Pflegende Angehörige: OÖ lehnt sich beim Burgenland an

Doskozil und Gerstorfer zeigten sich Seite an Seite in Linz.
Hans Peter Doskozil war am Dienstag zu Besuch bei Birgit Gerstorfer (beide SPÖ) in Linz.

Am 26. September wird in Oberösterreich gewählt. Sich Unterstützung von Parteikollegen zu holen, ist dabei an sich nichts Ungewöhnliches. Dass SPÖ–Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer nach dem Streit zwischen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner ausgerechnet Ersteren nach OÖ eingeladen hat, könnte jedoch sehr wohl als Statement interpretiert werden.

Doch dem sei nicht so, betont Gerstorfer. Der Termin mit Doskozil sei laut SPÖ OÖ schon seit Langem geplant gewesen, zudem werde auch Rendi-Wagner noch etliche Male vor der Wahl in OÖ auftreten. „Es geht heute nur um die Sozialpolitik in OÖ und im Burgenland. Um sonst nichts“, sagt Gerstorfer auf KURIER-Nachfrage entschieden.

Mindestlohn

Denn das Burgenland habe im Bereich der Pflege eine Vorreiterrolle inne. „Gerade der Pflegebereich ist systemisch unterbezahlt. Diesem Marktversagen muss man politisch begegnen. Dass das möglich ist, hat Hans Peter Doskozil mit der Umsetzung des Mindestlohns vorgezeigt“, führt sie aus.

200 Angehörige betreuen aktuell im Burgenland Senioren und Menschen mit Beeinträchtigung – und das in einem Anstellungsverhältnis. Ihr Arbeitgeber ist die Tochtergesellschaft der Landesholding. Nach dem die Angehörigen eine 100-stündige Grundausbildung absolviert haben, wird ihnen ein Mindestlohn von maximal 1.700 Euro netto ausbezahlt. Die Höhe hänge von der Pflegestufe des zu Betreuenden ab. „Bei Pflegestufe fünf sind 40-Wochenstunden die Ausgangsbasis. Bei Pflegestufe vier 30 und bei Pflegestufe drei 20 Stunden“, erklärt Doskozil.

Pilotprojekt

Für Gerstorfer ein Vorzeigemodell. Im Gegensatz dazu sei der von Türkis gemachte Vorschlag, den Angehörigen pro Jahr einen Bonus von 1.500 Euro auszubezahlen, nur „Almosenpolitik“ und nicht die Lösung.

Ab September befinden sich deshalb im Zuge eines Pilotprojekts auch in OÖ 30 pflegende Angehörige in Anstellung. Allerdings vorerst nur für behinderte Kinder bis zu 16 Jahren. Bis zu 1.965,70 Euro brutto werden ihnen für 25 bis 30 Stunden ausbezahlt. Als finanzieller Beitrag zur Betreuung werden 50 Prozent des Pflegegeldes eingehoben.

Man wolle daraus Erfahrungen sammeln und es auf weitere Zielgruppen ausweiten. Bis dahin sei aber einiges zu tun: „Da gibt’s noch viel Überzeugungsarbeit bei der ÖVP OÖ zu leisten“, nutzt Gerstorfer den Tag dann doch noch für einen Seitenhieb und den Wahlkampf.

Diese schlug auch gleich per Aussendung zurück: Für die ÖVP OÖ besitzt das laut SPÖ burgenländische „Vorbild-Projekt“ noch viele offene Fragen und blinde Flecken". So müssten "faktisch nämlich betroffene Familien eine Anstellung zu großen Teilen über Abzüge bei Pflegegeld oder Pension selbst finanzieren. Außerdem sind Arbeitszeit-, Ruhezeit- und Urlaubsregelungen ungeklärt. Und: Die Altersverteilung der pflegenden Angehörigen ist im Durchschnitt so gestaltet, dass nur für ein geschätztes Drittel der Zielgruppe das Anstellungsmodell überhaupt relevant ist", zählte Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) auf.

Kommentare