Mordversuchsprozess in Linz: Mehrere Angeklagte vor Gericht

Mordversuchsprozess in Linz: Mehrere Angeklagte vor Gericht
Einem 22-Jährigen mussten beide Unterschenkel amputiert werden, weil auf ihn mit einem Butterflymesser eingestochen worden war.

Ein 24-Jähriger muss sich ab heute, Dienstag, im Linzer Landesgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Der Afghane soll Ende Juni 2021 nach einem Streit mehrmals mit einem Butterflymesser auf einen Tschetschenen eingestochen haben. Der damals 22-Jährige wurde so schwer verletzt, dass ihm beide Unterschenkel amputiert werden mussten. Zwei mutmaßliche Mittäter wurden wegen schwerer Körperverletzung angeklagt. Alle drei bekannten sich nicht schuldig.

Das spätere Opfer soll am frühen Abend des 21. Juni einen Arbeitskollegen gebeten haben, ihn zu einem Mehrparteienhaus in Linz zu fahren, da er "noch was zu erledigen hat", führte die Staatsanwältin aus. An besagter Adresse stieg ein Afghane ins Auto. Es kam offenbar zu einem Streit wegen eines Drogengeschäftes, der Tschetschene soll den Afghanen geschlagen haben, worauf dieser den Autoschlüssel nahm und wegrannte.

Schlägerei im Stiegenhaus

Die beiden Zurückgebliebenen entschieden, im Haus auf den Flüchtigen zu warten. Tatsächlich kehrte dieser auch zurück - allerdings hatte er offenbar Verstärkung für eine "Abreibung" geordert. Zuerst gerieten die zwei mutmaßlichen Drogendealer im Stiegenhaus in eine Rauferei, bevor vier bis fünf Afghanen auftauchten, darunter laut Staatsanwaltschaft die drei Angeklagten. Der Arbeitskollege des Tschetschenen habe sich laut Staatsanwältin mit aller Kraft gegen die Eingangstür gestemmt, damit die Kumpel nicht ins Haus gelangen konnten. Dann sei er durch einen Hinterausgang geflüchtet.

"Ich habe Schreie aus dem Haus gehört" erklärte der Hauptangeklagte, er habe die Stimme seines Freundes erkannt, mit dem er sechs Jahre in einer Flüchtlingsunterkunft gewohnt hatte. Daher habe er sich mit den anderen Zugang zum Haus verschafft und sie traten die Glastür ein. Im Keller will er den Tschetschenen blutend am Boden liegend gesehen haben. Er habe zwei Messer und eine blutige Maske gesehen. Um seinen Freund vor Verletzungen zu schützen, habe er die Waffen und Maske geschnappt, sagte er dem Richter. Das Küchenmesser habe er verloren, das andere in einem Papierkorb entsorgt. So erkläre er sich auch, dass an der Tatwaffe DNA-Spuren von ihm gefunden worden seien. Dass er mit dem Butterflymesser dem Tschetschenen mehrmals in die linke Achselhöhle, Brust und Oberschenkel gestochen habe, bestritt der Hauptangeklagte.

Beide Unterschenkel amputiert

Der lebensgefährlich Verletzte schleppte sich mit letzter Kraft ins Freie. Dort wurde er reanimiert und im Spital notoperiert. In weiterer Folge sei es immer wieder zu Komplikationen gekommen, weshalb ihm zwei Wochen später beide Unterschenkel amputierte werden mussten, führte die Staatsanwältin aus. Aber auch Leber und Niere wurden so geschädigt, dass der Mann mit 22 Jahren nicht nur im Rollstuhl sitze, sondern auch Dialysepatient sei, ergänzte die Anwältin des Opfers, das sich als Privatbeteiligter dem Strafverfahren angeschlossen hat.

Ein Mitangeklagter bestritt, wegen einer Abreibung dem befreundeten Afghanen zu Hilfe gekommen zu sein. "Ich sitze in der Scheiße, bitte hilf mir", soll der Kumpel am Telefon gesagt haben. So sei er zu der Wohnadresse gegangen. Sein Mandant sei "zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen", stellte der Verteidiger einen "gemeinsamen Tatplan" in Abrede. Außerdem habe er sich beim Eintreten der Glastür "richtig, richtig böse" ins Bein geschnitten, weshalb er gar nicht ins Haus habe gehen können.

Auch dritter Angeklagter vor Gericht

Überraschend stand am Dienstag noch ein dritter Angeklagter vor Gericht. Jener 23-jährige Afghane war erst vor gut zwei Wochen verhaftet worden. Dieser will jedoch mit dem Vorfall gar nichts zu tun haben. Er sei nur zufällig am 21. Juni an jenem Haus vorbeigekommen. Als er "einen Tumult" bemerkt habe, sei er auf der anderen Straßenseite einfach an dem Haus vorbeigegangen, so der Verteidiger. Daher beantragte er ebenso wie die anderen zwei Kollegen einen Freispruch auch für seinen Mandanten.

Der Prozess ist für zwei Tage anberaumt und soll am Mittwoch fortgesetzt werden.

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