Brucknerhaus-Affäre: Luger attackiert jetzt ÖVP-Stadträtin

Brucknerhaus-Affäre: Luger attackiert jetzt ÖVP-Stadträtin
Kerschbaums Entlassung wurde am Dienstag beschlossen. Nach Aufsichtsrat sieht SPÖ Linz die ÖVP "im Korruptionssumpf", die ÖVP kontert.

Der Kontrollamtsbericht zur Affäre um das Brucknerhaus in Linz und seinen - derzeit noch freigestellten - künstlerischen Leiter Dietmar Kerschbaum hat für SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger so viele neue Vorwürfe ans Tageslicht gebracht, dass er unmittelbar danach aufgrund des vertraulichen Berichts eine sofortige Trennung von seinem früheren engen Freund als Chef des Brucknerhauses für notwendig erachtet hat.

Aufsichtsrat empfiehlt Auflösung des Dienstverhältnisses

Heute, Dienstag, hat der Aufsichtsrat in einer knapp vierstündigen Sitzung einstimmig dazu durchgerungen, der zuständigen Kultur- und Veranstaltungsholding (KKV) zu empfehlen, das Dienstverhältnis mit Kerschbaum aufzulösen. 

Das hat Bürgermeister Luger in einer schriftlichen Stellungnahme nach der Sitzung bestätigt. Auch die Compliance-Prüfung durch die KPMG habe weitere schwere Verfehlungen der künstlerischen Geschäftsleitung offengelegt - auch hier gehe es um Spesen, Dienstreisen, Vergabevorgänge, Nebenbeschäftigungen und "ein den Compliance-Richtlinien völlig widersprechendes Führungsverhalten". 

Kurz vor 17 Uhr dann die Entscheidung: Die Generalversammlung der KKV ist der Empfehlung des Aufsichtsrates der Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA) gefolgt und hat "nach beratenden Gesprächen" beschlossen, Dietmar Kerschbaum als Künstlerischen Direktor zu entlassen.

Luger attackiert ÖVP

Darüber hinauf hätten die Wirtschaftsprüfer offengelegt, dass "ein Aufsichtsratsmitglied der LIVA unter Missachtung der Compliance-Regeln selbst Aufträge vom Künstlerischen Geschäftsführer erhalten" habe. 

"Das hat mich überrascht", ließ Luger wissen, um auch in diesem Aspekt die Flucht nach vorne anzutreten und ÖVP-Vizebürgermeister Martin Hajart zu attackieren: "Die Faktenlage ist eindeutig, hier ist nun der ÖVP-Obmann an der Reihe, die politische Verantwortung zu übernehmen." 

Lang-Mayerhofer kontert

Konkret greift Luger damit die Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer an. Die ÖVP hat umgehend reagiert und die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. „Ich bin schockiert, dass jetzt mit haltlosen Vorwürfen gegen meine Person versucht wird, von dem eigentlichen Brucknerhaus-Skandal abzulenken“, weist die Kulturstadträtin die von Luger erhobenen Vorwürfe aufs Schärfste zurück. 

„Als Stadträtin habe ich ein klares Berufsverbot. Ich bin bei der Firma meines Mannes beteiligt, der diese auch operativ führt", erklärt sie in einer Stellungnahme. Der Neubau des Kassapults sei 2019 von dem damals zuständigen Linzer Architekturbüro geplant und die Firma MAYLAN (das Unternehmen von Lang-Mayerhofer und ihrem Mann) vom beauftragten Architekten zu einer Angebotslegung geladen worden. 

"Es wurde letztlich als Bestbieter ausgewählt", versichert Lang-Mayerhofer, "ich bin davon ausgegangen, dass die beiden Vorstandsdirektoren den formalen Berichtspflichten immer nachgekommen sind. Mir war eine korrekte Vorgehensweise immer wichtig – was so auch in dem Compliance-Bericht der KPMG hiermit bestätigt wird.“

Debatte im Kontrollausschuss

Tags zuvor wurde im Kontrollausschuss heftig über den Bericht diskutiert. Kontrollausschussobmann Georg Redlhammer (Neos) machte SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger als "politisch Verantwortlichen des Skandals" aus, der in Sachen Kerschbaum Konsequenzen ziehen müsse.

"Luger muss seine Rolle hinterfragen"

Aber Luger müsse auch "das Konstrukt LIVA (die städtische Gesellschaft, in der das Brucknerhaus firmiert, Anm.) und seine eigene Rolle darin hinterfragen", fordert Redlhammer. 

Lugers Aufgabe sei gewesen, die Geschäftsführung und alle Strategieprozesse zu kontrollieren. Was nicht passiert sei. Anders sei nicht zu erklären, dass sich Kerschbaum trotz "kolportierte 200.000-Euro-Gage" sich mehr als 120.000 Euro in den letzten fünf Jahren selbst zukommen lassen konnte.

"Wie ein Dreigroschenroman"

"Das Kontrollamt brauchte nur dem Geld folgen", meinte Redlhammer spitz, und das sei häufig bei Kerschbaum gelandet. "Wie bei einem Dreigroschenroman", ergänzte Redlhammer, der auch bekräftigte, dass sich Kerschbaum in vielen Fällen nicht an geltende Regeln gehalten habe - und Kontrollmechanismen nicht gegriffen hätten. 

Zahlreiche Bestätigungen von Verfehlungen Kerschbaums "finden sich im Kontrollamtsbericht", sagte auch Ursula Roschger (Grüne) nach dem Ausschuss. Zur vollständigen Aufklärung wollte sie eine Befragung Kerschbaums im Ausschuss durchsetzen - dem erteilte Obmann Redlhammer wegen juristischen Bedenken eine Absage.

SPÖ für endgültige Trennung

Der SPÖ-Gemeinderatsklub unterstützte nach dem Ausschuss die Position ihres Parteichefs und Bürgermeisters Luger. "Eine Weiterbeschäftigung des freigestellten Künstlerischen Direktors wäre in keiner Weise tragbar", resümierte Thomas Gegenhuber (SPÖ).

"Die Liste der Verfehlungen ist endlos und zeugt von unkorrektem Managementverhalten", zeigte sich Gegenhuber entsetzt. Das sei auch durch mangelhafte Einhaltung interner Regeln und an einem Spesenwildwuchs ablesbar.

Fall für die Staatsanwaltschaft?

Manuel Danner von der Freiheitlichen ist sogar überzeugt, dass "den Sachverhalt in allen möglichen Facetten womöglich Gerichte klären" müssten. Auch für ihn ist die Auflösung des Vertrages unumgänglich, die LIVA müsse zudem auf ordentliche Beine gestellt werden. 

Bislang ist allerdings bei der Staatsanwaltschaft in Linz weder eine Anzeige noch eine Sachverhaltsdarstellung eingelangt.

Kerschbaum setzt sich zur Wehr

Mit der Entlassung hat Kerschbaums hat die Affäre einen neuen Level erreicht. Dietmar Kerschbaum zeigte sich in einem Gespräch mit dem ORF Oberösterreich "enttäuscht und betroffen." 

Vor allem dass er keine Möglichkeit erhalten haben, zur Aufklärung beitragen zu können. "Ich habe keine Ahnung, um was es geht. Das ist ja das Thema. Wenn mir der Bericht zur Verfügung gestellt worden wäre, könnte ich auf all die Punkte zumindest antworten", sagte Kerschbaum. 

Die Vorwürfe will er sich jedenfalls nicht gefallen lassen und rechtliche Schritte dagegen einleiten und verweist darauf, für das Brucknerhaus künstlerisch viel erreicht zu haben. 

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