Dienstag, 18 Uhr. Zwei ungleiche Gegner stehen sich gegenüber. Nein, nicht Österreich und die Niederlande. KI-emens (Klemens) Schraml und eine kostenpflichtige ChatGPT-Version, also Künstliche Intelligenz (KI) treten gegeneinander an.
Als Stadion dienten Arena und Innenhof des Zirkus des Wissens und von Schloss Auhof in der Johannes-Kepler-Universität. Alles ist angerichtet für ein großes Duell. Das erste dieser Art weltweit - zumindest, wusste die KI nichts Gegenteiliges zu berichten.
Auf der einen Seite Klemens Schraml. Der Koch aus Großraming, der als Gasthaus-Bub schon mit sieben Jahren seinen ersten Schweinsbraten gekocht hat - samt Knödel.
Duell der Weltenbummler
Und der später selbst die Welt bereist hat, um sein kulinarisches Spektrum zu erweitern und zu perfektionieren, ehe er, mit einem Michelin-Stern im Gepäck, 2018 ins kleine Großraming im Bezirk Steyr-Land zurückkehrte. Dort reüssiert er in seinem Lokal Rau - Nature-based Cuisine, derzeit mit 4-Hauben ausgezeichnet.
Auf der anderen Seite: Das Wissen der Welt. Eine KI, die auf alle Daten, Rezepte und kulinarische Abhandlungen und herausragende Beschreibungen zugreifen kann. Und die auf Nachfrage klarstellte: "Ich bin hier, um die kulinarische Welt zu revolutionieren."
Die Aufgabe für Koch und KI: Mit Produkten aus Linz und dem Bezirk Linz Land jeweils ein dreigängiges Menü zu kreieren. Die Aufgabe für die Gäste: Herausfinden, wer welches Gericht gezaubert hat - was sich als ungeahnt schwer herausstellen sollte.
Bei KI auf Gefahren achten
Zuvor gab Wirtschaftsinformatikerin Barbara Krumay von der Johannes-Kepler-Universität einen klitzekleinen Einblick in die unendlichen Sphären der KI. Die Essenz: KI und Digitalisierung werden nicht mehr weggehen, also macht es Sinn, sich dieses Wissen anzueignen.
Aber dabei auch auf die Gefahren zu achten. Diese liegen laut Krumay in der Voreingenommenheit, fehlender Aktualität und Vollständigkeit und in der fehlenden moralischen Instanz.
Gute Beispiele für den Einsatz von KI in der Landwirtschaft und in der Kulinarik gebe es, etwa im Erkennen von Unkraut. "Blöd ist es nur, wenn sich die KI vertut und den Weizen vernichtet", brachte Krumay die Problematik auf den Punkt.
Die erste Halbzeit
Dann geht es ans Eingemachte. Zwei völlig unterschiedliche Gerichte kommen als Vorspeise, wobei in beiden Koriander dominiert. "Lebenszyklus der Forelle ST.3" heißt die Kreation des Kochs - scharf und überraschend, mit fast zu viel Sauce.
Die KI liefert "Forellen Ceviche mit Apfel und Radieschen", bei dem die Apfelstücke eine große Rolle spielen. Die Gäste erraten nur knapp, was von Schraml kommt - also steht es 1:1.
Die zweite Halbzeit
Es dauert eine Zeit, bis die Hauptspeise kommt. Kein Wunder, an dem Abend werden insgesamt 1.200 Teller angerichtet und serviert. Dann ist das Fleisch am Tisch. "Acht Stunden Rinderbrust" von Schraml, acht Tage in acht verschiedenen Pfeffersorten eingelegt.
Und dennoch hat das Pulled Beef eine Süße, die nicht bei allen Gästen gut ankommt. Die KI bleibt klassisch, macht ein schönes Stück Rinderbrust auf Püree. Wieder ist es knapp, wieder bleibt der Koch nur knapp vorne. Es steht 2:2.
Die Nachspielzeit
Das Dessert muss die Entscheidung bringen. Und hier scheiden sich die Geister richtig. Nicht an der Zuordnung, sondern am Geschmack. Denn dass der Ribiselschaum mit Fetakäse (ja, auch den gibt es in Linz), Malvenblüten und Olivenöl eine Schraml-Kreation war, lag auf der Hand - weil so außergewöhnlich, dass der eine oder die andere nicht mitkonnte. Die KI blieb - wieder - klassisch.
Blätterteig mit Apfel, Joghurt, Honig. Mit dem deutlichen Voting im dritten Gang setzte sich Schraml letztlich mit 3:2 durch. So ein Zufall - wie Österreich gegen die Niederlande.
"Manches behirnt die KI einfach nicht"
Schramls Fazit, der die Rezepte der KI mit weiteren Köchen kochte: "Wir mussten bei der KI bei den Rezepten doch noch sehr viel nachbessern, hätten wir es genauso gemacht, wie vorgegeben, hätten viele heute keine Freude bei diesem Gang gehabt." Für ihn ist klar: "Meine Sensorik ist und bleibt besser als die der KI. Manche Sachen behirnt die KI einfach nicht."
Denn er erkenne etwa beim Riechen eines Apfels, ob ein Gericht noch zusätzlich Zucker braucht oder nicht. Und er schließt bei der Expertin Krumay an: "Die Rezepte sind mit Vorsicht zu genießen. Man muss schon sehr genau sagen, was man will."
Aber an dem Abend hätten alle etwas gelernt. Er, die Gäste, und vor allem: die KI. Denn alle an dem Abend generierten Daten landen auf einem Server in Kalifornien. Wo die KI künftig darauf zugreift.
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