Die Zukunft der Arbeit in der österreichischen Industrie bleibt offen

Benjamin Ferschli
Benjamin Ferschli, forscht an der Abteilung Gesellschaftstheorie und Sozialanalysen der Johannes Kepler Universität Linz. Seine Forschungsschwerpunkte sind Arbeits- und Industriesoziologie sowie Politische Ökonomie der Arbeit.

Die Herbstlohnrunde und ein erfolgreicher Streik haben das Schlaglicht wieder einmal auf die österreichische Automobilindustrie gelegt. Das Aushängeschild der österreichischen Produktionslandschaft befindet sich in großer Transformation: von Elektromobilität, der Verwendung neuer Technologien von Künstlicher Intelligenz bis hin zu Debatten über die Rückverlagerung von vormalig ausgelagerten Produktionsstandorten. 

Diese Entwicklungen spitzen sich zu bezüglich der Frage, wie sie Arbeit und Beschäftigung in der österreichischen Industrie verändert haben und weiter verändern werden. 

Industriestandort Österreich und das ewige Ende der Arbeit

Trotz langjähriger Trends, die das Gegenteil suggerieren, wie etwa die „Tertiarisierung“ von entwickelten Ökonomien,  der Auslagerung von industriellen Produktion in Billiglohnländer und arbeitssparender Automatisierung, hält sich die industrielle Beschäftigung in Österreich auf einem stabilen und im europäischen Vergleich überdurchschnittlichen Niveau. 

Zwischen 2008 und 2021 hat sich die Beschäftigung der Automobilindustrie in Österreich etwa um 12 % erhöht. 

Diese Stabilität steht in starkem Kontrast zu den Debatten der vergangenen Jahre, die auf Basis neuer Automatisierungssprünge eine große Reduktion von Jobs in Industrie und anderen Sektoren bekundet haben. Nicht zuletzt aufgrund eines sich verschärfenden Arbeitskräftemangels, der kaum einem österreichischen Industrieunternehmen fremd ist, scheint das „Ende der Industriearbeit“ und des Produktionsstandorts Österreich in weiterer Ferne als jemals zuvor. 

Gängige Annahmen gehen weiter davon aus, dass die Schere innerhalb industrieller Arbeiter*innen stetig zunimmt. „Hoch“-qualifizierte würden demnach gewinnen und „Niedrig“-qualifizierte sowie das mittlere Segment würden in diesen Transformationen leer ausgehen. Mitunter deshalb, weil diese Arbeiten schwieriger zu automatisieren sind als „Routine“-Tätigkeiten.  

Automatisierung, Digitalisierung und die Veränderung von Industriearbeit

Neben Theorien und Prognosen ist aber oft unklar, wie genau Automatisierung und Digitalisierung die Beschäftigungsprofile, Arbeitsprozesse und Inhalte von Industriearbeiter*innen verändern. Ein durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften unterstütztes Projekt versucht hier Einblicke zu gewinnen. 

Das an der Abteilung für Gesellschaftstheorie und Sozialanalysen der Johannes Kepler Universität Linz angesiedelte Projekt geht dabei in mehreren Stufen vor. In einem ersten Schritt wurde untersucht, welche Rolle die Verwendung von Robotik in der Entwicklung von Produktivität und Beschäftigung in den globalen Automobilsektoren gespielt hat.

Auf diesen Ergebnissen aufbauend wird nun die Analyse spezifiziert mit Hilfe von Interviews mit Expert*innen der österreichischen Automobilindustrie. Hierbei soll geklärt werden, wie sich österreichische Unternehmen durch technologische Entwicklungen im inner- und außer-europäischen Wettbewerb positionieren, was der gegenwärtige Stand an Automatisierung zulässt oder auch nicht, wie neue Technologien verwendet werden und schließlich wo, wie und für wen sich Beschäftigung und Arbeit verändert haben und verändern werden.  

Die Ergebnisse des Projekts helfen letztlich dabei zu verstehen, welche gesellschaftlichen und sozio-ökonomischen Konsequenzen sich aus der technologischen Veränderung der Arbeitswelt ergeben und welche politischen Maßnahmen sich anbieten, diese zu formen. 

Aber bereits jetzt ist klar, dass das Ende der Industriearbeit wieder einmal verschoben werden muss. Wie sich Arbeit aber weiterentwickelt, ist auch am Industriestandort Österreich weiterhin offen. Der Abschluss des Projekts ist mit August 2025 geplant. 

Mehr Infos zum Projekt: https://www.jku.at/institut-fuer-soziologie/forschung/abteilung-fuer-gesellschaftstheorie-und-sozialanalysen/forschungsprojekte-der-abteilung-gesellschaftstheorie-und-sozialanalysen/ 

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