Linz: Bangen um historische Arbeitersiedlung
Die KURIER-Redaktion berichtet verstärkt aus der Stadt Linz. Alles, was die Stadt bewegt, direkt ins E-Mail-Postfach mit dem Donaubrücke-Newsletter - Hier kostenlos anmelden: Anmelden
„Eines der seltenen reizvollen Beispiele der Linzer Siedlungsarchitektur der Fünfzigerjahre, das noch versucht, Wohnqualitäten vorausgegangener Jahrzehnte wie „Gemütlichkeit“ und „Menschlichkeit“ zu berücksichtigen.“ So wird die Wohnhausanlage in der Maderspergerstraße 1 bis 11 auf der Stadt-Website beschrieben.
Und gemütlich sei das Leben in der Anlage geblieben – bis heute. „Wir haben hier eine tolle Gemeinschaft, die sich gegenseitig unter die Arme greift“, erzählt ein Bewohner. Hinzu komme die Lage der Wohnhäuser, umgeben von viel Grün. „So eine Lebensqualität findet man in ganz Linz nicht mehr.“
Bewohner in Sorge
Angesichts dieser Schilderung verwundert es nicht, dass kursierende Gerüchte bei den Mietern für Verunsicherung sorgen. „Die Hausverwaltung hat uns gesagt, dass die Gebäude definitiv abgerissen werden“, sagt der Bewohner – und zwar schon in drei bis vier Jahren.
Ihm selbst würde bei dem Gedanken an einen Umzug das Herz bluten; zu sehr hat er seine kleine Wohnung lieb gewonnen. Seine Sorge gelte aber seinen vielen betagten Nachbarn, zum Großteil Mindestpensionisten, die auf günstige Mieten angewiesen seien. Viele von ihnen würden schon seit Jahren in der Maderspergerstraße wohnen.
Ein klobiger Neubau anstatt der romantischen Pawlatschengänge? Das will man sich gar nicht vorstellen. „Dabei würde Linz leistbare Wohnungen so dringend brauchen“, konstatiert der Mieter.
Die Wohnhausanlage ist im Besitz der Gemeinnützige Industrie-Wohnungsaktiengesellschaft, kurz GIWOG. Auf KURIER-Anfrage sagt man dort klipp und klar: Es gibt derzeit keine Pläne für das Areal. Und etwas über den Kopf der Bewohner hinweg zu entscheiden, käme ohnehin nicht infrage.
„Wir wissen, dass wir in der Maderspergerstraße etwas unternehmen müssen“, sagt Wolfgang Modera, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft. Die Gebäude seien in die Jahre gekommen; die alten Gemäuer sind feucht geworden, die Wohnungen würden nicht mehr den modernen Standards entsprechen. „Hier zieht keiner mehr ein“, weiß Modera.
Sanierung oder Abriss
Was aber nicht heiße, dass man leichtfertig über einen Abriss oder eine Sanierung entscheiden würde. Auch wenn beides möglich wäre; der Gebäudekomplex steht nicht unter Denkmalschutz. „Aber Gemeinnützigkeit ist in meinen Augen ein gesellschaftlicher Auftrag“, so der Vorsitzende.
Die GIWOG würde grundsätzlich keine Bewohner auf die Straße setzen. Und sollten in Zukunft Arbeiten erfolgen, würden den Mietern Ersatzwohnungen angeboten – zu dem Preis, den sie bisher gezahlt haben. Nach den KURIER-Recherchen will Modera nun das Gespräch mit den Bewohnern suchen.
Kommentare