"Landes-SPÖ auf dem richtigen Weg"

Sozialminister Alois Stöger
Der Sozialminister stärkt Landesrätin Birgit Gerstorfer den Rücken.

Alois Stöger ist Sozialminister. Der ehemalige Gewerkschaftsfunktionär gehört der Regierung seit 2008 an. Der 56-Jährige wohnt in Feldkirchen an der Donau und ist auch Bezirksparteivorsitzender der SPÖ Urfahr-Umgebung. Von 2005 bis 2008 war er Obmann der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. Er machte das so gut, dass ihn der damalige SPÖ-Landesvorsitzende Erich Haider für höhere Weihen empfahl.

KURIER: Meine KURIER-Kollegin in der Innenpolitik schreibt, dass die SPÖ die Nase von der ÖVP voll hat und dass die Gewerkschaft den Wahlkampf vorbereitet. In der Regierung läuft es offensichtlich wieder nicht rund.Alois Stöger: Wir sind gerade dabei, das Regierungsprogramm abzuarbeiten. Mitterlehner hat sich in das neue Programm stark eingebracht und innerhalb der ÖVP an Gestaltungsmacht gewonnen. Es gibt aber auch einige in der ÖVP, die systematisch eine andere Position einnehmen und sich medial darstellen.

Das macht es ein bisschen schwierig. Aber wir arbeiten die Themen ab.

Sie sehen es positiv?

Ich würde mir manchmal wünschen, dass man besser abgestimmt ist, aber wir sind kein Wunschkonzert. Es geht schon darum, dass man Dinge verändert. Wenn gearbeitet wird, gibt es auch manchmal Meinungsverschiedenheiten.

Manche erwarten, dass im Herbst gewählt wird. Ist das eine übertriebene Sorge?

Das halte ich für eine übertriebene Sorge. Die Regierung ist durch das Arbeitsübereinkommen gestärkt. Warum sollte Mitterlehner aufhören?

Sie haben in einem unserer früheren Gespräche gesagt, Sie können das Wort Reform nicht mehr hören. Ist das noch wie vor Ihre Meinung?

Ja. Ich formuliere es sogar noch schärfer. Reform ist ein Kofferbegriff, dessen äußere Hülle immer gleich ausschaut, bei der man aber nicht weiß, was drinnen ist. Man muss den Koffer öffnen, um zu sehen, was gemeint ist. Durch die Reformen von Bruno Kreisky wurde Österreich modernisiert. Durch die Reformen von Schwarz-Blau hat es Verschlechterungen für die breite Masse gegeben.

Sie haben die Agenda 2010 des damaligen SPD-Kanzlers Gerhard Schröder immer abgelehnt. Der neue SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz will die Agenda reformieren. Fühlen Sie sich in ihrer Ablehnung bestätigt?

Ich halte es für richtig, dass Martin Schulz hier einen kritischen Blick darauf gerichtet hat. Es war kürzlich eine Delegation des Deutschen Bundestages bei uns. Sie hat über die Fraktionsgrenzen hinweg festgestellt, dass das österreichische Pensionssystem mit der Selbstverwaltung und den Pflichtbeiträgen die Bevölkerung besser versorgt als in Deutschland. Die Abgeordneten waren überrascht über unsere Mindestpension von 889 Euro, die 14-mal ausbezahlt wird. Sie haben einen niedrigeren Satz und bekommen ihn nur 12-mal jährlich. Wir haben das auch für die Bauern und die Selbstständigen eingeführt. Deutschland kämpft hier mit Altersarmut. Unser Pensionssystem ist die Benchmark in Europa.

Es gibt aber auch bei uns eine staatliche geförderte, private Pensionsvorsorge.

Ja, das ist obendrauf. Sie ist aber nur für jene relevant, die über der Höchstbeitragsgrundlage verdienen. Mein politisches Ziel ist es, Altersarmut zu verhindern. Das betrifft vor allem jene, deren Pension weit unter der Höchstpension liegt. Wir sind hier auf dem richtigen Weg, leider noch nicht in allen Fällen. Ein großer Teil der Betroffenen sind Frauen, die in die Teilzeitfalle getappt sind. Deshalb haben wir beim Pensionsgipfel im Jänner für Frauen, die 30 Jahre in Teilzeitbeschäftigung waren, die Mindestpension auf 1000 Euro erhöht. Das bedeutet ein rund 12-prozentiges Plus.

Wie geht es der oberösterreichschen Landesgruppe?

Es war wichtig, dass Christian Kern mit dem Plan A in Wels eine klare Ansage gemacht hat. Da ist eine Aufbruchsstimmung durch das Land gegangen. Arbeit ist das Thema Nummer eins. Und hier haben wir mit Birgit Gerstorfer die beste Expertin. Sie steht aber vor der schweren Situation, dass wir einerseits in Opposition zu Schwarz-Blau und andererseits in der Regierung sind. Gerstorfer wird zwar für das Sozialressort verantwortlich gemacht, bei den wichtigsten Dingen wird sie von Schwarz-Blau unsolidarisch übergegangen. Zum Beispiel bei der Mindestsicherung.

