„Horst Wessel ist bei uns schon lange kein Mitglied mehr“

Menschen, MANFRED HAIMBUCHNER, 05.01.2012, Im Bild: DR.MANFRED HAIMBUCHNER (FPOE)Foto: Foto Lui
FPÖ-Landeschef Haimbuchner über Rechtsextreme, den Witikobund und den Corps Alemannia.

KURIER: Herr Landesrat, die FPÖ möchte in Oberösterreich die SPÖ überflügeln. Realistisch ist das aber nur, wenn Ihre Partei vom politisch äußerst rechten Rand ins Zentrum rückt.
Manfred Haimbuchner: Wir wollen die zweitstärkste Kraft im Land werden. Sie können mir glauben, wir waren an der SPÖ noch nie so nahe dran, wie jetzt. Das zeigt, dass uns bereits gelungen ist, die politische Mitte der Gesellschaft zu repräsentieren.

Die Affären der vergangenen Wochen um rechtsextreme Äußerungen und Internet-Einträge von FPÖ-Funktionären vermitteln aber ein anderes Bild.
Das sind bedauerliche Einzelfälle, auf die jedes Mal rasch reagiert wurde. Meine Position dazu ist klar: Rechtsextremes Gedankengut hat bei uns nichts verloren. Wer der FPÖ beitritt, bekennt sich mit seiner Unterschrift zur Republik Österreich und zum demokratischen System, lehnt den Missbrauch der Gefühle in jeder Form ab und legt ein klares Bekenntnis zur Gewaltfreiheit ab. Wir verlangen aber kein Leumundszeugnis, sondern vertrauen darauf, dass sich jeder auch daran hält. Wird unser Vertrauen missbraucht, gibt es Konsequenzen.

Gemeinderat Michael L., der auf Facebook ein Hitler-Jugend-Gedicht veröffentlichte und sich mit dem T-Shirt einer rechtsextremen Band zeigte, ist aber nach wie vor FPÖ-Mitglied.
In seinem Fall habe ich mich genau erkundigt. Er hat mir glaubhaft vermittelt, dass er nicht gewusst hat, woher das Gedicht stammt. Und auch die Band und deren Liedgut kannte er nicht.


L. soll im Internet auch das Soldatenlied „Nur der Freiheit gehört unserer Leben“ des Nazi-Dichters und Komponisten Hans Baumann beworben haben.
In dem Fall sollte man die Kirche wirklich im Dorf lassen. Dieses Lied ist nicht bedenklich – darin geht es um die Freiheit. Daher ist es auch schon auf Parteitagen der FPÖ gesungen worden.

Das „Volksliederarchiv“ stuft es aber als „ein typisches Beispiel für die Blut-und-Boden-Lyrik“ im Dritten Reich ein.
Irgendwo gibt es schon auch Grenzen. Man sollte nicht hinter jedem Werk aus der Zeit etwas Verfängliches wittern. Baumann hat ja auch Kinderbücher geschrieben.

Sie sind auch stellvertretender Obmann des Witikobundes. Dieser soll laut Handbuch des deutschen Rechtsextremismus völkisch, deutsch-national und stramm revanchistisch sein.
Nichts davon trifft auf den Witikobund in Österreich zu. Wäre das der Fall, würde ich sofort Konsequenzen ziehen. Ich bin Nachfahre von Vertriebenen – unter meinen Vorfahren war übrigens kein einziges NSDAP-Mitglied. Dem Witikobund geht es nur darum, das Unrecht der Vertreibung zu thematisieren.

Auf der Witikobund-Homepage wurde bis 10. Jänner der nun wegen illegaler Waffengeschäfte verurteilte Ex-Gemeinderat Robert H. als Obmann geführt.
H. ist eine sehr tragische Figur. Er hat im Dezember alle Funktionen niedergelegt, im Vereinsregister wurde das aber erst später aktualisiert.

Sie sind auch Mitglied des Corps Alemannia Wien zu Linz, der den SA-Sturmführer Horst Wessel nie aus seiner Mitgliederliste gestrichen haben soll.
Mitgliedschaften in Vereinen enden mit dem Tod. Horst Wessel starb 1930 – seit damals ist er bei uns kein Mitglied mehr. Ich weiß, dass der Autor Hans-Henning Scharsach das Gegenteil behauptet, dafür sollte er sich schämen. Ich bin 1978 geboren – mir den Horst Wessel vorzuwerfen, ist hetzerisch.

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