Metaller streiken, Linz steht: Bengalen, Bagger und Kipferl beim Arbeitskampf
Punkt sechs Uhr. Ein riesiger Bagger fährt Richtung Werkseinfahrt C der Voestalpine und versperrt den Weg. In der Schaufel steht groß: 11,6 - darunter hängt ein Banner. "Wir kämpfen für unseren Kollektivvertrag". Hinter ihm quert ein langer Güterzug die Straße und hält am Bahnübergang. Ein Warnstreik.
Die Betriebsräte stellen sich auf und zünden Bengalen. Mit dabei ist Hans Karl Schaller, Konzernbetriebsratsvorsitzender der Voestalpine, Chef der Produktionsgewerkschaften (PRO-GE) Oberösterreich und Teil des Verhandlungsteams bei den Kollektivvertragsverhandlungen.
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"Wir haben jetzt die Werksposten geschlossen und das bleiben sie auch bis um acht", sagt Schaller. Es gebe Abteilungsbetriebsversammlungen in der Voest, "wo wir den Mitarbeitern erklären, welche Auswirkungen das neue Angebot auf sie hätte". Auch nach außen wolle man ein Zeichen senden, welche Auswirkungen "das hat, wenn man die Inflation nicht mehr abgegolten bekommt".
"Voodo-Mathematik"
Die Vorstände hätten Boni bekommen "und jene, die alles erwirtschaftet haben, sollen mit 2,5 Prozent und einmalig 100 Euro abgespeist werden. Das ist Voodoo-Mathematik. Da sind wir weit entfernt von der rollierenden Inflation mit 9,6 Prozent", verdeutlichte Schaller. Der Abschluss der Metaller habe Auswirkungen auf alle anderen Branchen.
Um 8 Uhr werden die Schranken wieder geöffnet. "Danach gehen wir zu den Leuten und bereiten sie vor, welche Auswirkungen es hat, wenn es morgen zu keinem Ergebnis kommt". Sollten die Arbeitgeber weiter auf ihrem Angebot beharren und sich nichts bewegen, "dann werden die Warnstreiks in Streiks übergeleitet. Unsere Forderung bleibt bei 11,6 Prozent", gab sich Schaller kämpferisch.
"Sie wollen uns zerschlagen"
Die Parameter bei den Verhandlungen hätten sich verschoben. Die Arbeitgeber würden versuchen die Produktionsgewerkschaft, die aus sechs Fachverbänden besteht, zu trennen. "Sie wollen uns zerschlagen", erklärt Schaller. Wenn die Fachverbände einzeln verhandeln würden, schwäche das die Verhandlungsposition.
Frühstück im Auto
Auf der Straße kommt es aufgrund der Streiks zu Staus. Während die Menchen in ihren Autos warten mussten, zogen die Betriebsräte von Autofenster zu Autofenster. "Morgen! Wollen sie ein Frühstück", sagt ein Betriebsrat und reicht einem Mann ein Kipferl.
Manche stiegen sogar aus den Autos aus, wieder andere setzten sich in den geöffneten Kofferraum. Sie wissen alle, dass es noch etwas länger dauern wird.
Und das wird es: Denn wenn die Metaller die Straßen sperren, geht in ganz Linz nichts mehr.
Ab sechs Uhr früh standen die Autos rund um die voestalpine mehrere Stunden lang still. Der Stau reichte bis auf der Mühlkreisautobahn (A7) bis zur Westautobahn und von Freistadt kommend bis Treffling zurück. Auch die Umfahrung Ebelsberg und die Donau Straße (B3) bis Luftenberg waren von den Staus betroffen. Im Linzer Stadtverkehr konnte die Linie 18 nicht fahren.
Viele stehen hinter dem Streik
Einer der Wartenden ist Karl. Er arbeitet bei Plasser und Theurer. Eigentlich wollte er noch vor sechs in der Arbeit sein, schaffte es aber nicht mehr rechtzeitig. Jetzt ist er einer der Ersten vor der Absperrung: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass schon so viel Verkehr ist." Er muss jetzt warten bis der Zug den Weg wieder frei macht, er stehe aber voll und ganz hinter der Gewerkschaft.
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Auch Roland wusste, dass gestreikt wird. Er arbeitet bei der voestalpine Group-IT und war ebenfalls ein paar Minuten zu spät. "Ich bin zwar kein Metaller, finde den Streik aber dennoch gut. An Aktionäre wird das Geld ausgeschüttet und die Arbeiter bekommen nichts. Und das bei so einer Teuerung."
Andere, wie zum Beispiel Anita sind genervt von den Staus: "Ich verstehe die Streiks, aber wir können nichts dafür."
Kurz vor acht war auf der Autobahn von Freistadt Richtung Linz ab Mittertreffling dann ein "Stop and Go" möglich. Auch in die andere Richtung musste man mehr Zeit einplanen - 20 bis 30 Minuten Verzögerung mindestens, bestätigte der ÖAMTC.
Unterschiede bei aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen
Der Grund für den heutigen Streik waren die großen Unterschiede bei den aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Nach der vierten Verhandlungsrunde hat die PRO-GE beschlossen zu streiken. Zuletzt lag das Angebot der Arbeitgeber bei zehn Prozent und einer Einmalzahlung von 1.500 Euro über 24 Monate - sie würden also die Lohnverhandlungen nächstes Jahr auslassen.
Ein zweiter Vorschlag der Arbeitgeber umfasst 2,5 Prozent Lohnerhöhungen und 100 Euro pro Monat plus. Dazu boten sie 1.050 Euro Einmalzahlung. Die Gewerkschaft findet das Angebot nicht fair. Am Donnerstag gehen die Verhandlungen weiter.
Die Forderungen der Gewerkschaft sind klar: "Das Angebot kann nicht ihr ernst sein. Es muss eine Annäherung der Arbeitgeber geben." Andernfalls wird man sich an die Wartezeiten in Linz gewöhnen müssen.
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