Digitale Nachhaltigkeit: Durch Bits und Bytes unsere Umwelt regenerieren

Georg Reischauer
Smartphones, Social Media, und Smart Home: digitale Technologien sind in unserem Alltag allgegenwärtig geworden. von Georg Reischauer

An der Johannes Kepler Universität Linz ist Georg Reischauer an der Business School, dem Linz Institute of Technology und der Art x Science School for Transformation tätig.

Lange Zeit lag die Aufmerksamkeit von Forscher*innen und Manager*innen darauf, wie Unternehmen durch digitale Technologien wettbewerbsfähiger werden können. 

Dieser Fokus ist hat sich in den letzten Jahren erweitert – nämlich dahingehend zu fragen, wie man durch den Einsatz von Bits und Bytes wettbewerbsfähiger und ökologisch nachhaltiger wirken kann. Was steckt hinter dieser Idee der digitalen Nachhaltigkeit?

Reduktion vs. Regenerierung als Nachhaltigkeitszeile

Als zentrales Ziel, um ökologisch nachhaltiger zu werden, galt und gilt Reduktion. Hierbei setzen Unternehmen neuen Technologien ein, um ihren negativen Einfluss auf die Umwelt zu vermindern. Beispiele sind ein geringerer CO2 Ausstoß während der Produktion, Produkte, die während des Betriebs weniger Energie benötigen oder Recycling-Initiativen. Kurzum, bei Reduktion geht es um die Verminderung des Fußabdrucks eines Unternehmens – im besten Fall erreicht man Klimaneutralität.

Digitale Technologien werden zunehmend zum Zweck der Reduktion eingesetzt. So können durch digitale Zwillinge neue Produkte noch nachhaltiger entwickelt werden. 

Darüber hinaus erlauben diese Technologien den Unternehmen auch, ein alternatives ökologisches Nachhaltigkeitsziel zu verfolgen: Regenerierung. Firmen, die Regenerierung anstreben, wollen somit nicht nur Klimaneutralität, sondern sogar negative Emissionen erreichen. 

Anstelle des Fußabdrucks, der negative ökologische Effekte und dessen Verminderung fokussiert, wird durch Regenerierung der Handabdruck zentriert und dadurch auch positive Nachhaltigkeitswirkungen von Produkten und Unternehmen.

Wie Unternehmen und Konsument*innen durch Bits und Bytes regenerieren

Zentrale Maßnahmen, um zu regenerieren, sind Wiederaufforstung und Schutz von biologischen Ökosystemen. Digitale Technologien sind essenziell für deren Umsetzung und Kontrolle. So sind Drohnen und Satellitenaufnahmen zentral für den Erfolg von Wiederaufforstungsprojekten.

Immer mehr Unternehmen setzen sich Regenerierung als Nachhaltigkeitsziel. Der amerikanische Einzelhandelskonzern Walmart etwa hat verkündet, bis 2030 mindestens 1,25 Million km2 Landfläche und 2,6 Million km2 Wasserfläche zu regenerieren. 

Aber auch einzelne Konsument*innen können direkt bei Regenerierung mitwirken. Das wohl wirkmächtigste Beispiel ist AntForest, eine App des chinesischen Technologiekonzerns Alibaba. Diese App setzt auf Gamification, dem Verwenden von spieltypischen Elementen – etwa das Bewegen von virtuellen Gegenständen auf dem Smartphone – in an sich spielfremden Kontexten, wie dem Bezahlen von Lebensmitteln. 

Wenngleich das gesamte Wirken von Alibaba durchaus kritisch betrachtet werden sollte, ist die Idee der App so einfach wie wirkmächtig. Wenn Konsument*innen sich umweltfreundlich verhalten – etwa mit dem Rad statt dem Auto verkehren oder nachhaltige Produkte kaufen – dann erhalten sie dafür Punkte. 

Je mehr Punkte über einem Schwellenwert erreicht werden, desto mehr Bäume werden von Alibaba gepflanzt. Durch das Engagement von über 500 Million Konsument*innen konnten in China dadurch rund 100 Millionen Bäume gepflanzt werden. 

Reduktion und Regenerierung zur Umsetzung des grünen digitalen Wandels

Reduktion und Regenerierung sind keine Gegensätze. Reduktion ist vor allem für die den Wirtschaftsstandort Österreich prägenden Industrieunternehmen ein äußerst wichtiges Nachhaltigkeitsziel. 

Aber um auch bei Einzelpersonen ein nachhaltigeres Konsumverhalten zu verankern, ist es wichtig, auch Regenerierung als komplementäres Nachhaltigkeitsziel zu verfolgen. Der unternehmerische Erfolg von Regenerierung lässt sich vor allem durch eine erhöhte Kundenbindung und resilienterer Lieferketten festmachen.

Der erste Schritt zur Regenerierung ist vergleichsweise einfach. Denn Regenerierung ist kollaborativ – es wird vor allem mit Partner*innenunternehmen umgesetzt. Neben (semi)öffentlichen Organisationen entstehen zunehmend Start-Ups, die Unternehmen bei der Umsetzung unterstützen. 

Durch die Nutzung digitaler Technologien zum Nutzen der Umwelt wird es möglich werden, dass Unternehmen bei dem für die Europäische Union zentralen grünen digitalen Wandel – auch als „Twin Transition“ bezeichnet – eine Führungsrolle einnehmen. 

Mit den gesamtuniversitären Schwerpunkten „Digital Transformation“ und „Sustainable Development“ hat sich auch die Johannes Kepler Universität Linz ganz dieser Transformation verschrieben. Interdisziplinäre Forschung vor allem an der Business School, dem Linz Institute for Transformative Change (LIFT_C) und dem Linz Institute of Technology (LIT) gibt zentrale Impulse für die erfolgreiche Bewältigung dieser tiefgreifenden Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft.

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