18-jährige Muslima erklärt: Warum sie freiwillig einen Schleier trägt
Azra ist eine selbstbewusste junge Frau aus Linz. Derzeit besucht die 18-Jährige eine Modeschule in Linz, zuvor hat Azra fünf Jahre ein Gymnasium absolviert. Dazwischen hat die Schülerin schon einen Schritt ins Berufsleben gesetzt.
"Ich habe am Magistrat Linz eine Lehre begonnen", erinnert sie sich, "dann kam die Impfpflicht." Weil sie sich nicht gegen Corona impfen lassen wollte, sei ihre Lehre beendet worden.
In dieser Zeit reifte bei Azra die Überzeugung, dass sie ein Kopftuch tragen und künftig verschleiert durch das Leben gehen will.
"Ich hatte keine Freundin, die mich davon überzeugt hätte", versichert sie, "auf einmal hatte ich diesen Willen in mir."
Mutter war anfangs dagegen
Anfangs hätte sie sich nicht einmal getraut, diesen Wunsch ihren muslimischen Eltern zu eröffnen - weil sie nicht wusste, wie diese reagieren würden. "Es war für alle eine große Umstellung", blickt Azra zurück, "aber es haben alle akzeptiert. Es war nur ein Prozess sogar in der eigenen Familie nötig."
Denn selbst ihre Mutter war anfangs dagegen, dass sie sich verschleiere: "Aber ich hatte damals schon diesen Willen, das zu tun."
Von ihrem Vater sei auch nie ein Druck in diese Richtung gekommen, im Gegenteil. Er sagt: "Im Islam gibt es keinen Zwang. Wenn eine Frau sich bedecken will, kann sie das tun. Wenn sie es nicht will, muss sie nicht."
Schwester nicht verschleiert
Das zeigt sich auch in der Familie. Azras jüngere Schwester Zana trägt kein Kopftuch und ist glücklich so. Das passt auch gut für den Vater, der aber sagt: "Ich bin stolz auf Azra, dass sie den Mut aufbringt, sich zu bedecken."
Auf ihrem Arbeitsplatz am Linzer Magistrat habe das absolut kein Problem dargestellt, weiß Azra diesen damaligen Dienstgeber und ihre Kolleginnen und Kolleginnen zumindest in dieser Frage zu schätzen.
Nach der Trennung vom Magistrat gab es allerdings Probleme. "Es war wirklich schwer, eine neue Arbeit zu finden. Mit Kopftuch nimmt dich keiner", musste sie viele Enttäuschungen hinnehmen.
Kein Job mit Kopftuch
Bei einer Bewerbung in einem Einzelhandelsgeschäft wurde sie sogar von einer Landsfrau - Azra ist zwar in Österreich geboren, aber bosnische Staatsbürgerin - abgelehnt.
Das Unternehmen wollen nach außen nicht "diesen Eindruck vermitteln", den eine junge Frau mit Kopftuch transportiere.
Deshalb ging es für Azra dann wieder zurück in die Schule. "In der Modeschule ist das Kopftuch überhaupt kein Thema", ist sie froh, "hier kann ich sein, wie ich bin." Die Schule biete ihr - und allen anderen Gläubigen aller Glaubensrichtungen - die Möglichkeit, in einem eigenen Raum ihren muslimischen Glauben auszuüben.
"Wurde Vogelscheuche genannt"
Aber es ist nicht immer leicht für sie, sich in der Öffentlichkeit verschleiert zu bewegen. Deshalb will sie lieber ihren Familiennamen nicht in der Zeitung lesen. "Ich merke die Blicke der Menschen auf der Straße", schildert Azra, "einmal hat mich ein Mann, der mit seiner Partnerin unterwegs war, auf der Donaulände verbal attackiert und gefragt, warum ich mich denn verstecke." Und einmal sei sie "Vogelscheuche" von einer Frau genannt worden.
Selbst von der Polizei ist Azra aus ihrer Sicht wegen ihres Kopftuches ungerecht behandelt und gestraft worden. Allerdings wurde die Strafe nach einem Einspruch der Familie zurückgenommen.
Dass es vorkommt, dass Frauen gezwungen werden, nur voll verschleiert in der Öffentlichkeit aufzutreten, sei nicht in Einklang mit der Religion zu bringen, stellt Azra klar: "Das ist eine bewusst Fehlinterpretation."
Sie selbst fühle sich "wie eine Perle in einer Muschel", sie bemerke häufig, dass junge Mädchen in ihrem Alter sich "gezwungen fühlen, viel Haut zu zeigen. Da wird Druck ausgeübt. Wer das nicht tut, gilt als nicht emanzipiert." Sie hält das Gegenteil für richtig.
Für sie selbst habe sich ihre eigene Denkweise verändert, seit sie sich "bedeckt", wie Azra es lieber bezeichnet: "Ich bin sicherer geworden in mir, ich mache das Richtige für mich."
Dass junge Männer, wie zuletzt auch in Linz, im Namen des Islam für das IS-Terror-Regime Propaganda betreiben oder der aktuelle Vorfall in München, sei mit nichts zu rechtfertigen: „Das führt ja auch zu Problemen für uns Muslime.“
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