KTM: 750 Kündigungen, Insolvenzstiftung mit 300 Plätzen
Die Vorzeichen für den "Runden Tisch", den die Sozialpartner (Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, AMS, Land Oberösterreich) sind bekannt: Die KTM ist in Insolvenz, 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bereits gekündigt, laut Sanierungsplan kommen mindestens 500 weitere Kündigungen dazu.
Gleich zu Beginn gibt es eine Hiobsbotschaft: Die vom Unternehmen versprochenen Dezember-Gehälter sind jedenfalls noch nicht bei den Dienstnehmern angekommen. Arbeiterkammer-Chef Andreas Stangl denkt lange nach, ehe er antwortet: „Es gibt Ankündigungen, die der Realität nicht standhalten. Warum die Leute das Geld nicht bekommen, muss die Geschäftsführung sagen.“
Hier kommt die Rolle von KTM-Chef Stefan Pierer ins Spiel. "Er hat bei den Betriebsversammlungen Managementfehler eingeräumt", weiß Stangl. Er muss jetzt zumindest - wie im Insolvenzrecht vorgesehen - jene Mittel aufstellen, die für eine Sanierung des Unternehmens benötigt werden.
"Pierer kämpft um sein Lebenswerk"
Markus Achleitner, ÖVP-Wirtschaftslandesrat, betont, dass "KTM ein Leitbetrieb für Oberösterreich" sei, und dass alle, auch der Eigentümer, etwas zur Lösung einzubringen hätten, Pierer hätte ihm versichert, dass er "für sein Lebenswerk kämpft".
Beim Runden Tisch sei es in erster Linie darum gegangen, Perspektiven für betroffene Mitarbeiter und Zulieferer zu entwickeln. „Das AMS hat alle Kräfte dafür gebündelt“, sagt Achleitner: "Im Innviertel gibt es 3.000 offenen Stellen, fast 20.000 in OÖ. Hier ist es noch relativ leicht, einen Arbeitsplatz zu finden.“
Job-Drehscheibe wird ausgebaut
Die Sozialpartner verwiesen auf eine Reihe an Maßnahmen, die es in OÖ gibt - etwa die Job-Drehscheibe. AMS-Chefin Iris Schmidt: "Die Krise betrifft nicht nur Braunau, sondern ganz Oberösterreich.“ Das sei aus den Gesprächen herauszuhören, die in ganz OÖ geführt werden."
Wichtig sei, dass wir die Menschen, die ihre Jobs verlieren, rasch dorthin vermitteln, wo Stellen frei sind. Das ermögliche die Job-Drehscheibe – samt aller Förderungsmöglichkeiten. Aufgerufen seien auch alle Betriebe, über diese Drehscheibe gerade jetzt qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen - etwa der Flugzeug-Bauer FACC suche immer Leute.
Bei jenen, die keine entsprechenden Qualifizierungen haben, werde mit zusätzlichen Ausbildungen versucht, Abhilfe zu schaffen, sagt Schmidt: „Damit diese Menschen auch in Zukunft Perspektiven haben.“
Insolvenzstiftung für ganz Oberösterreich
Wo das alles nicht greift, kommt die Insolvenz-Stiftung ins Spiel. Üblicherweise nehmen bei großen Insolvenzen rund 20 Prozent der betroffenen Mitarbeiter eine Stiftung in Anspruch. Das wären bei KTM rund 150 Plätze. "Weil wir mit mehr Betroffenen auch aus anderen Betrieben rechnen, haben wir die Stiftung auf 300 Plätze ausgelegt", erläutert Achleitner.
Rund 10.000 Euro sind pro Stiftungsplatz veranschlagt - das Arbeitslosengeld wird darüber hinaus bezahlt und kann länger als üblich bezogen werden, ergänzt er. Die Finanzierung erfolgt über das Land Oberösterreich und das AMS - also über das Arbeitsministerium von Minister Martin Kocher.
Darüber hinaus wird auch die Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt wird ausgebaut – Umweltstiftung, Öko-Tec-Akademie, Metallausbildungszentren und arbeitsmarktnahe Qualifizierungen werden erweitert.
3.000 statt 2.000 Plätze für Zusatzqualifizierungen
In diesem Bereich waren für 2.000 Plätze in Oberösterreich vorgesehen - diese werden um 1.000 Plätze auf 3.000 Plätze aufgestockt.
Was auch gemacht wird: Die Wirtschaftsagentur des Landes, Business Upper Austria, schaut, ob es für Zulieferbetriebe von KTM neue Aufträge gibt, etwa im Autocluster mit immerhin 250 Betrieben in Oberösterreich.
Zurück zur Stiftung: Im Schnitt sind Betroffene ein halbes Jahr in derartigen Stiftungen bei großen Insolvenzen, weiß Doris Hummer, die Chefin der OÖ Wirtschaftskammer: "Sie sollen qualifiziert werden, um rasch wieder einen anderen Job bekommen. Die Stiftung ist offen für alle Betriebe in Oberösterreich." Und sie hat eine frohe Botschaft kurz vor Weihnachten mit: „Der Arbeitsmarkt in OÖ ist aufnahmefähig.“
Betriebe überlegen zumeist Jobabbau
Eine Einschätzung, wie viele Betriebe betroffen sein könnten, sei aktuell schwer. Laut Hummer gibt es weniger konkrete Schließungs- oder Insolvenzanfragen, vielmehr geht es vielen Betrieben darum, wie sie mit geplanten Stellenstreichungen umgehen sollen.
Arbeiterkammerchef Stang bringt ein weiteres Thema zur Sprache - nämlich, dass 3.350 Leute nicht wissen, ob sie bei den 500 dabei sind, die auch gekündigt werden sollen: „Das sorgt für eine Unruhe im Betrieb“, weißt Stangl auf eine große Unsicherheit, gerade vor Weihnachten, hin.
Am Freitag wird es die ersten Gespräche mit den gekündigten 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geben, heute, Donnerstag, werden die Sozialpartner und Bürgermeister in der Region vor Ort informiert.
„Wir werden die Krise durchtauchen und gestärkt daraus hervorgehen“, bleibt Achleitner optimistisch, "und die Marke KTM hat ganz sicher Zukunft."
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