat, ist man nicht alt.

Schmerzt Sie der 70er?

Schmerzen ist übertrieben, aber es ist der erste Geburtstag, der nachdenklich macht. Beim 50er denkt man sich, wenn man Glück hat, ist Halbzeit. Beim 60er ist man ein bisschen darüber. Bei 70er weiß man genau, dass man dem Ende näher ist.

Sie sind für zwei Funktionen im Gespräch: als Bundesobmann des Seniorenbundes und als Präsident der Katholischen Aktion.

Von letzterem habe ich nie etwas gehört. Im Seniorenbund haben wir eine sehr aktive Bundesobfrau. Sie wird das noch lange sehr gut machen.

Welche Pläne haben Sie noch?

Ich möchte in den Aufgaben, wo ich wirke, gute Ergebnisse haben. Bei den Senioren haben wir einen Paradigmenwechsel. Die Babyboomergeneration geht in Pension. Beim Mariendom haben wir noch einige Jahre zu tun, damit wir einen erheblichen Beitrag zur Restaurierung leisten und dass wir die Identifikation der Oberösterreicher mit dem Dom stärken. Die Stiftung Pro Oriente ist eine Daueraufgabe. Die Ökumene mit den Ostkirchen ist derzeit wegen der Probleme in der Ukraine nicht einfach. Beim Volksliedwerk wollen wir das Volkslied in den Schulen stärker verankern.

Ihr Nachfolger Thomas Stelzer macht einiges anders als Sie....

... Gott sei Dank.

Er hat die Universitätsklinik in die Gesundheitsholding integriert.

Wenn er es einfach so fortführen würde wie ich es gemacht hätte, wäre das nicht gut. Ich glaube, dass auch unsere Politik so gut war, dass sie sich eine Weiterentwicklung verdient hat. Ich bin ein wenig stolz auf das, was wir in unserer Zeit erreicht haben. Ich bin sehr froh, dass es gut weitergeht. Ich kann mich über jeden Erfolg des Thomas Stelzer und seines Teams von Herzen freuen.

Er hat aber Vertrauensleute von Ihnen wie Ihre ehemalige Büroleiterin Elgin Drda oder den Braunauer Bezirkshauptmann Georg Wojak von ihren Positionen entfernt.

Ein Vorgänger darf sich nie in die Personalagenden seines Nachfolgers einmischen. Zur Causa Wojak sage ich gar nichts. Elgin Drda hat als Vizerektorin der Kepleruniversität eine schöne Aufwertung erfahren. Sie hätte selbstverständlich Geschäftsführerin im Keplerklinikum bleiben können.

Ich kenne Sie seit 42 Jahren. Sie haben sich im Grunde nicht verändert.

Ich hoffe, dass Funktionen einen Menschen nicht verändern. Natürlich prägen einen Aufgaben. Ich glaube aber nicht, dass eine wesentliche Veränderung meines Wesens erfolgt ist. Man muss als Politiker mit dem Kopf weit voraus sein, aber mit den Füßen immer am Boden und geerdet bleiben.

Sie haben einen starken religiösen Bezug. Sie sind Vorsitzender der Ökumenischen Stiftung Pro Oriente, Sie sind Vorsitzender des Beirates zur Sanierung des Mariendoms, Sie sind regelmäßiger Meßbesucher. Warum ist Religion für Sie so zentral? Ich habe in der Pension den Luxus, dass ich nur das zu tun brauche, womit ich mich zu 100 Prozent identifiziere. Ich bin in einer katholischen Familie groß geworden. Das ist nicht mein Verdienst. Wer weiß, welchen Weg ich gegangen wäre, wäre ich in einer ganz anderen Familie auf die Welt gekommen. Ich bin in der Pfarre sozialisiert. Ich habe von früher Jugend an so ziemlich alle Funktionen gehabt, die es gegeben hat, vom Ministranten über den Jugendführer bis zum Kirchenrat. Büchereileiter, Kirchenchorobmann, Vorbeter, Vorsänger usw.

Vom Grundsätzlichen her meine ich, dass einem Leben ohne Glauben etwas ganz Entscheidendes fehlt. Je älter ich werde, umso mehr wird mir das bewusst. Der Glaube ist die Tiefe des menschlichen Lebens.

Früher haben die Katholiken in ihrer großen Mehrheit Schwarz gewählt. Nun bevorzugt ein erheblicher Teil des angestellten Kirchenpersonals die Grünen. Der Grüne Landessprecher Stefan Kaineder argumentiert, er sei ein Grüner geworden, weil er Christ sei.

Die ÖVP hat sich immer als Partei definiert, die aus drei Gruppen kommt: den Christlich-Sozialen, denen ich mich zuschreibe, den Wertkonservativen und den Wirtschaftsliberalen. Das macht ihre Stärke aus. Keine Partei kann behaupten, dass sie die christliche Partei ist, sondern es kann jede Partei nur sagen, sie macht Politik aus christlicher Verantwortung. Das kann man keiner Gruppierung absprechen. Da haben die verschiedenen Gruppierungen ihre historischen Verdienste.

Für die ÖVP ist das Faktum, dass Kirche und Partei in der Ersten Republik eins gewesen sind, heute mehr Belastung als Vorteil. Deshalb auch die Bezeichnung die Schwarzen, was von der Farbe der Talare gekommen ist. Die Trennung ist endgültig durch das Mariazeller Manifest 1952 erfolgt. Heute kann keine Partei sagen, sie vertritt die Christen. Die ÖVP hat sich selbst die Latte hoch gelegt, indem sie gesagt hat, das christliche Welt- und Menschenbild ist unser Parteiprogramm. Daher werden wir auch daran gemessen.

Es gab erhebliche Kritik an der türkis-blauen Regierung. Ihr und Kanzler Kurz wurde vorgeworfen, christliche Grundsätze mit den Füßen getreten zu haben.

Politik in einer Regierung ohne absolute Mehrheit ist immer eine Kompromiss-Politik, weil sich beide Parteien im Regierungsprogramm wiederfinden müssen. Der Kompromiss wird heute zu oft und zu Unrecht verteufelt, er ist die Grundlage der Demokratie. Die Kritik an der ÖVP, sie habe zu wenig christliche Positionen vertreten, wäre dann angebracht, wenn wir 51 Prozent gehabt hätten.

Kaum waren die Freiheitlichen aus der Regierung, sind Dinge wie die Umbenennung in Ausreisezentren und die 1,50 Euro für die Asylbewerber sofort rückgängig gemacht worden. Das waren Projekte, die vom Koalitionspartner, respektive von Herrn Kickl gekommen sind und mit denen man sofort aufgeräumt hat.

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