Krimi um Villa am Traunsee: Sechs honorige Personen vor Gericht
Die Vorgeschichte ist bekannt. Zwei Immobilienentwickler, Bruder und Mann der Anwältin, ihr Kollege aus der Kanzlei, ein befreundeter Notar und eine Maklerin aus dem Salzkammergut stehen vor Gericht, weil sie einer alten, dementen Frau ihre Pension am Traunsee in Gmunden um 750.000 Euro "abgeluchst" haben sollen.
Die ehemalige Pension Neuwirth soll aber zumindest 1,65 Millionen Euro wert gewesen sein, der Verkauf wurde rückabgewickelt, aktuell liegen der Tochter der mittlerweile verstorbenen Frau Angebote in der Höhe von rund drei Millionen Euro vor.
Heute nehmen die Anwältin, ihr Bruder und ihr Mann, ihr Anwaltskollege, der befreundete Notar und die Maklerin, gegen deren Mann mittlerweile auch ermittelt wird, in Wels zum vierten Mal auf der Anklagebank Platz. Das Interesse an dem Fall ist enorm, vor allem in der Anwalts- und Immobilienszene.
Es geht um die Reputation von Berufsständen
Schließlich geht es auch um die Reputation von Berufsständen, bei denen Glaubwürdigkeit und Vertrauen eine besonders große Rolle spielen.
Vertreten werden die Angeklagten von einer Armada an Wiener Anwälten. Gegenüber sitzt der Vertreter der Anklage, Staatsanwalt Thomas Mörtelmayr, ebenso Christoph Mizelli von der Kanzlei Traunseelaw als Privatbeteiligtenvertreter.
Der Richter informiert, dass die Anklage ausgeweitet und es weitere Beschuldigte im Zusammenhang mit dem Fall gibt - den Ehemann der Hauptangeklagten Immobilienmaklerin.
Zuvor kommt aber der für die Gerichtsverfahren zur Rückabwicklung des Kaufes bestellte Erwachsenenvertreter von Gertrude Neuwirth als Zeuge zu Wort.
"Alarmglocken haben geläutet"
Er habe die Frau Neuwirth gefragt, ob sie weiß, dass sie einen Teil des Hauses verkauft hat, erinnert sich der Zeuge. Im Detail habe sie nicht Bescheid gewusst.
"Bei mir haben die Alarmglocken geläutet, als ich gesehen habe, dass die Pension relativ schnell verkauft wurde und drei Verträge vorgelegen sind", sagt der Zeuge, „sie hat sich aber auf die angeklagte Immobilienmaklerin verlassen.“
Er ist überzeugt: "Die Frau Neuwirth war mit der Situation überfordert." Zum Kaufpreis habe sie gesagt: „Das war nicht sehr viel. Ihr war wichtig, dass es jemand aus der Region ist, sie habe es an eine sehr nette Familie verkauft.“ Aber sie habe sich immer wieder gefragt: "Was habe ich da gemacht?“
Der Zeuge ist auch überzeugt: "Sie war verwirrt und nicht mehr in der Lage, das zu überblicken. Das war für mich relativ schnell klar.“ Wobei die Verteidigung betonte, dass er viel später mit Frau Neuwirth Kontakt hatte, als die Angeklagten beim Verkauf der Villa.
Sehr intensiv wird auch ein pensionierter Bankbeamter befragt, der sehr eng mit der hauptangeklagten Immobilienmaklerin zusammengearbeitet hat. Er war der Bankbetreuer der Pensionsbetreiberin. Das Haus hat er als "Bates-Motel" bezeichnet.
Mit Neuwirth war er im Gespräch wegen eines möglichen Verkaufs der Pension. Etwa wollte er sie davon überzeugen, mit Bauträgern ein Projekt zu entwickeln, bei dem für ihre Tochter und die Enkelkinder Eigentumswohnungen errichtet würden.
Ein Baumeister, ebenfalls als Zeuge, bestätigt, dass er sich das Haus angeschaut habe. Allerdings habe er keine Idee dazu gehabt, er ein wirtschaftlich darstellbares Projekt entwickeln könnte.
Auch in der Kommunikation ist nicht alles glatt gelaufen. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Frau Neuwirth bei diversen Gesprächen manches nicht richtig verstanden oder falsch weiterkommuniziert hat“, sagt der Bankbeamte.
Was war "spannend"?
Was der Staatsanwalt auch von ihm wissen wollte: Was die Maklerin gemeint haben könnte, als sie ihm zwei Tage nach dem umstrittenen und nun gerichtsanhängigen Verkauf schrieb, es sei „spannend“ gewesen. Das wisse er nicht. Offen bleibt auch, ob Frau Neuwirth am Tag des Verkaufs zuvor beim Zeugen in der Bank gewesen ist: "Ich kann mich nicht erinnern."
Frau Neuwirth hatte jedenfalls schon früher Angst, „dass die Bank alles nimmt“. Auf die Frage, ob er das der alten Frau angedroht habe, wehrt der Bankbeamte entrüstet ab: „Als Bank sagt man so etwa nicht.“
Am Nachmittag wurden weitere Zeugen einvernommen, seitens der Verteidigung wurde eine Vielzahl an weiteren Beweisanträgen eingebracht. Am Abend war schließlich klar: Auch am kommenden Dienstag wird es kein Urteil geben. Zusätzlich zum 1. Oktober wurde nun auch am 8. Oktober ein weiterer Verhandlungstag angesetzt. Sollte mehreren Beweisanträgen stattgegeben werden, wird sich das Urteil - für das den Angeklagten im Falle eines Schuldspruchs ein bis zehn Jahre Haft drohen - weiter verzögern.
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