"Nikotin härteste Droge Österreichs"

Primar Korusch Yazdi, Leiter der Suchtabteilung Kepler-Klinikum Linz
Der Linzer Suchtmediziner Kurosch Yazdi spricht sich für möglichst geringe Verfügbarkeit aus.

"Nikotin ist eine Substanz, die süchtig macht. Man könnte sagen, sie ist die härteste Droge Österreichs - gemessen an den Schäden", sagt Primar Kurosch Yazdi gegenüber dem KURIER. Er ist Vorstand der Klinik für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin am Kepler Universitätsklinikum Linz.

1,6 Millionen Österreicher sind von Nikotin abhängig. Das sind mehr als ein Fünftel der Bevölkerung. Demgegenüber wirkt die Zahl der Opiatabhängigen, inklusive Heroinabhängige, mit 30.000 Österreichern pro Jahr überschaubar. Die Zahl der Toten durch Folgen des Rauches ist laut dem europäischen Drogenbericht mit 15.000 Österreichern pro Jahr um ein 100-Faches höher als jene durch Opiate.

Rauchverbote wirken

Für Yazdi ist die gesamtgesellschaftliche Richtung klar, in die es gehen müsse: Je weniger Verfügbarkeit bestehe, umso besser sei es. "Die Zigaretten müssen teurer werden. Werbeverbote gibt es schon. Die Altersbegrenzung muss möglichst hoch angesetzt werden und es gilt, möglichst viele Rauchverbote festzulegen." In allen Ländern der Welt, wo dies bereits durchgesetzt wurde, sei die Zahl der Abhängigen gesunken. Das gelte für jede Droge, auch für Nikotin.

Wichtig sei laut Yazdi zu unterscheiden: "Es gibt diejenigen, die von Nikotin abhängig und mit dementsprechenden Anzeichen wie Nervosität, Schlafstörungen, oder Gereiztheit konfrontiert sind." Und es gebe Gelegenheitsraucher, die pro Woche zirka ein bis zwei Zigaretten beim Fortgehen rauchen und diese Anzeichen nicht hätten. "Nikotin ähnelt einem Botenstoff, den wir im Gehirn haben." Dem Gehirn werde durch das Rauchen eine Überdosierung dieses Stoffes vorgegaukelt. Man gewöhne sich daran und bekomme Entzugserscheinungen, wenn ein Teil dieser Menge fehle. Es gebe zwei Typen bei der Entwöhnung. "Wenn man süchtig ist, kann man versuchen, in mehreren Schritten weniger oder von heute auf morgen gar nichts mehr zu konsumieren." Hilfsangebote gebe es viele, darunter seien Bücher, Kurse der Gebietskrankenkasse oder das Rauchfrei Telefon.

Laut Sophie Meingassner, der fachlichen Leiterin des Rauchfrei Telefons, sind es drei Faktoren, die den Zigarettenrauch giftig machen, weshalb das Einatmen schädlich sei: Die grundsätzlichen Inhaltsstoffe des Tabaks, die Zusatzstoffe und die Verbrennungsstoffe. Als Alternative werden seit einigen Jahren elektrische Zigaretten in Österreich legal angeboten. Dabei fällt die Verbrennung bestimmter giftiger Stoffe weg. Laut Meingassner " ist in einigen E-Zigaretten weiterhin Nikotin enthalten". Es gebe mittlerweile Studien dazu, aber keine, die zu dem Ergebnis komme, dass E-Zigaretten unbedenklich wären. "Deshalb empfehlen wir sie nicht", sagt Meingassner dem KURIER.

Yazdi sagt, dass "E-Zigaretten dann süchtig machen, wenn eine Verdampferflüssigkeit mit Nikotin verwendet wird". Ein großes Problem sei, dass die Verwendung bestimmter Aromen auch als Stoffe für die Verbrennung bei E-Zigaretten möglich sei, sobald sie als Lebensmittelaromen zugelassen sind. "Wir wissen nach wie vor nicht, welche Auswirkungen diese Verwendung auf die Lunge hat." Sorge bereitet dem Experten, dass es durch die E-Zigarette weiterhin Nikotinabhängige gibt. Durch verschiedene Aromazusätze wie Zimt oder Apfel bestehe die Gefahr, die E-Zigarette als Einstiegsdroge zu verwenden, um zu einem späteren Zeitpunkt auf Zigaretten umzusteigen. "Man muss das Thema E-Zigarette aber differenziert sehen", sagt Yazdi. E-Zigaretten seien nicht gefahrenlos zu konsumieren, aber für einen schweren Raucher eventuell hilfreich, um von bestimmten Schadstoffen weg zu kommen.

Laut einem Vergleich der Statistik Austria nahm der Anteil der täglich Rauchenden ab 16 Jahren von 1972 bis 2014 unter Frauen kontinuierlich zu, während der Wert bei Männern kontinuierlich sank. Laut Primar Bernd Lamprecht, Fachgruppenobmann für Lungenkrankheiten der Ärztekammer für Oberösterreich, "sind diese Zahlen vergleichbar mit jenen der Erkrankungen, die wir als Folge sehen". Lungenkrebs zum Beispiel sei bei Männern rückläufig. Yazdi führt diese geschlechtlichen Unterschiede zum einen darauf zurück, dass die Werbung zunehmend speziell für Frauen gestaltet worden sei. Zum anderen "war es die Folge missverstandener Emanzipation. Denn früher galt das Rauchen als Zeichen der Intellektualität und Gleichberechtigung." Heute beobachtet er "bei jungen Frauen einen stärkeren Druck unter Gleichaltrigen als bei jungen Männern".

Kommentare