Linzer JKU-Studie: Herkunft schafft Nachteile am Wohnungsmarkt

JKU-Professorin Doris Weichselbaumer
Der Nachname entscheidet in vielen Fällen darüber, ob Menschen zur Wohnungsbesichtigung eingeladen werden

Von Doris Weichselbaumer

Zahlreiche Studien belegen, dass Personen in vielen Situationen lediglich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer demografischen Gruppe (z.B. Geschlecht, Ethnizität, Religion, sexuelle Orientierung) diskriminiert werden.

Besonders eindrücklich zeigt sich diese Diskriminierung bei experimentellen Untersuchungen, in denen die Erfahrungen von vergleichbaren Personen verglichen werden, die sich nur in einem demographischen Merkmal unterscheiden.

In Österreich existieren nur wenige Studien, die Diskriminierung experimentell erforscht haben. Ein älteres Experiment hat die Situation von Personen mit Migrationshintergrund am österreichischen Arbeitsmarkt untersucht. Dabei zeigte sich, dass bei der Stellenbewerbung gleichqualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten je nach Namen äußerst unterschiedlich behandelt wurden:

Jene mit österreichisch klingendem Namen waren am erfolgreichsten, jene mit serbischem, türkischem oder chinesischem Namen waren deutlich abgeschlagen (minus 24 bis 32 % Erfolgswahrscheinlichkeit) und jene mit einem nigerianischen Namen hatten bei gleichem Lebenslauf gar nur halb so große Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Eher Job nach Namensänderung

Eine spätere Studie belegt, dass Kandidat*innen mit nigerianischem Migrationshintergrund, die ihren Bewerbungsunterlagen ein Foto beilegten, weniger diskriminiert wurden, wenn sie einen österreichisch klingenden Namen aufwiesen. Ein Grund dafür mag sein, dass manche Namen bei der Stellenbewerbung sofort aussortiert werden, ohne dass die konkreten Qualifikationen überprüft werden. Eine schwedische Untersuchung hat zum Beispiel ermittelt, dass Personen, die ihren migrantisch klingenden Namen auf einen schwedischen änderten, anschließend deutlich höhere Einkommen erwirtschaften konnten – vermutlich, weil viele erstmals einen Job finden konnten.

Linzer JKU-Studie: Herkunft schafft Nachteile am Wohnungsmarkt

Eine aktuelle Studie der Johannes Kepler Universität Linz widmet sich dem Wohnungsmarkt. In dieser Untersuchung, durchgeführt von Hermann Riess und mir, haben sich Personen mit verschiedenen Namen um Wohnungen beworben.

Während 68 % aller Personen mit österreichischem Namen eine positive Rückmeldung von Vermieter*innen erhielten, war das nur bei 61 % der Personen mit serbischem Namen, bei 51 % mit türkischem Namen und bei 38 % mit syrischem Namen der Fall.

Zahlungsschwierigkeiten?

Ein Grund für diese Unterschiede mag sein, dass Vermieterinnen und Vermieter besorgt sind, dass Personen mit Migrationshintergrund Zahlungsschwierigkeiten haben – immerhin zeigt die oben zitierte Evidenz, dass sie am Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Vergleichbare Experimente in anderen Ländern variierten nun die Anschreiben von Wohnungssuchenden, indem sie etwa Informationen über die Berufstätigkeit in einem gut bezahlten Job hinzufügten.

Dies konnte jedoch in vielen Fällen die Diskriminierung von Personen mit migrantischem Namen nicht reduzieren. Ein anderer Grund für Diskriminierung am Wohnungsmarkt könnte sein, dass Vermieterinnen und Vermieter befürchten, dass Personen mit Migrationshintergrund nicht mit den lokalen Prozeduren bzw. Bräuchen vertraut sind, sodass ihnen bei einer Vermietung ein Mehraufwand entsteht.

Bei unserer Studie wurde daher bei manchen Anschreiben hinzugefügt, dass die Wohnungssuchenden in Österreich geboren und aufgewachsen sind. Diese Information signalisiert Kenntnis über lokale Bräuche und auch eine österreichische Ausbildung, die am Arbeitsmarkt bessere Möglichkeiten eröffnet.

Der Hinweis auf den österreichischen Hintergrund konnte die Chancen auf eine Wohnungsbesichtigung jedoch nur für die Personen mit einem syrischen Namen erhöhen. Offensichtlich scheuen Vermietende besonders davor zurück, an geflüchtete Personen zu vermieten. Personen mit syrischem Namen, die in Österreich geboren sind, profitieren von dem Signal, nicht zu dieser Gruppe zu gehören.

Eine Möglichkeit, wie Diskriminierung von Entscheidungsträgerinnen und -trägern reduziert werden kann, ist, dass man Bewerbungen von bestimmten Gruppen am Arbeitsmarkt wie am Wohnungsmarkt nicht automatisch aussortiert, sondern einer sorgfältigen Prüfung unterzieht und den Kandidatinnen und Kandidaten gegebenenfalls die Chance bietet, sich persönlich zu präsentieren – dies gilt für Personen mit Migrationshintergrund ebenso wie für verschiedene Geschlechter.

Univ.-Prof.in Dr.in Doris Weichselbaumer leitet das Institut für Frauen- und Geschlechterforschung und forscht unter anderem zum Thema Diskriminierung.

 

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