Verfahrenshelfer Rainer Hauschka bespricht noch kurz den Ablauf des Prozesses mit seinem Mandanten. Dieser werde sich schuldig bekennen - aber nur in dem Sinne, dass er die Postings gemacht hat. Nicht aber IS-Propaganda.
Mit der Terrororganisation habe er nichts am Hut, er wolle nur dazu beitragen, dass der muslimische Glaube richtig in der Öffentlichkeit dargestellt werde.
Dann eröffnet der Richter das Verfahren. Die Eltern waren geladen, sind aber dem Prozess ferngeblieben. Der 20-jährige Angehörige der Russischen Föderation ist kein Unbekannter für den Richter.
Genau vor einem Jahr ist er vor Gericht gestanden - weil er Teil der Linzer Halloween-Krawallnacht war. Dafür wurde er zu einer Haftstrafe von sechs Monaten, bedingt auf drei Jahre, verurteilt. "Darauf werden wir später zu sprechen kommen", sagt der Richter. Die ihm vorgeworfene IS-Propaganda soll er zu dem Zeitpunkt bereits betrieben haben.
Die Staatsanwältin startet mit einem Vortrag über den IS, den islamischen Staat, den Jihad, dessen Vorgangsweisen und seine Taten. Und spannt den Bogen zu den aktuellen Terrorplänen, die Österreich erschüttert haben.
Instagram-Posting flog in Deutschland auf
Aufgeflogen ist der 20-Jährige, der als vier Monate altes Kind aus Grosny (Tschetschenien) mit seinen Eltern nach Österreich gekommen ist, über seinen Instagram-Kanal.
Er habe ein Video hochgeladen, das einen IS-Attentäter zeigt, der in Paris einen Geschichtslehrer auf offener Straße getötet hat, und selbst getötet wurde. Dazu schreibt er: "Allah habe ihn selig."
Später finden die Ermittler Predigten und jihadistische Kampflieder am Handy, etwa von einem verurteilten islamistischen Prediger, dazu "viele martialische Sätze", wie der Richter zusammenfassend festhält. Zu einigen Songs, die er gepostet hat, sagt er: "Ich wusste nicht, was da steht."
Was der Richter auch wissen will: Warum er die Rede eines verurteilten ranghohen Al Kaida-Vertreters gepostet hat? "Was ist da falsch dran", fragt er zurück. Und ergänzt: "Das fällt unter allgemeine Verbreitung des Wissens über den Islam." Dass eine Katze auf dem Video zu sehen ist, sorgt für Erheiterung im Gerichtssaal.
"Ich habe das Wissen verbreitet, das ich über den Islam hatte", verteidigt er sich. „Strebe nach Wissen“, hießen seine Accounts. „Ich habe eins zu eins, was im Koran und in der Suna steht, gepostet“, versichert er. In eine Moschee geht er aber nicht.
Vor Gericht sagt er mehrmals, dass er erst vom Verfassungsschutz bei den Einvernahmen darüber informiert wurde, dass Postings von ihm illegal seien, etwa habe er die Fahne des "Emirats Kaukasus", das dem IS zugerechnet wird, nicht gekannt.
Ein anderes Posting eines Naschids, eines angeblichen Glaubensliedes, habe er nicht dem IS zuordnen können, weil er es nicht verstanden habe: "Ich habe halt benutzt und geteilt, was mir vorgeschlagen wurde." Es zu übersetzen, habe er nicht versucht.
Der Richter fragt schließlich, ob der Angeklagte bereit wäre, sich mit dem Verein "Derad", der auf Deradikalisierung junger Menschen spezialisiert ist, auseinanderzusetzen. Er antwortet: "Ja, das kann ich schon machen." Er passe aber jetzt schon besser auf, poste keine Naschids mehr und prüfe vorher, ob diese erlaubt sind. Weiter aktiv sei er auf Social Media.
15 Monate Haft, fünf davon unbedingt
Am frühen Nachmittag erging das - schon rechtskräftige - Urteil: Der 20-Jährige erhält 15 Monate Haft, fünf davon unbedingt. Dass er zumindest die Tatsache, die Postings gemacht zu haben, gestanden habe, sei strafmildernd beurteilt worden, so Landesgerichtssprecher Walter Eichinger.
Darüber hinaus muss der junge Mann die Strafe nicht gleich antreten. Er hat einen Strafaufschub beantragt - dieser wurde vom Gericht mit der Auflage genehmigt, dass er in diesem Jahr am Deradikalisierungsprogramm des Vereins "Derad" teilnimmt.
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