Kirche Böhmens: „Wir sind am Boden“

Kardinal Duka mit Bischof Manfred Scheuer vor dem Porträt von Kardinal Schönborn, einem Uronkel des heutigen Wiener Kardinals
Der katholische Kirche Böhmens mangelt es an Priestern, aktiven Gläubigen und an Geld.

„Was macht Ihnen Mut, was gibt Ihnen Hoffnung?“, wollte der Linzer Bischof Manfred Scheuer von seinem Mitbruder Vlastimil Kročil, Bischof von Budweis, wissen. Seine Antwort war ernüchternd. „Wir sind schon am Boden, wir können nicht noch tiefer sinken.“ Von den rund 700.000 Einwohnern der Diözese sind zwar rund 40 Prozent, das sind rund 300.000 Menschen, katholisch getauft, sie zahlen aber keinen Kirchenbeitrag. Nur 20.000 besuchen den Sonntagsgottesdienst. Da die Diözese weder über Liegenschaften noch über sonstige Vermögen verfügt und Staat und Kirche getrennt sind, ist sie arm wie die sprichwörtliche Kirchenmaus. „Wir können nicht einmal jene 20 Prozent aufbringen, die die EU bei Förderungen verlangt“, erzählt der Bischof. Es mangelt auch an Personal Pro Jahr wird durchschnittlich ein Priester geweiht. Rund 100 Priester kümmern sich um die 230 Pfarren, die nun in zehn Vikariaten zusammengefasst werden sollen.


Kirche Böhmens: „Wir sind am Boden“

Das Dominikanerkloster wird samt Kirche renoviert.

Das Gespräch der Delegation von Pro Oriente Linz mit dem Budweiser Bischof fand im ehemaligen Dominikanerkloster im Stadtzentrum statt. Es ist das älteste Gebäude der 100.000-Einwohner-Stadt und wird derzeit renoviert. Die Ursprünge gehen auf 1250 zurück. Die Klosterkirche beherbergt die Budweiser Madonna, ein Bild, das ein Kaufmann im 14. Jahrhundert aus Mailand mitgebracht hat und die Vorlage für das Madonnenbild im Stift Schlägl ist, das aus 1425 datiert.

Erzbischöfliches Palais auf dem Hradschin

Von Budweis fuhr die Delegation nach Prag, wo sie Kardinal Dominik Duka traf. Der 76-Jährige residiert im erzbischöflichen Palais, das neben der Burg auf dem Hradschin liegt und von Kaiserin Maria Theresia erbaut worden ist. „Nach der Wende 1989 war eine Zeit der Euphorie, aber jetzt sind wir wieder am Anfang“ , sagte Duka. „Von den 900 enteigneten Klöstern und Gebäuden haben wir 220 zurück bekommen. Eine totale Restitution ist leider nicht möglich.“ Nun hat die Regierung beschlossen, dass künftig die finanziellen Entschädigungen für die Kirche, die für die nächsten 30 Jahre noch insgesamt 59 Mrd. Kronen (rd. 2 Mrd. €) vorsehen, versteuert werden müssen.

Die Geschichte wirkt nach

Duka sieht die Schwäche der Kirche auch historsich begründet. In Zuge der Staatsgründung 1918 traten eine Million wegen der Verbindung der Kirche zur Habsburger Monarchie aus und gründeten eine nationale tschechische Kirche. Die Vertreibung der Sudentendeutschen („eine Schatzkammer der Kirche“) 1948 bedeutete einen weiteren Aderlass an Gläubigen und Priestern. Laut Volkszählung 2011 sind zehn Prozent der Tschechen katholisch. Die Kirche spricht von 30 %.

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