Durch die Aufkündigung der 15-A-Vereinbarung will der zukünftige Landeshauptmann die Ungleichheit noch einmal erhöhen. Das reduziert die Freiheit der Menschen in Oberösterreich, denn da kann man nicht mehr von Enns nach Ennsdorf ziehen ohne etwas zu verlieren. Das hat Schwarz-Blau zu verantworten.

Sie sind mit der Entwicklung der Landesgruppe zufrieden?

Es ist das getan worden, was der Sozialdemokratie aktuell möglich ist. Die Bedingungen sind bekannt. Gerstorfer hat eine ganz schwierige Rolle in der Regierung, die sie gut erfüllt. Sie setzt klare Themenschwerpunkte, ich unterstütze sie voll und ganz. Die SPÖ ist auf dem richtigen Weg.

Wo setzten Sie Ihre Schwerpunkte als Bezirksparteiobmann von Urfahr-Umgebung?

Auch in Urfahr-Umgebung ist das Thema Arbeit ganz wichtig. Aber auch das Thema Verkehr. Allgemein wichtige Fragen sind: Wie komme ich rasch nach Linz? Wie wird die Region mit guten Verkehrsbedingungen wirtschaftspolitisch gestärkt? Welche Ausbildungs- und Beschäftigungschancen gibt es in der Region? Im Bereich Gleichstellung sind die Öffnungszeiten der Kindergärten wesentlich.

Der Bau des Linzer Westrings (A 26) soll nun wesentlich verspätet 2018 starten. Braucht es darüber hinaus nicht zusätzliche verkehrspolitische Maßnahmen?

Da muss ich natürlich als SPÖ-Bezirksvorsitzender antworten. Der Ausbau der Mühlkreisbahn ist wichtig. Ich habe mich dafür stark gemacht. Auch ist es gut, dass die Mühlkreisbahn eine Bahn bleibt. Weiters brauchen wir die Einbindung in der Linzer Hauptbahnhof. Ich halte das für wichtig, genauso wie die zweite Schienenachse in Linz.

Und ja, die A 26 ist wichtig für uns in Urfahr-Umgebung. Ich sehe überhaupt nicht ein, dass ein paar ganz Wenige diesen wichtigen Bau verhindern.

Soll es nicht auch eine öffentliche Verbindung wie eine Bahn oder Straßenbahn von Bad Leonfelden nach Linz geben?

Ein öffentliches Bussystem würde gute Dienste leisten. Für ein Schienensystem leben dort zu wenig Menschen. Ich halte es für wichtig die Summerauerbahn auszubauen.

Man hört und sieht davon kaum etwas.

Es ist der Ausbau nach St. Georgen vorgesehen. Damit wird Steyregg, das zu meinem Bezirk gehört, besser eingebunden. Man muss auch den Bau einer S-Bahn nach Gallneukirchen angehen. Hier hat Reinhold Entholzer einiges begonnen, es stehen aber auch Entscheidungen in der Landesregierung an.

Sie sind seit 2008 Mitglied der Bundesregierung und haben nach der Gesundheit, dem Verkehr und Infrastruktur nun das dritte Amt als Sozialminister. Das haben Sie sich wahrscheinlich selbst nicht in Ihren kühnsten Träumen vorgestellt?

Richtig.

Wie geht es Ihnen dabei?

Es gibt in jedem Bereich sehr spannende Themen. Ich war sehr gerne Gesundheitsminister und habe zum Beispiel mit der Gesundheitsreform oder ELGA einiges weitergebracht.

Auch der Technologiebereich war sehr spannend. Die Erfahrung in und mit den Betrieben kommt mir jetzt als Sozialminister zu Gute.

Es gibt nun den Vorstoß von der Wirtschaft, Sozialversicherungen zusammenzulegen, um Kosten zu senken. Was halten Sie davon?

Das ist die leichtere Frage für die, die nicht in die Tiefe gehen wollen. In Wahrheit geht es darum, Menschen und ihre Bedürfnisse und nicht die Strukturen in den Mittelpunkt zu stellen. Also wie wir sicherstellen können, dass es eine wohnortnahe Gesundheitsdienstleistung mit hoher Qualität gibt. Oder um die Preisbildung bei Medikamenten zwischen der Sozialversicherung und der Industrie. Und um die Abstimmung der Gesundheitsprozesse aufeinander.

Wie schnell komme ich ins Krankenhaus, wenn jemand einen Unfall hat? Wie erfolgt die Nachversorgung? Wie können wir die Pflege sicherstellen? Das sind die spannenden Themen und nicht die Frage, wie das Türschild bei der Unfallversicherung oder bei der Gebietskrankenkasse aussieht.

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