Ivor Bolton, von Herbst 2004 bis 2015/16 Chefdirigent des Mozarteum Orchesters Salzburg, dessen Ehrendirigent er seither ist, hat sich wie kaum jemand anderer mit diesem Stück befasst. In einem Podcast auf BR Klassik, findet er nur Begeisterung für das so schnell niedergeschriebene Werk: "Man erkennt in diesem Stück trotzdem eine Flüssigkeit und eine ganz klare Intention."
Übergang zu Mozarts Spätwerk
Für Bolton markiert die "Linzer" den Übergang zu Mozarts Spätwerk, nur fünf Sinfonien komponiert Mozart danach noch. Viel sei darin stilistisch angedeutet und ausgereift, was Mozarts Spätwerk ausmache, vor allem im Finalsatz, analysiert er in dem Podcast: "Hier wird eine riesige Architektur entworfen, um alles Material zusammenzuführen."
Bolton hat die Linzer Sinfonie erstmals dirigiert, als er noch Student in Cambridge war: "Und von da an hat mich dieses Werk mein Leben lang begleitet, vor allem während meiner Zeit in Salzburg mit dem Mozarteum Orchester."
"Originelle Einleitung"
Aber zurück zum Anfang der Sinfonie. "Schon die Einleitung ist originell. Ein langsames, heroisches Adagio, bevor das vorwärtstreibende und lebhafte "Allegro spiritoso" in C-Dur beginnt. Es ist das erste Mal, dass Mozart eine Sinfonie in getragenem Tempo anfangen lässt", macht Bolton Lust auf das Musikstück.
Er ist überzeugt: "In dieser Zeit hat Mozart zu einem großartigen Gespür für Melodie gefunden, gerade in den langsamen Sätzen."
Eile oder Hast sein in dem Werk nicht zu spüren - wie auch bei Mozarts Opern nicht, die auch "in High-Speed-Tempo geschrieben wurden", versichert Mozart-Experte Bolton.
Da moniere das auch niemand: "Mozart war sehr fokussiert und brillant, auch wenn er unter Druck liefern musste.
Mit Pauken und Trompeten
Im Adagio des zweiten Satzes ortet Bolton "etwas Pastoral-Friedvolles. Trompeten und Pauken, die Mozart bisher noch nie in einem langsamen Satz verwendet hat, bringen aber auch tragische Akzente in dieses Idyll".
Erst am Ende kehre die Ruhe zurück, nicht als "kleines Glück, vielmehr ein feierlicher, erhabener Frieden".
Danach werde es zum festlichen Menuett mit volkstümlichen Einsprengseln, "es geht in Richtung eines Ländlers. Ein robustes Stück", findet Bolton im Gespräch mit BR Klassik-Musikjournalist Florian Heubich klare Worte.
Hat etwas "Himmlisches und Erhabenes"
Für Bolton geht nichts über die "Linzer Sinfonie: "Ich liebe den letzten Satz, dem etwas Himmlisches und Erhabenes anhaftet. Deshalb ist dieses Werk für mich eine der großartigsten Sinfonien von Mozart."
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Warum das so ist, beschreibt Bolton: "Das Ende wirkt wirklich überwältigend. Ich finde es besonders bewegend, wenn die Gegenmelodie plötzlich im Bass auftaucht. Die Struktur ist hier sehr genau gearbeitet. Die Verteilung der Akkorde ist absolut virtuos. Was die Orchestrierung und die Wahl der Instrumente betrifft, ist die Linzer Sinfonie für mich ein absolut tiefgründiges Werk."
Geschrieben hat Mozart das Stück im Haus in der Linzer Altstadt 17, das heute "Mozarthaus" genannt wird. Eine Büste erinnert an den großen Komponisten. In dem Haus hat später auch Josef Urbanski, der Planer der Pöstlingbergbahn gewohnt.
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