Hajarts Kampfansage an die Linzer SPÖ: "Ich will Bürgermeister werden"
Überraschung ist es keine mehr: Die ÖVP Linz hat Martin Hajart (41) einstimmig zum Bürgermeisterkandidaten für die anstehenden Neuwahlen in Linz gekürt.
Zweieinhalb Jahre ist er nun Vizebürgermeister, früher als geplant sieht er die Chance auf den nächsten Schritt.
"Linz braucht einen Neustart", ist Hajart überzeugt. Bei der Präsentation auf der Schlossterrasse mit Blick auf die Stadt betont er, ein Bürgermeister für alle sein und das Amt "neutral und ehrlich" anlegen zu wollen.
Ehrlichkeit und Neutralität: Diese beiden Attribute spricht Hajart der regierenden SPÖ ab. "Über 80 Jahre hat die SPÖ in Linz einen Machtapparat in der Stadtverwaltung aufgebaut und genutzt. Und darüber ist Luger letztlich auch gestolpert." Und bei Luger solle sich die Stadt jedenfalls auch schadlos halten, falls dieser - wie etwa beim beauftragten Gutachten über die Weitergabe der Unterlagen an Kerschbaum - der Stadt finanziellen Schaden zugefügt habe.
Was Linz jetzt brauche, sei ein funktionierendes Krisenmanagement und transparente Aufklärung und einen "Bürgermeister, der es ehrlich meint und nicht einen, der für die Partei, also die SPÖ, alles wieder richten soll".
Debatte um Wahltermin
An die künftige geschäftsführende Bürgermeisterin Karin Hörzing (SPÖ) richtet er deshalb den Appell, den Wahltermin auf den frühestmöglichen Termin zu legen und das Interesse der Stadt über jenes der Partei zu stellen. Sie kann das aber frühestens am 2. September in die Wege leiten - denn Luger legt - wie jetzt bekannt wurde - mit 1. September sein Amt zurück. "Warum eigentlich erst so spät und nicht gleich", fragt sich Hajart und fordert, dass offengelegt wird, was Luger in den letzten Tagen seiner Amtszeit noch an Entscheidungen getroffen hat.
Laut Magistratsdirektion sie der 1. Dezember der erste mögliche Wahltermin, mit Stichwahl am 15. Dezember. Für Hajart der bestmögliche Zeitpunkt: "Warum sollen wir das über Weihnachten ins nächste Jahr ziehen?" Dass SPÖ-Kandidat Dietmar Prammer das aufgrund seiner geringen Bekanntheitswerte wolle, verstehe er, sei aber nicht gut für Linz.
Prammer selbst gab sich bezüglich eines raschen Wahltermins zurückhaltend, räumte aber öffentlich ein, mehr Zeit vor dem Wahltermin zu bekommen, um noch bekannter zu werden.
Gemeinderatswahl brauche es jedenfalls keine, ist Hajart überzeugt: "Es ist ein Skandal des Bürgermeisters, nicht des Gemeinderats."
Nach jetzigem Stand treten sechs Personen in Linz zur Bürgermeisterwahl an:
Dietmar Prammer, SPÖ
Martin Hajart, ÖVP
Michael Raml, FPÖ
Eva Schobesberger, Grüne
Georg Redlhammer, Neos
Lorenz Potocnik, Linz plus
Dass er es aufgrund der Mehrheitsverhältnisse immer entweder die SPÖ oder zumindest FPÖ und Grüne brauche, mache das Regieren für einen ÖVP-Bürgermeister nicht einfach, das ist Hajart bewusst - das schreckt ihn allerdings nicht ab: Gute Vorschläge für Linz würden die entsprechenden Mehrheiten finden, wenn ehrlich und redlich miteinander geredet werde.
Da er selbst "die Weisheit nicht mit dem Löffel gegessen" habe, will er in den nächsten Wochen Gespräche mit Experten suchen, um "den besten Plan für Linz" zu entwickeln. Einen Punkt daraus setzt der Verkehrsreferent schon fix im Oktober um: Den Hauptplatz für den Durchzugsverkehr sperren.
Sieben magere Jahre in Salzburg
Ein Blick ins benachbarte Salzburg zeigt, dass so ein überraschender Bürgermeister-Rücktritt eine einschneidende Veränderung darstellen kann. 2017 musste Heinz Schaden (SPÖ) nach einer strafrechtlichen Verurteilung gehen, sein Kronprinz Bernhard Auinger, den Schaden in die Politik geholt hat, musste auch zwei Jahre früher als geplant in eine Bürgermeister-Neuwahl gehen.
Christian Hacker ist heute noch an Auingers Seite als Bürgermeister-Sprecher, er erinnert sich an harte Zeiten zurück. "Auingers Bekanntheitsgrad als Fraktionsobmann war damals sehr gering, da hat ein Stadtrat wie Prammer eine bessere Ausgangsposition", vergleicht Hacker, wobei die SPÖ in Salzburg zu der Zeit zuvor schon die SPÖ-Landeshauptfrau und Spitzen der Landesregierung wegen des Finanzskandals verloren hatte.
Die Stimmungslage war jedenfalls nicht gut für die SPÖ, dennoch sei der Tenor gewesen: "Die Verurteilung von Schaden ist ungerecht, aber wir holen uns jetzt erst recht den Bürgermeister." Um 294 Stimmen sollte es letztlich nicht reichen. Und dass die ÖVP dann mit Harald Preuner den Bürgermeister stellen konnte, habe sich 15 Monate später bei der regulären Wahl erneut stark ausgewirkt.
Hacker: "Wir wussten, dass es schwer wird, wenn der Bürgermeister keinen schweren Fehler macht, deshalb war der Optimismus bei der Wahl 2019 geringer als bei de Neuwahl." Berechtigt, denn der ÖVP-Kandidat Preuner setzte sich mit 54 Prozent gegen Auinger deutlich durch.
Auch Niederlage bei Gemeinderatswahlen
Diese Wahl bescherte der SPÖ darüber hinaus eine schwere Niederlage bei der Gemeinderatswahl, die ÖVP hingegen gewann mit einem amtierenden Bürgermeister an der Spitze stark dazu.
Für sieben lange Jahre musste die SPÖ auf den Bürgermeistersessel verzichten, Bernhard Auinger hat diesen heuer im Frühjahr zurückgeholt. Schadens Verurteilung habe auf Auinger selbst nicht negativ gewirkt, ist Hacker auch rückblickend überzeugt.
Kandidat soll für Neuanfang stehen
Mit Ratschlägen für befreundete SPÖ-Organisationen gehen die Salzburger generell sparsam um. Eines sei aber unerlässlich, weiß Hacker: "Wichtig ist, jetzt als Partei geschlossen zusammenzustehen, aber auch nach vorne zu blicken und einen Plan für Linz schaffen und den auch kommunizieren." Und der Kandidat müsse für einen Neuanfang stehen und diesen auch vertreten. Hacker: "Wenn dir das dann nicht geglaubt wird, hast du ein Problem."
Apropos Blick zum Nachbarn: Die Linzer Volkspartei fährt dieser Tage nach Innsbruck. Dort holt man sich bei ÖVP-Rebell Johannes Anzengruber Anleihen, wie das Bürgermeisteramt in einer Landeshauptstadt gewonnen werden kann. Der hat das mit seiner Bürgerliste JA Jetzt Innsbruck heuer im April geschafft.
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